Klimaschutz FDP wirft Bundesregierung vor, sich E-Autos schönzurechnen

Die Klimabilanz von E-Autos ist umstritten.
Berlin Wenn die Frage nach der CO2-Bilanz von Elektroautos aufgeworfen wird, scheiden sich an der Antwort die Geister. Die Bundesregierung steht allerdings tapfer zur ihrer Aussage, die Elektromobilität könne einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Klimabilanz im Verkehrssektor leisten. Das belegt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage FDP-Bundestagsfraktion, die dem Handelsblatt vorliegt.
Darin heißt es, betrachte man die Klimaschutzwirkung eines Elektrofahrzeugs im Sinne einer „ganzheitlichen Bilanzierung, ergeben sich erhebliche und mit wachsenden Anteilen erneuerbarer Energien im Strommix im Zeitverlauf zunehmende Vorteile von Elektrofahrzeugen“.
Die Formulierung ist etwas gewunden - und sie geht nach Überzeugung der FDP an der Realität vorbei. „Die Bundesregierung rechnet sich die E-Mobilität schön. So sollen E-Autos durchschnittlich zwölf Jahre in Betrieb bleiben. Wegen der sinkenden Batterieleistung geben Autohersteller allerdings nur sieben bis acht Jahre Garantie. Da die Herstellung der Batterie äußerst CO2-intensiv ist, steht und fällt damit die Ökobilanz“, sagte Oliver Luksic, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, dem Handelsblatt.
„Die Nachhaltigkeit von E-Autos ist insgesamt fraglich, auch was den Abbau seltener Erden angeht“, ergänzte Luksic. Das politisch erzwungene Aus für Benziner und Diesel zugunsten batterieelektrischer Autos in Deutschland bringe ökologisch „ziemlich wenig“, sagte der FDP-Politiker.
Die Bundesregierung schrumpfe Industrie und Zulieferer klein. „Statt der einseitigen Fokussierung auf die batteriegetriebene Elektromobilität sollte die Bundesregierung daher endlich wirklich technologieoffene Politik betreiben, synthetische Kraftstoffe und die Brennstoffzelle sollten eine Chance bekommen“, sagte er.
Die Vorstellung, Deutschland könnte im Wesentlichen mit Elektroautos seine Klimaschutzziele im Verkehrssektor realisieren, wird auch durch eine Anfang Juni präsentierte Studie des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) und der Uni Newcastle stark relativiert.
Selbst in England, wo zwei wesentliche Rahmenbedingungen deutlich günstiger sind, kann die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte die verkehrsbedingten CO2-Emissionen für sich genommen bis 2030 kaum und bis 2040 nur um maximal zehn Prozent senken. Erstens hat Großbritannien bereits entschieden, die Neuzulassung konventioneller Benziner und Diesel ab 2040 zu verbieten, zweitens ist der Anteil fossiler Energieträger an der Stromerzeugung auf der Insel etwas niedriger als in Deutschland.
Das Problem liegt im deutschen Strommix
„Langfristig muss E-Mobilität eine tragende Rolle spielen – aber damit auch kurzfristig die Emissionen sinken, muss die Politik durch höhere Spritsteuern an der Fahrleistung ansetzen und den Umstieg auf Bus, Bahn oder Fahrrad begünstigen“, hatte Felix Creutzig, einer der Autoren der Studie und Leiter der Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport am MCC, bei der Präsentation der Studie im Juni gesagt.
