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Jürgen Michael Schick IVD-Chef: „Eigentumswohnung im Bestand für Normalverdiener noch erschwinglich“

Wohneigentum bleibt auch in Ballungsräumen unter bestimmten Bedingungen bezahlbar, sagt der Immobilienökonom und IVD-Präsident Jürgen Michael Schick.
11.03.2020 - 13:51 Uhr Kommentieren
Während in neu errichteten Wohnungen die Preise stark anziehen, sieht der Immobilienexperte im Wohnbestand noch Möglichkeiten für Normalverdiener. Quelle: dpa
Neubauten in Berlin

Während in neu errichteten Wohnungen die Preise stark anziehen, sieht der Immobilienexperte im Wohnbestand noch Möglichkeiten für Normalverdiener.

(Foto: dpa)

Berlin Jürgen Michael Schick ist seit mehr als 20 Jahren in der Branche aktiv. Den Berliner Markt kennt er besonders gut. Der Immobilienökonom ist nicht nur Geschäftsführer einer von ihm 1994 gegründeten Maklerfirma in der Hauptstadt, sondern seit knapp fünf Jahren auch Präsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD.

Schick, Jahrgang 1970, ärgert sich seit langem über Eingriffe in den Mietwohnungsmarkt. Die Mietpreisbremse hält er für ein Riesenärgernis, Mietdeckelungen für populistisch. Der Bundesregierung wirft er vor, die Bildung von Wohneigentum zu vernachlässigen.

Im vergangenen Jahr veröffentlichte Schick das Buch „Der Eigentumsskandal: Wie die Politik Wohlstand verhindert und was wir dagegen tun können“. Darin erklärt er, warum die Förderung von Wohneigentum eine gute Investition in die Zukunft ist. Trotz teilweise sehr hoher Preissteigerungen vor allem in den Ballungsräumen meint Schick, dass Eigentum noch immer erschwinglich ist – unter bestimmten Bedingungen.

Lesen Sie hier das vollständige Interview:

Herr Schick, Sie sagen: Wohneigentum für Normalverdiener ist möglich, trotz teilweise horrender Preissteigerungen der vergangenen Jahre.
Ja, die Menschen sollten sich davon nicht abschrecken lassen. Es ist doch nicht der reine Kaufpreis, der bestimmt, ob sich jemand eine Eigentumswohnung leisten kann. Ebenso wichtig sind die gestiegenen Arbeitseinkommen und das niedrige Zinsniveau. Und wenn wir alle drei Faktoren berücksichtigen, dann stellen wir fest, dass entgegen der weit verbreiteten Ansicht eine Eigentumswohnung im Bestand auch für den Normalverdiener noch immer erschwinglich ist. Auf Neubauwohnungen trifft unser Befund leider nicht zu.

Was ist für Sie erschwinglich?
Wir haben uns die Zahlen genau angeguckt und kommen auf eine Belastung beispielsweise in Hamburg auf 18,1 Prozent und in Berlin auf 18,2 Prozent des monatlichen Haushaltseinkommens. Selbst in Städten wie München ist die monatliche Belastung durch Zins und Tilgung mit einem Anteil von 26,2 Prozent niedriger als ein Drittel des Einkommens, was ja häufig als Belastungsgrenze angesehen wird.

Das wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut Empirica kommt auf andere Zahlen. Da haben Zins und Tilgung einen Anteil von bis zu 49 Prozent am monatlichen Haushaltseinkommen. Warum sind Ihre Zahlen deutlich niedriger?
Unsere Berechnung beruht auf drei Annahmen - möglich, dass das bei Empirica anders ist: Erstens, wir gehen von 1,75 Vollverdienern aus, ein Klassiker in Deutschland. Einer arbeitet Vollzeit, der andere etwas reduziert. Zweitens, die Fremdfinanzierung liegt bei 75 Prozent. 25 Prozent sind Eigenkapital. Und drittens geht um Bestandswohnungen in mittlerer Wohnlage, drei Zimmer, 80 Quadratmeter, eine übliche Größenordnung hierzulande. Klar ist: wenn jemand auf 80 Quadratmetern wohnt, künftig aber die doppelte Wohnfläche haben will, dann wird es schwierig.

Der IVD-Präsident beklagt die Enteignungsdebatte in Berlin.
Jürgen Michael Schick

Der IVD-Präsident beklagt die Enteignungsdebatte in Berlin.

