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Klimaneutralität Baerbocks Plan geht nicht auf: Wirtschaft sieht „Industriepakt“ kritisch

Das Grünen-Konzept zur Transformation der Wirtschaft stößt in vielen Branchen auf Skepsis. Die Chemieindustrie geht ebenso auf Distanz zu der Partei wie die Familienunternehmer.
04.06.2021 - 16:57 Uhr 1 Kommentar
Die Chemieindustrie lehnt ein „Industrie-Bafög“ ab. Quelle: Dirk Kruell/laif
Chemiepark in Krefeld

Die Chemieindustrie lehnt ein „Industrie-Bafög“ ab.

(Foto: Dirk Kruell/laif)

Berlin Der von Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock vorgeschlagene „Industriepakt“ stößt in den umworbenen Branchen auf Skepsis. Der Entwurf des Wahlprogramms der Grünen weise nicht darauf hin, „dass die Partei ein schlüssiges Rezept für einen funktionierenden Industriepakt hat“, sagte Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Chemischen Industrie (VCI), dem Handelsblatt. Auch die Wirtschaftsvereinigung Stahl und der Familienunternehmer-Verband äußerten sich kritisch.

Baerbock hatte im Interview mit dem Handelsblatt die Pläne der Grünen für die Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität konkretisiert. Um die Unternehmen zu unterstützen, brachte Baerbock einen „Industriepakt“ ins Spiel. „Es braucht ein gemeinsames Vorgehen von Industrie und Politik, ein Umbauprogramm mit einer historischen Dimension“, sagte Baerbock.

Die Unternehmen müssten beim Umbau hin zur Klimaneutralität deutlich schneller werden, forderte sie. „Dafür brauchen sie von der Politik die Sicherheit, dass sich ihre Milliardeninvestitionen, vor denen sie jetzt stehen, in Zukunft rechnen“, sagte Baerbock. Die Grünen schlagen Klimaverträge vor, über die der Staat die Mehrkosten für ein Unternehmen ausgleicht, wenn es klimaneutral produziert.

Der Staat müsse jetzt für Planungssicherheit sorgen und in Vorleistung gehen, so Baerbock. Wenn sich die Produkte in Zukunft allerdings rechneten, so Baerbock, „geben die Unternehmen den Vorschuss an die Allgemeinheit zurück“.

Die Pflicht zur Rückzahlung lehnen die Unternehmen ab. Ein rückzahlungspflichtiges „Industrie-Bafög“ werde der Herausforderung nicht gerecht, sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Große Entrup. „Wir brauchen eine starke Unterstützung des Staates auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität“, ergänzte er. „Das löst aber nur einen Teil des Problems und kann politische Regelungen für die Unternehmen keinesfalls ersetzen, die gegenwärtig dringend nötig sind, um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten“, sagte Große Entrup. Ein Industriepakt der Politik, der nur auf die Hälfte der Zeche einzahle, greife zu kurz.

Die Kanzlerkandidaten wirbt für einen Industriepakt – und erhält dafür viel Kritik. Quelle: dpa
Grünen-Chefin Annalena Baerbock

Die Kanzlerkandidaten wirbt für einen Industriepakt – und erhält dafür viel Kritik.

(Foto: dpa)

Die Rechnung gehe erst recht nicht auf, wenn der Staat auf Rückzahlungen für Investitionszulagen bestehe. „Auf diese Weise wird der Industriestandort weder erhalten noch gestärkt. Eine Rückerstattung erfolgt schon dadurch, dass die Wertschöpfung in Deutschland bestehen bleibt und damit hochwertige Arbeitsplätze gesichert und Steuern gezahlt werden“, sagte er.

Familienunternehmen sehen Risiken in Hilfen für Industrie

Auch die Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) reagierte zurückhaltend. „Die Stahlunternehmen stehen bereit, durch die Umstellung auf CO2-arme Prozesse ihre Emissionen massiv zu senken, sind hierfür jedoch auf die richtigen politischen Rahmenbedingungen angewiesen“, sagte Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der WV Stahl. „Um die Klimaziele erreichen zu können, muss die Transformation der Stahlindustrie besonders zu Beginn der kommenden Legislaturperiode mit im Zentrum des Regierungshandelns stehen – unabhängig von der Zusammensetzung der Bundesregierung“, sagte er.

