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Klimaneutralität Warum der Einstieg in die Wasserstoff-Welt nicht leicht ist

Grüner Wasserstoff wird noch über Jahre knapp und teuer sein. Die Politik steht beim Aufbau der Wasserstoff-Wertschöpfungskette daher vor großen Herausforderungen – zeigt eine neue Studie.
16.11.2021 - 08:51 Uhr 1 Kommentar
Klima: Einstieg in die Wasserstoff-Welt steht vor hohen Hürden Quelle: dpa
Anlage zur klimaneutralen Produktion von Kerosin

Ehe klimaneutraler Wasserstoff in Hülle und Fülle zur Verfügung steht, werden nach Einschätzung von Fachleuten noch viele Jahre vergehen.

(Foto: dpa)

Berlin Grüner Wasserstoff gilt auf dem Weg zur Klimaneutralität als unverzichtbar. Politik und Wirtschaft bemühen sich daher, möglichst rasch eine komplette Wasserstoff-Wertschöpfungskette aufzubauen. Doch die Hürden liegen hoch, Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Das belegt ein Dossier des vom Bundesforschungsministerium geförderten Ariadne-Projekts.

An dem Dossier haben sechs Institute mitgearbeitet, darunter das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), das Deutsche Luft- und Raumfahrzentrum (DLR) sowie das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung.

Die Autoren halten es für unwahrscheinlich, dass grüner Wasserstoff bereits innerhalb weniger Jahre in Hülle und Fülle vorhanden sein wird, im Gegenteil: „Die Unsicherheiten mit Blick auf die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff sind enorm. Man muss davon ausgehen, dass Wasserstoff mindestens bis 2030 knapp sein wird. Das heißt, dass bis dahin die direkte Elektrifizierung im Vordergrund der Transformation zur Klimaneutralität stehen wird“, sagt Falko Ueckerdt vom PIK, einer der Autoren des Papiers.

Die Ariadne-Autoren warnen davor, grünen Wasserstoff als Allheilmittel für alle Anwendungsbereiche zu betrachten. Grüner Wasserstoff wird mit Strom aus erneuerbaren Quellen mittels Elektrolyse hergestellt. Er ist klimaneutral. Selbst wenn das EU-Ziel von 40 Gigawatt (GW) Elektrolysekapazität zur Wasserstoffproduktion bis 2030 erreicht werde, lasse sich damit nur ein Prozent der Endenergie-Nachfrage in der EU decken, rechnen die Autoren vor.

Das setzte allerdings ein Wachstum der Elektrolyse-Kapazitäten voraus, das mit dem Wachstum der Photovoltaik-Kapazitäten in ihren Boomzeiten vergleichbar sei. „Die Herausforderungen für einen Ausbau der Kapazitäten in dieser Größenordnung sind beim Wasserstoff aber ungleich größer als bei der Photovoltaik“, sagt Ueckerdt. „Beim Wasserstoff müssen Nachfrage, Infrastruktur und Angebot gleichzeitig hochgefahren werden. Die Photovoltaik hingegen ließ sich in ein bestehendes Stromsystem integrieren.“

Für 80 Prozent der Wasserstoff-Projekte fehlt die Investitionsentscheidung

Daher raten die Ariadne-Experten dazu, den Wasserstoff zunächst nur dort einzusetzen, wo es keine Alternativen gibt, also in der Stahl- oder der Chemieindustrie sowie im Flugverkehr. Im Moment sei kaum abschätzbar, ob Wasserstoff nach 2030 auch im Schwerlastverkehr oder gar für Pkw oder im Gebäudesektor sinnvoll einsetzbar sei. „Diese Entscheidungen sollten erst getroffen werden, wenn klar ist, welche Wasserstoffmengen zu welchen Preisen tatsächlich verfügbar sind, statt jetzt bereits darauf zu setzen“, rät Ueckerdt.

Um rasch relevante Mengen zur Verfügung zu haben, empfehlen die Autoren, nicht allein auf grünen Wasserstoff zu setzen: „Eine ,blaue Wasserstoffbrücke‘ könnte das Angebot klimafreundlichen Wasserstoffs erhöhen und eine frühere Transformation hin zu Wasserstoff ermöglichen“, heißt es in dem Dossier. Blauer Wasserstoff wird auf Erdgasbasis mittels Dampfreformierung hergestellt, das dabei frei werdende CO2 wird abgetrennt und unterirdisch gespeichert. Das Verfahren ist umstritten. Gleichwohl werben Länder wie Norwegen und die Niederlande damit, kurzfristig blauen Wasserstoff anbieten zu können.

Die Autoren des Dossiers haben sich angeschaut, welche geplanten Kapazitäten für die Wasserstoff-Elektrolyse in der EU Aussicht auf Realisierung haben. „Das Ergebnis ist ernüchternd. Für 80 Prozent der für 2023 angekündigten Projekte gibt es noch keine finale Investitionsentscheidung“, sagt Ueckerdt.

Der Befund spiegelt die Unsicherheiten wider, mit denen Investitionen in Wasserstofftechnologie behaftet sind. Eine Unternehmensumfrage des Thinktanks Epico hatte kürzlich ergeben, dass die Transformation der energieintensiven Industrien in Richtung klimaneutrale Produktion mit Wasserstofftechnologien „noch nicht vollumfänglich begonnen“ hat. Die Rahmenbedingungen für die Umstellung auf Wasserstofftechnologien im industriellen Maßstab seien für Industrieunternehmen nicht gegeben. Es fehlten „wichtige Weichenstellungen auf dem Weg zu einem sich selbst tragenden Wasserstoffmarkt“.

EU noch unentschieden, welche Wasserstoff-Vorhaben sie fördern will

Auch die Ariadne-Autoren sehen in dieser Hinsicht Defizite. Die Industrie scheine grundsätzlich zu Investitionen bereit zu sein, es fehlten aber noch immer die politischen Rahmenbedingungen, sagen sie.

Tatsächlich bewegen sich die Wasserstoff-Investitionen derzeit noch im Rahmen von Pilotprojekten. Erst am Montag verkündete das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) den Start eines Projekts bei Thyssen-Krupp Steel in Duisburg. Gemeinsam mit Air Liquide erprobt der Stahlhersteller den Einsatz von Wasserstoff zur Herstellung von Roheisen. Das BMWi fördert das Projekt mit 37 Millionen Euro. Es handelt sich dabei um eine Förderung im Rahmen des Energieforschungsprogramms des Ministeriums.

Der Startschuss für Investitionen in großem Maßstab lässt hingegen noch auf sich warten. Einer der Gründe dafür: Die EU-Kommission hat noch nicht entschieden, welche Wasserstoff-Vorhaben sie im Rahmen der „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI) für besonders förderungswürdig hält. Für IPCEI-Projekte sind besonders hohe staatliche Förderungen zulässig. Die Bundesregierung ist bereit, viele Milliarden Euro für IPCEI-Projekte bereitzustellen.

Mehr: Warum Klimaschutzverträge die letzte Chance für die Stahlindustrie sein könnten

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1 Kommentar zu "Klimaneutralität: Warum der Einstieg in die Wasserstoff-Welt nicht leicht ist"

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  • Wenn ich solche Artikel lese, bekomme ich Kopfschmerzen. Die EU, der ewige Bremsklotz mit freundlicher Unterstützung von Svenja Schulze, die auf grünen Wassersstoff eine CO2 Abgabe erheben will.

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