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Klimaneutralität Schattenseite des Hoffnungsträgers: Produktion von Wasserstoff könnte Ressourcen gefährden

Weltweit sind gigantische Produktionskapazitäten für Wasserstoff in Planung, insbesondere in wasserarmen Regionen. Umweltschützer warnen vor Eingriffen in den Wasserhaushalt. 
05.04.2021 - 09:02 Uhr 7 Kommentare
Neben Öl und Gas soll in der trockenen Umgebung von Saudi-Arabien in Zukunft auch Wasserstoff hergestellt werden. Quelle: AFP
Wüste in Saudia-Arabien

Neben Öl und Gas soll in der trockenen Umgebung von Saudi-Arabien in Zukunft auch Wasserstoff hergestellt werden.

(Foto: AFP)

Berlin Umweltschützer betrachten die ehrgeizigen Pläne zum Aufbau von Produktionskapazitäten für grünen, also mit Ökostrom hergestellten Wasserstoff mit Sorge. „Der enorme Wasserbedarf der Wasserstoffelektrolyse spielt im öffentlichen Diskurs bislang keine Rolle“, sagt Johannes Rußmann vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu).

Gerade in wasserarmen Regionen, also etwa in Südeuropa, aber auch in Nordafrika oder auf der arabischen Halbinsel, stelle die Wasserstoffelektrolyse in industriellem Maßstab einen massiven Eingriff in den Wasserhaushalt dar. „Die Probleme, die sich daraus ergeben, werden bislang systematisch ausgeblendet“, warnt Rußmann.

Der Ressourcenverbrauch der Wasserstoffelektrolyse sei erheblich, sagt er. In wasserarmen und küstennahen Regionen biete sich zwar der Einsatz von Entsalzungsanlagen an, da die Elektrolyse mit Süßwasser betrieben werden muss.

Das drücke aber erheblich auf die Effizienz des gesamten Verfahrens und treibe die Kosten. „Wenn man dann noch den Transport von Wasserstoff oder seiner Derivate aus entfernten Weltregionen nach Europa betrachtet, wachsen die Zweifel an der Nachhaltigkeit des gesamten Prozesses“, sagt Rußmann.

Ingrid Nestle, Sprecherin für Energiewirtschaft der Grünen-Bundestagsfraktion, teilt die Bedenken. Die Produktion von Wasserstoff könne nur erfolgreich sein, wenn lokale Gegebenheiten mit einbezogen würden, sagte sie dem Handelsblatt. Das gelte auch mit Blick auf die lokale Wasserversorgung.

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Wasserstoff sei eine große Chance für viele Länder, sagte sie. Die Wasserstoffelektrolyse dürfe jedoch nicht auf Kosten der Versorgungssicherheit der Bevölkerung vor Ort gehen. „Ganz im Gegenteil: Wir wollen, dass die Verfügbarkeit von Trinkwasser durch die Projekte möglichst verbessert wird“, sagte Nestle.

Nestle teilt die Vorbehalte Rußmanns mit Blick auf die Meerwasserentsalzung nicht. Die Entsalzung könne „relativ leicht“ in die Projekte integriert werden. „Diese Anlagen könnten zusätzlich Wasser für den lokalen Bedarf produzieren. Es kommt auf die gute Umsetzung der Projekte mit Blick für die Bedürfnisse vor Ort an, sagt die Grünen-Politikerin.

Auch Fachleute halten die Meerwasserentsalzung für den Schlüssel zur Lösung des Problems. „In Regionen, in denen nicht ausreichend Süßwasser vorhanden ist oder eine Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu befürchten ist, bietet sich die Meerwasserentsalzung an. Die Kosten der Entsalzung sind sehr überschaubar.

Bei den entsprechenden Vorhaben sind diese Kosten längst eingepreist“, sagte Bernd Heid, Wasserstoff-Experte bei McKinsey, dem Handelsblatt. „Die Verfügbarkeit von Wasser stellt nach unserer Überzeugung keinen begrenzenden Faktor für die Wasserstoffelektrolyse dar. Das wird nicht zur Bremse für die weltweite Entwicklung“, sagte er.

Standards können Wasserverbrauch begrenzen

Auch Andreas Wagner, Wasserstoff-Experte der Energy Transitions Commission, ist optimistisch. „Wir gehen davon aus, dass die Meerwasserentsalzung je Kilogramm Wasserstoff mit zwei US-Cent zu Buche schlägt. Bei einem Preis von 1,50 bis zwei Dollar je Kilogramm für grünen Wasserstoff ist das keine relevante Größenordnung“, sagt Wagner.