„Zugleich ist es wesentlich, dass sie den Kohleausstieg und die Energiewende vorantreibt.“ Denn beim derzeitigen Strom-Mix fahren Elektroautos eben de facto doch nicht emissionsfrei. Und bei ihrer Herstellung entstehen der Studie zufolge rund 8,8 Tonnen CO2, etwa 60 Prozent mehr als bei der Herstellung eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor. „Unserer Studie zufolge können Elektroautos erst nach dem Jahr 2040 die Klimabilanz deutlich verbessern“, so Creutzig, „sofern dann Betrieb und Herstellung weitgehend mit Grünstrom laufen.“
Der Volkswagen-Konzern, der massive Investitionen in die Elektromobilität angekündigt hat, verteidigt hingegen die Klimabilanz von Elektroautos. Bei gleichen Fahrzeugmodellen mit unterschiedlichem Antrieb sei die Klimabilanz der batteriebetriebenen E-Autos schon heute besser als die der Verbrenner-Variante, hatte Volkswagen kürzlich unter Berufung auf eine zertifizierte Umweltbilanz mitgeteilt.
Über den mit 200.000 Kilometern angegebenen Lebenszyklus einschließlich Produktion und Verwertung komme der aktuelle Golf mit Dieselmotor auf einen Kohlendioxid-Ausstoß von durchschnittlich 140 Gramm je Kilometer. Beim E-Golf seien es 119 Gramm CO2 je Kilometer, ausgehend vom EU-Strommix, also den derzeit in der EU genutzten Energiequellen für Strom. Beim deutschen Strommix komme man auf 142 Gramm und damit einen Wert vergleichbar mit dem Diesel.
Im EU-Strommix entfielen beim E-Auto 57 Gramm auf die Produktion und 62 Gramm auf den Fahrstrom. Der Diesel dagegen komme in der Produktion nur auf 29 Gramm CO2 je Kilometer, bei der Nutzung auf 111 Gramm. Vor allem die Batterieproduktion und die aufwendige Gewinnung der Rohstoffe treibe beim Stromer den Kohlendioxid-Ausstoß in der Produktionsphase nach oben. Basis der Berechnung ist laut VW der neue WLTP-Abgasprüf- und Verbrauchsstandard. Werde der gesamte Strom zum Fahren aus regenerativen Quellen gewonnen, könnten die CO2-Emissionen beim Fahren auf 2 Gramm sinken.
Nach einer im Frühjahr bekanntgewordenen Studie des Kölner Physikprofessors Christoph Buchal und des früheren Ifo-Präsidenten Hans-Werner Sinn belastet ein E-Auto das Klima dagegen um 11 bis 28 Prozent mehr als ein Diesel - sofern der CO2-Ausstoß bei der Herstellung der Batterien und der deutsche Strommix in der Rechnung berücksichtigt würden.
Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt widersprechen jedoch solchen Berechnungen. Sie verwiesen auf eine Studie des Heidelberger Ifeu-Instituts für die Agora-Energiewende-Initiative, die zu einem positiven Ergebnis fürs E-Auto kommt. Danach ist die CO2-Bilanz eines Batterieautos in Deutschland bei einem Strommix wie im Jahr 2016 drei Prozent besser als die eines Dieselautos und zwölf Prozent besser als die eines Benziners. Vor allem Stadtautos mit kleinem Akku seien weniger klimabelastend als Verbrenner.
Mehr: Eine Million zusätzliche Ladesäulen für E-Autos fordert Bayerns Ministerpräsident Söder. Aus Sicht der Grünen brauchen auch Behörden wie die Bundespolizei eine E-Offensive.
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1. Glaube nie einer Statistik, die du nicht selbst erstellt hast. 2. Wer glaubt VW? 3. Wie lange hält die Batterie im eGolf? Dieselfahrzeuge können Laufleistungen von 300.000 km und mehr erreichen; eine Nutzungsdauer von 12 - 20 Jahren ist keine Seltenheit. Batterien halten wie lange? Wie viele Ladezyklen halten sie durch? Welche Einschränkungen der Nutzungsdauer/km-Leistung ergeben sich aufgrund von Schnellladungen mit bis zu 100 kw? VW sülzt viel, wie "die Autos fahren doch", oder "unsere Diesel sind sauber". Eine Firma, die 35 Mrd. Strafe zahlt, anstatt den Kunden ehrliche Autos zu bieten, sollte man nicht fragen, wenn es um technische Daten geht. Die Diskussionen gehen an der Realität vorbei. eMobilität ist heute schon in Teilbereichen nutzbar. Dort wo sie sinnvoll ist, sollte man sie auch einsetzen. Eine aufgezwungene eMobilität macht keinen Sinn. Ich möchte kein Auto fahren, in dem ich immer auf die Reichweite und die nächste Ladesäule scheuen muss. Wenn diese funktioniert und frei ist: 80% in ?? min. und dann weitere 200 km im Schneckentempo? Und dafür 40.000 € bezahlen? VW sollte erst einmal sein Vergütungssystem überprüfen - intern/extern. Und dann preisgerechte Modelle anbieten. In der Vergangenheit haben sie es nicht geschafft.