Werden Sie konkret: wie viel Geld muss jemand in Berlin monatlich auf den Tisch legen, um sich eine Wohnung unter den oben genannten Prämissen zu kaufen?
Wir kommen auf 593 Euro. In Hamburg sind es 712 Euro, in München 1.269 Euro.

Und da sind alle Kosten enthalten?
Zins und Tilgung ja. Was fehlt, sind Nebenkosten, Grundsteuer und die Rücklagen für die Instandhaltung.

Da kommt einiges zusammen. Warum sollten die Menschen nicht lieber eine Wohnung mieten?
Sie dürfen ja. Aber die Mehrheit der Menschen, das zeigen Umfragen immer wieder, wünscht sich Eigentum. Das hat auch einen triftigen Grund: bei sinkenden Renten ist Eigentum ein nicht zu unterschätzender Baustein in der Altersvorsorge, gerade bei steigenden Mieten. Ich halte das für ein großes Problem, weil heute schon klar ist, dass vor allem in den Großstädten, wo die Eigentumsrate besonders niedrig ist, ein Großteil der Bevölkerung von Altersarmut betroffen sein wird. Die Politik ignoriert diesen Wunsch nach Eigentum jedoch weitestgehend.

Die Große Koalition hat das Baukindergeld geschaffen.
Stimmt. Das ist aber das einzige Instrument, mit dem die Bundesregierung den Menschen Eigentum schmackhaft machen will. Ansonsten legt die Politik den Fokus nicht auf Eigentümer oder potenzielle Eigentümer, sondern auf den Schutz der Mieter.

Angesichts der Mietpreissteigerungen der vergangenen Jahre ist das nicht ganz verkehrt, oder?
Niemand stellt die Notwendigkeit eines sozialen Mietrechts in Frage. Aber es läuft etwas verkehrt, wenn die Politik so gut wie nur noch auf den Mieterschutz guckt. Es ist doch absurd: da subventioniert die Politik mit einem milliardenteuren Baukindergeld die Bildung von Wohneigentum - andererseits aber denkt sie darüber nach, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu erschweren.

Damit ist Ihre These, die Menschen könnten sich im Bestand noch eine Wohnung leisten, schon wieder Geschichte: in den Ballungsräumen gibt es nämlich so gut wie keine freien Wohnungen im Bestand.
Stimmt. Wer künftig eine Wohnung kaufen will, der ist dann auf Neubau angewiesen. Der ist aber meistens teurer.

Die Bundesregierung verfolgt also keine durchdachte Wohnungspolitik?
Noch einmal: Mieterschutz ist richtig und wichtig. Aber das, was die Bundesregierung betreibt, würde ich als Interventionsspirale bezeichnen: nach einer Regulierung kommt die nächste und zwar verschärft.

Was schlagen Sie vor?
Die Sicht der Dinge muss sich ändern. Es darf nicht sein, dass - Beispiel Berlin - Eigentümer politisch eigentlich gar nicht gewollt sind, private Investoren übrigens ebenfalls nicht. Es braucht von ganz oben die Botschaft, dass es gut ist, Eigentum zu haben. Und das muss dann konsequent gefördert werden.

Was heißt das konkret?
Das heißt erstens, dass das Baukindergeld nicht einfach auslaufen darf. Das heißt zweitens, dass sich Union und SPD - wie im Koalitionsvertrag angekündigt - um ein Bürgschaftsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) kümmern muss. Und drittens braucht es endlich einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer: Menschen, die das erste Mal eine Eigentumswohnung für den Eigenbedarf kaufen, sollten von der Grunderwerbsteuer befreit werden.

Die Maklercourtage frisst auch einiges von dem Ersparten weg.
Durch den Kompromiss, dass die Provision zwischen Verkäufer und Käufer geteilt wird, reduziert sich die Belastung der Käufer erheblich. Das war im übrigen für den Staat die billigste Art, für Entlastung zu sorgen: er hat nur das Verhältnis Dritter geregelt. Bei der Grunderwerbsteuer müsste er selbst für sich etwas regeln, nämlich sein eigenes Steueraufkommen. Das fände ich angemessen.

Herr Schick, danke für das Interview.

Mehr: Immobilien bleiben die bevorzugte Anlageklasse für Superreiche. Nirgendwo verteuerten sich Luxusimmobilien im vergangenen Jahr so sehr wie in Frankfurt.

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