Klimaneutralität Ein Australier will Deutschlands Wasserstofflücke schließen

Der australische Milliardär ist CEO der Fortescue Metals Group und Experte für grünen Wasserstoff.
Berlin Auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität ist klimaneutraler Wasserstoff für Branchen wie Stahl oder Chemie unverzichtbar. Das Problem: Bislang gibt es klimaneutralen Wasserstoff nur in homöopathischen Dosen. Angesichts deutlich verschärfter Klimaziele brauchen Unternehmen der Stahl- und der Chemiebranche den Wasserstoff eher heute als morgen.
Die Lösung könnte aus Australien kommen. „Wir werden mit dem Export von grünem Wasserstoff 2023 oder spätestens 2024 beginnen“, sagte der australische Multimilliardär und Bergbauunternehmer Andrew Forrest dem Handelsblatt im Anschluss an ein Treffen mit den Vertretern führender deutscher Industriekonzerne am Montagabend im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi).
Dabei waren BASF, Covestro, Linde, RWE, Thyssen-Krupp, Uniper und die Deutsche Bank sowie eine Reihe weiterer Unternehmen. „Der Appetit von Unternehmen auf grünen Wasserstoff ist enorm, speziell in Deutschland“, sagte Forrest.
Die Industrie bewertet Forrests Engagement positiv. Der Australier gehöre zu den wenigen Akteuren, die belastbare Konzepte für die Herstellung von grünem Wasserstoff zu bieten hätten, sagte ein Industrievertreter. Viele andere Projekte seien in einem weitaus früheren Stadium. Forrest verfolgt seit Jahren ehrgeizige Pläne beim Aufbau einer kompletten Wertschöpfungskette für grünen Wasserstoff.
Sein Ziel ist es, im Jahr 2030 jährlich mindestens 15 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff liefern zu können. Die Produktion soll möglichst 2023 beginnen und in den Folgejahren kontinuierlich ausgebaut werden. Der grüne Wasserstoff könnte dann per Schiff nach Europa, zum Beispiel nach Rotterdam, geliefert werden.
Interesse an „H2 Global“
Mit seinem Vorhaben würde Forrest die Ziele der „Nationalen Wasserstoffstrategie“ für 2030 um den Faktor 30 übertreffen. In der Wasserstoffstrategie, die die Bundesregierung im Juni 2020 beschlossen hatte, ist das Ziel festgeschrieben, 2030 in Deutschland jährlich 0,5 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff zu produzieren.
„Grüner Wasserstoff wird sehr schnell wettbewerbsfähig sein“, stellte Forrest in Aussicht. „Ich kann den Preis für grünen Wasserstoff nicht vorhersagen. Aber es ist sicher, dass es eine enorme Kostendegression geben wird.“ Er sei im Gespräch „mit namhaften deutschen Unternehmen“.
In einigen Branchen stellt klimaneutraler Wasserstoff die einzige Möglichkeit dar, klimaneutral zu werden. So kann er etwa in der Stahlproduktion die Kohle ersetzen, die im Hochofen eingesetzt wird. Unternehmen wie Thyssen-Krupp Steel, Salzgitter oder Arcelor Mittal arbeiten an den entsprechenden Verfahren. Ihr Problem: Es fehlt der klimaneutrale Wasserstoff.
Forrest will mit seinem Vorhaben dazu beitragen, dass sich das ändert. „Es wird einen Markt für grünen Wasserstoff geben, grüner Wasserstoff wird sich zu einer Standardware mit Börsenpreisen entwickeln wie andere Rohstoffe auch“, sagte er. Seiner Prognose zufolge werden Japan und Südkorea die ersten entwickelten Wasserstoffmärkte haben, dann folge Europa. Derzeit sind die Kosten für grünen Wasserstoff deutlich höher als die Kosten für fossile Energieträger oder konventionell hergestellten Wasserstoff.
