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K-Frage der Grünen Annalena Baerbock vs. Robert Habeck: Kräftemessen im Hintergrund

Wen nominieren die Grünen als ihren Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl im September? An diesem Montag fällt die Entscheidung.
18.04.2021 - 11:51 Uhr 1 Kommentar
Die Grünen ziehen ihr Drehbuch für die am Montag geplante Ernennung ihrer Nummer eins konsequent durch. Quelle: dpa
Annalena Baerbock, Robert Habeck

Die Grünen ziehen ihr Drehbuch für die am Montag geplante Ernennung ihrer Nummer eins konsequent durch.

(Foto: dpa)

Berlin Die Kandidatenkür ist durchgeplant. Anders als bei der Union, die sich seit Tagen über die Wahl ihres Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl im September streitet, ziehen die Grünen ihr Drehbuch für die am Montag geplante Ernennung ihrer Nummer eins konsequent durch. Verkündung um 11 Uhr, Pressekonferenz um 11:30 Uhr. Selbst der Zugriff auf das erste Interview mit Annalena Baerbock oder Robert Habeck, Parteichefs seit Ende Januar 2018, steht seit Tagen fest.

Wer wird es? Welche Kriterien spielen eine Rolle? „Beide haben ihre Stärken, ihre Schwächen und unterschiedliches Potenzial, neue Wähler anzusprechen. Deswegen gibt es einen rationalen Abwägungsprozess“, heißt es bei führenden Köpfen in Partei und Fraktion. Einfach ist die Entscheidung nicht – trotz aller zur Schau gestellten Harmonie: „Natürlich gibt es ein Kräftemessen. Jeder der beiden strebt nach der Macht“, sagt ein Fraktionsmitglied dem Handelsblatt.

Bei genauerem Hinhören ist ein leichter Vorsprung für Baerbock zu vernehmen, die auch in Umfragen wenige Tage vor der Entscheidung Co-Chef Habeck überholt hat. Laut ARD-Deutschlandtrend des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap halten 24 Prozent der Befragten Baerbock für geeigneter. 22 Prozent sprechen sich dagegen für Habeck aus. Bei den Anhängern der Grünen ist der Vorsprung noch deutlicher: 50 Prozent würden sich für Baerbock, 35 Prozent für Habeck entscheiden.

Die Wirtschaft hat ebenfalls eine leichte Präferenz für Baerbock. Die 40-Jährige, aufgewachsen in Niedersachsen, aber seit Langem in Brandenburg lebend, tritt bei der Bundestagswahl als Direktkandidatin ihrer Partei in Potsdam an – gegen den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Baerbock ist engagiert und ehrgeizig, sprach jüngst im „Spiegel“ davon, dass es für sie „ein kleiner Stich ins Herz“ wäre, ihrem Co-Vorsitzenden Habeck den Vortritt zu lassen.

„Die Grünen würden gut daran tun, Annalena Baerbock aufzustellen“, sagte kürzlich der Manager eines Konzerns im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Mit ihr könnten sie glänzen, mit ihr wirken sie frischer als der Rest der Parteien.“ Ein anderer denkt schon weiter: Vier Jahre Schwarz-Grün, dann Grün-Schwarz – mit Baerbock als Kanzlerin. Sowohl Baerbock als auch Habeck werden als „schlau“ und „reflektiert“ beschrieben. Ihretwegen müsse man keine Sorgen haben, selbst wenn sie ins Kanzleramt einzögen.

Baerbocks Wirtschaftskompetenz überzeugt auch Unternehmer

Baerbock, Mutter von zwei kleineren Kindern, ist so gut wie zu jedem Thema detailliert sprechfähig. Wo ihr Informationen fehlen, bereitet sie sich akribisch vor, fragt nach, hakt nach, Patzer passieren selten. Ihren schlimmsten Versprecher würde sie gern zurücknehmen, wenn sie denn könnte, verriet sie im Februar in einem Gespräch mit der „Zeit“: „Kobold – und ich meinte Kobalt.“

Studiert hat Baerbock Politikwissenschaft und Jura in Hamburg, später noch Völkerrecht in London. Sie arbeitete in Straßburg und Brüssel, war Parteivorsitzende in Brandenburg sowie Referentin für Außen- und Sicherheitspolitik, später Sprecherin für Klimapolitik der Grünen-Bundestagsfraktion in Berlin. Sie gehört zweifellos zu den stärksten Spitzengrünen, die die Partei je hatte. Ihre Wirtschaftskompetenz überzeugt auch Unternehmer, die ihre grundsätzliche Skepsis gegenüber den Grünen nicht abgelegt haben, selbst wenn viele das zumindest bislang nicht öffentlich bekunden wollen.