Chemie- und Stahlunternehmen gehören zu den energieintensiven Branchen, für die das Ziel der Klimaneutralität eine besonders große Herausforderung darstellt. Sie werden in den kommenden Jahren hohe Milliardenbeträge in den Aufbau neuer Anlagen stecken müssen.

Dafür sind sie auf die Hilfe des Staates angewiesen. Auch für den laufenden Betrieb der neuen Anlagen brauchen sie Unterstützung, da ihre Produkte anderenfalls auf dem Weltmarkt nicht mehr wettbewerbsfähig wären. Auch die noch amtierende Große Koalition hat den Unternehmen Hilfen in Aussicht gestellt und entsprechende Programme aufgelegt.

Aus Sicht der Familienunternehmen birgt die Unterstützung der Industrie erhebliche Risiken. „Frau Baerbock rechnet schön, wie sie von den Familienunternehmen viel Geld abziehen will und die Konzerne, die in ihr Konzept passen, mit enormen Subventionen unterstützen möchte. Aber Subventionen und Staat haben noch nie die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen verbessert“, sagte Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Familienunternehmer-Verbands, dem Handelsblatt. „Wer die deutsche Wirtschaft – insbesondere auch Mittelstand und Familienunternehmen – schützen will, der schröpft nicht zugunsten weniger Konzerne den Rest der Wirtschaft“, ergänzte er.

„Die Familienunternehmen brauchen keinen grünen Staat, der sie in seinem Sinne subventioniert, sondern einen Staat, der ihnen Luft zum Atmen lässt, damit sie selbst in Zukunftstechnologien wie Mikrochips oder nachhaltige Mobilitätskonzepte investieren können“, sagte von Eben-Worlée. Das Klimaziel werde über einen umfassenden Emissionshandel am besten erreicht.

„Instrumente wie die Europäische Investitionsbank sind marktnäher und sollten nicht durch direkte staatliche Intervention ersetzt werden.“ Quelle: dpa
FDP-Chef Christian Lindner

„Instrumente wie die Europäische Investitionsbank sind marktnäher und sollten nicht durch direkte staatliche Intervention ersetzt werden.“

(Foto: dpa)

Kritik kam auch von der FDP. „Mit dem edlen Ziel des Klimaschutzes wollen die Grünen Wirtschaft und Gesellschaft komplett durch den Staat steuern“, sagte FDP-Chef Christian Lindner dem Handelsblatt. Ein immer dichteres Netz von Quoten, Verboten und Subventionen und nun auch Zuschüssen fessele aber unternehmerischen Erfindergeist.

Lindner betonte, dass es unbedingt beim Vorrang privater Initiative und privater Finanzierung bleiben müsse. „Instrumente wie die Europäische Investitionsbank sind marktnäher und sollten nicht durch direkte staatliche Intervention ersetzt werden“, sagte er.

Als Beispiel nannte Lindner das gemeinsame Projekt für einen Offshore-Windpark von RWE und BASF. Das Projekt belege, dass vom Staat oft nur faire Rahmenbedingungen und schnelle Genehmigungsverfahren erwartet würden.

Mehr: Australien könnte schon 2023 große Mengen Wasserstoff liefern

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1 Kommentar zu "Klimaneutralität: Baerbocks Plan geht nicht auf: Wirtschaft sieht „Industriepakt“ kritisch"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • CO2 Abgabe und dann noch Spritpreise erhöhen und Vermögenssteuer einführen, damit unqualifizierte Politiker und Beamte irgendwelche chaotischen Projekte subventionieren, dass klingt in vielen Ohren sehr ideologisch, unwissend und teuer/Wohlstand vernichtend.
    Dafür sind die Grünen bekannt siehe Biogas = Trinkwasserverseuchung!

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