Grüner Wasserstoff wird mittels Strom aus erneuerbaren Quellen durch Elektrolyse hergestellt. Er ist klimaneutral. Konventioneller Wasserstoff entsteht durch Dampfreformierung auf Erdgasbasis, dabei wird CO2 frei.
Damit grüner Wasserstoff in der Industrie eingesetzt werden kann, ist staatliche Unterstützung erforderlich. Das BMWi hat daher das Projekt „H2 Global“ ins Leben gerufen und dafür 900 Millionen Euro bereitgestellt. Nach Forrests Überzeugung kann von „H2 Global“ ein entscheidender Impuls ausgehen: Damit gebe Deutschland der Wasserstoffindustrie einen „regelrechten Kickstart“, sagte er.
Vermögen mit dem Abbau von Eisenerz
Das Projekt soll dazu beitragen, langfristige Lieferbeziehungen zwischen Produzenten von grünem Wasserstoff im Ausland und Abnehmern aus der Industrie aufzubauen. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass Deutschland seinen Bedarf an grünem Wasserstoff nur zu einem geringen Teil aus eigener Herstellung wird decken können.
Im Zentrum des Konzepts „H2 Global“ steht eine Stiftung, die Konsortien dabei unterstützt, in die Produktion von grünem Wasserstoff einzusteigen. Zu den Stiftern zählen einige der Unternehmen, die an dem Treffen mit Forrest im Bundeswirtschaftsministerium teilgenommen haben. Nach Angaben von Markus Exenberger, Geschäftsführer der H2 Global Advisory GmbH, redet man derzeit intensiv mit Forrest darüber, in die Stiftung einzusteigen. Forrests Pläne seien beeindruckend, sagte Exenberger.

Grüner Wasserstoff gilt als Zukunftsenergie. Aber noch ist der Stoff extrem teuer und schwer zu gewinnen.
Die Konsortien, die von der Stiftung unterstützt werden, müssen sich in einem Ausschreibungsverfahren zur langfristigen Lieferung von grünem Wasserstoff nach Deutschland durchsetzen. Auf Abnehmerseite erhalten die Unternehmen einen jährlichen Zuschlag, die den höchsten Preis für den Wasserstoff zu zahlen bereit sind.
Als Instrument, um Produzenten und Abnehmer zusammenzubringen, dienen Differenzverträge. Durch diese Verträge wird die Lücke zwischen den voraussichtlichen Herstellungskosten des grünen Wasserstoffs und der Zahlungsbereitschaft der Nachfrager aus der Industrie geschlossen. „Wenn Herr Forrest sich im Wettbewerb als Produzent durchsetzt, steht ihm H2 Global offen“, sagte Exenberger.
Forrest gilt als einer der reichsten Australier
Forrest, der sein Vermögen mit dem Abbau von Eisenerz gemacht hat und in diversen Rankings der reichsten Australier immer wieder einen der Top-fünf-Plätze belegt, hatte erst im Oktober angekündigt, in großem Stil in die Produktion von Elektrolyseuren einsteigen zu wollen. Ihm seien die Angebote europäischer und amerikanischer Hersteller zu teuer, sagte er. „Ich sehe großen Spielraum für Kostendegressionen bei der Herstellung von Elektrolyseuren“, sagte Forrest.
Den wichtigsten Produktionsfaktor für die Wasserstoffelektrolyse kann Forrest zu niedrigen Kosten beisteuern: Strom aus erneuerbaren Quellen. Sein Unternehmen Fortescue ist Eigentümer von mehreren Zehntausend Quadratkilometern Land in Australien, das sich für die Installation von Photovoltaikanlagen und Windrädern eignet.
Mehr: Wasserstoffbedarf könnte sich bis 2070 versiebenfachen.
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Der Transport von Australien nach Europa ist aufwendig. Guenstiger waere da Desertec
aus Nordafrika - ich hoffe das Projekt wird bald wieder belebt.