Es muss schon eine echt dicke Elektrolobby geben. Man muss sich doch sehr wundern, dass die klassische Autolobby nicht noch viel mehr auf CNG/Erdgas setzt, so wie VW jetzt. Zumindest bis die Akkuthematik oder Wasserstoff oder ? wirklich deutlich weiterentwickelt ist als CNG/Erdgas schon heute...
Herr Lucsic, nicht so milde. Die Spinnereien der Bundesregierung sind bar jeder physikalischen technischen Kenntnis. Das erinnert mich ans Mittelalter. Aus Machtpolitischen Gründen wurde, bis es nicht mehr ging, am konzentrischen Weltbild festgehalten. Zum schaden der technischen und kulturellen Entwicklung.
E Mobilität bedeutet, wenn man die Rohstoffherkunft anschaut, eine massive Umweltverschmutzung, Kinderarbeit und schließlich Sondermüll der besonderen art. Ein furchtbarer Irrweg mit großen Fehlinvestitionen. Oder will man die Bürger zwingen elektrisch zu fahren? Dann stellt man allerdings die gesellschaftspolitische Grundsatzfrage.
Bei solchen Studien ist viel SPIELRAUM gegeben, da auch für vorhandene Technologien keine halbwegs brauchbare Berechnungsmetzhode für "CO2" und sonstige schädliche Einflüsse der Produktion existiert.
Dann wird noch mit zu erwartenden Fortschritten im ERFORDERLICHEN, passend getaktetem Umfang "grechnet".
Selbst früher renomierte Institute "übersehen" gelegentlich den aktuellen Stand, um das gewünschte Ergebnis präsentieren zu können.
Hier ein fehlerhafter Anteil Biodiesel, um e-Autos nicht leuchten, sondern allenfalls "glimmen" lassen zu können.
Die Auflösung ehemals ziemlich solider Wissenschaft in Voodoo-Wissenschaft schwappt von der Klima-Apokalypse in das Umfeld.
Das technische Niveau öffentlicher Stimmen zur e-Mobilität ist angemessen zu unserem Stand des Bildungssystems :
unter aller Sau.
Saubere Luft.
Seit den 90ern ist die Schadstoffbelastung um ca.50% gesunken.
Nun wird aber herumkrakelt, als ob wir vorm Erstickungstod stehen.
Wird auch Zeit das man sich mit dem Elektro-Antrieb mal kritisch in der Presse auseinandersetzt. Es gibt definitiv bessere Alternativen. Der VW Konzern setzt darauf weil sie ein Desaster mit der Dieselaffäre erlebt haben. Das nächste Desaster kommt mit dem Fokus auf Elektro.
Wenn es ein Erfolg wird, wird das dt. Stromnetzt zusammenbrechen bzw. die Strompreise explodieren.
Außerdem wird es bald einen neuen Volkssport geben. Wir gehen spazieren und ziehen überall den Stecker....
Die Elektromobilität kann die Luftqualität in den Städten und Ballungszentren verbessern und ist alleine aus diesem Grunde zu begrüßen. Die Klimaerwärmung wird sie nicht aufhalten.
Diesmal hat die FDP Recht, ohne wenn und aber.