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat es sich nicht nehmen lassen, das kürzlich präsentierte Grünen-Wahlprogramm scharf zu kritisieren und der Partei ein „prinzipielles Misstrauen gegen marktwirtschaftliche Mechanismen“ zu bescheinigen. Doch Unternehmen scheinen mit der Tonalität gegen die Grünen zunehmend Probleme zu haben – auch wenn es vielfach Enttäuschung über den in weiten Teilen eher linken Wahlprogrammentwurf gab. Gegen allzu markige Worte des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) gegen das Grünen-Wahlprogramm gab es Protest, unter anderem seitens Wacker Chemie. Das belegen Mails des Unternehmens, die dem Handelsblatt vorliegen.

Hier zeigt sich: Nicht nur die Parteichefs, auch die Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter haben seit der letzten Bundestagswahl viel Zeit darauf verwendet, mit Unternehmen ins Gespräch zu kommen. Mit Erfolg: Grünen-Bashing ist nicht mehr angesagt.

Habeck stellt vermeintliche Gewissheiten auch mal infrage

Der 51-jährige Lübecker Robert Habeck, der heute in Flensburg lebt, war in Umfragen lange der bekanntere und beliebtere von beiden. Er ist nicht minder ehrgeizig und machtbewusst als Co-Parteichefin Baerbock, sie tritt nur häufig etwas resoluter auf. Anders als Baerbock kann der studierte Philosoph Regierungserfahrung vorweisen. Von 2004 bis 2009 war er Landesvorsitzender der Grünen in Schleswig-Holstein, danach, bis 2012, Fraktionschef im Kieler Landtag.

2012 wechselte er auf die Regierungsbank, war bis 2018 Vize-Regierungschef im Norden und Minister für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, ländliche Räume und Digitalisierung. Seit Ende Januar 2018 ist er zusammen mit Baerbock Bundesvorsitzender der Grünen. Im Bundestag ist er bislang nicht vertreten, will aber im Herbst das Direktmandat in seinem Wohnort Flensburg gewinnen. Abgesichert ist er über Platz zwei der Landesliste.

Habeck, der vier erwachsene Söhne hat, gilt als charismatischer, emotionaler und redet eher mal spontan, was authentisch ist und ihn von anderen Politikern unterscheidet. Habeck sei eben „nicht der typische Alpha-Mann, der meint, alles zu wissen“. Typisch für ihn sei, vermeintliche Gewissheiten auch mal infrage zu stellen und klar zu bekennen, nicht alles zu wissen, aber eine Haltung zu haben. „Da gibt es ein großes bürgerliches Spektrum, das sich von Habecks Art, seinem Pragmatismus und seinen Überzeugungen angesprochen fühlt“, heißt es in seinem Umfeld.

Und doch führt seine Art zu dem ein oder anderen Patzer. Habeck gilt als jemand, der das große Ganze versteht, aber die Details nicht immer richtig parat hat. „Bei Themen, die ihn interessieren, da ist er ganz dabei, bei anderen Themen bleibt er spürbar an der Oberfläche“, sagen Unternehmer, die bei ihm etwas von der Zähigkeit einer Annalena Baerbock vermissen.

„Das Team wird weiter funktionieren“

Am Ende stehen jedoch beide für einen pragmatischen Kurs, den Grünen-Regierungschef Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg bislang am erfolgreichsten verkörpert. Eine Vorliebe für ein Bündnis, in dem die Linkspartei mit von der Partie wäre, wird weder Baerbock noch Habeck zugeschrieben.

Jetzt wird aus dem Erfolgsduo der vergangenen Jahre zwangsläufig eine Nummer eins und eine Nummer zwei – beide werden jedoch dazu beitragen müssen, den Laden zusammenzuhalten, um die in den vergangenen Jahren aufgebauten Chancen nicht zu verspielen. „Das Team wird weiter funktionieren“, sind Parteifreunde überzeugt. „Keiner der beiden zieht sich grollend zurück.“

Mehr: Schärferes Klimaziel, Mietendeckel, Vermögensteuer: Womit die Grünen im Wahlkampf punkten wollen

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