Bei einem weltweiten Wasserstoffbedarf von 800 Millionen Tonnen im Jahr 2050 würde der Wasserbedarf für die Elektrolyse nach Angaben Wagners elf Milliarden Tonnen pro Jahr betragen. Das entspreche 0,7 Prozent des globalen Süßwasserbedarfs der Industrie, der Landwirtschaft und der privaten Haushalte. Allein für die Öl- und Gasförderung würden derzeit 18 Milliarden Tonnen Wasser gebraucht.

Nach Überzeugung von Kilian Crone von der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (Dena) könnten Standards helfen, den Wasserverbrauch nicht unnötig in die Höhe zu treiben. „Im Moment gibt es noch keine Regulierung, die den Wassereinsatz der Wasserstoffelektrolyse begrenzt. Es ist aber durchaus vorstellbar, dass beispielsweise auf europäischer Ebene ein Höchstverbrauch je produzierter Einheit Wasserstoff definiert wird“, sagte Crone.

Auch für Gebiete mit sinkendem Wasserspiegel seien Begrenzungen denkbar, ergänzte er. Die EU-Kommission arbeitet derzeit an entsprechenden Regulierungsvorschlägen, die noch in diesem Jahr vorgestellt werden sollen.

Mehr: Bundesregierung will Wasserstoff-Großprojekte vorantreiben.

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7 Kommentare zu "Klimaneutralität: Schattenseite des Hoffnungsträgers: Produktion von Wasserstoff könnte Ressourcen gefährden"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • warum Strom nicht direkt nutzen?

  • ach welch kleinliche Bedenken. Und was ist mit der Batterieproduktion von Elektroautos? Unterbezahlte Arbeit, Kinderarbeit zur Rohstoffgewinnung. Arbeitsschutz....weit weit weg . Batterien sind Sondermüll wie Atom.
    Also ich verstehe dies "Organisationen" schon lange nicht mehr. Nur "grüner" Populismus.
    Die Entwicklung zeigt eindeutig, alles wird nur kaputtgemacht. Zuerst die Versorger und Atomindustrie. Jetzt die Autoindustrie. Was ist das nächste???
    Glauben die Damen und Herren sie könnten ihre Utopie ohne Steuern und Industrie leben?

  • Dem NABU sei geraten all die Supertanker zu chartern, die später zum Öltransport nicht mehr genötigt werden. Die Regenreichen abert sonnnenarmen Länder können dann ja ein Tauschgeschäft : Wasser gegen Wasserstoff mit Saudi, Niger & Co abschliessen.
    Mit anderen Worten: denm NABU fehlt jegliche Kreativität zur Problemlösung . Mit Staatsknete finanziert kann er nur meckern aber leistet keinen aktiven Beitrag zu forzschrittlicher Probemlösung ...

  • Gibt es im Handelsblatt niemand mit einem minimalen Fachwissen, der uns vor solchen
    Artikeln schuetzt? Ich erinnere mich auch noch an einen gegen Nestlé gerichteten Artikel
    "Nestlé dreht den Afrikanern das Wasser ab". Weiss Handelsblatt nicht, dass Trinkwasser
    fuer Menschen weniger als der Millionste Teil des Suesswassers ist? Und die Alternative
    zu gesundem Trinkwasser in diesen Laendern ist Bier? Weiss HB wieviel Liter Wasser
    zur Herstellung eines Liters Bier notwendig ist?

  • (...) Beitrag von der Redaktion gelöscht. Bitte bleiben Sie sachlich.

  • Umweltschützer sind geistig reif, wach und wissen:
    I. Wasser wird in unvorstellbaren Mengen durch allerart Verbrennung produziert. Sie haben sich bestimmt Gedanken gemacht, was das fur die Umwelt bedeutet... Nicht nur der CO2- sondern auch der H2O-Einfluss ist immer, bei den aufgestellten Hypothesen "apokalyptischen Dimensionen" zu berücksichtigen.
    II. Wasserstoff wird hergestellt, um wieder zur Wasser umgewandelt zu werden...
    III. Einen Eingriff in den Wasserhaushalt es wird sicherlich geben, aber nicht durch H2 Herstellung, sondern durch die obskure Idee der Abschaffung von Verbrennung aller Art.
    IV. Das einjährige Versagen der Corona- Experten ist kein Konzept und Entschuldigung für die unglücklichen jahrzehntelangen Untergangsszenarien die Sie aufstellen...+++

  • Beitrag von der Redaktion gelöscht. Bitte bleiben Sie sachlich.

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