Klimaschutz Höhere Spritpreise, Abschaffung der Pendlerpauschale, Tempolimit: Umweltbundesamt fordert strengere Verkehrspolitik

Laut ADAC war im Oktober Tanken für die Fahrer von Diesel-Pkw so teuer wie noch nie.
Berlin Der Verkehrssektor ist der einzige Bereich, der seine Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 nicht gemindert hat: Daher muss nun massiv nachgesteuert werden, mahnt das Umweltbundesamt. Die Vorschläge der Behörde mitten in den Ampel-Koalitionsverhandlungen haben es in sich.
Unter anderem müssten Diesel und Benzin noch teurer werden, die Pendlerpauschale müsse abgeschafft und dafür der ÖPNV massiv ausgebaut werden, sagte der Präsident des Amtes, Dirk Messner, der Nachrichtenagentur dpa. Außerdem empfiehlt er die Einführung einer Pkw-Maut und eines Tempolimits von 120.
Der Verkehr steuere beim Klimaschutz in die falsche Richtung, begründete Messner die Vorschläge. Mit dem, was aktuell geplant sei, verfehle man die Klimaziele für 2030 deutlich.
In der Politik werden vor allem die hohen Benzinkosten mit großer Sorge gesehen, eine Abschaffung der Pendlerpauschale zieht indes niemand ernsthaft in Erwägung. Im Gegenteil: Der Bundesvize der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Dennis Radtke (CDU), fordert, die steigenden Preise durch eine Anhebung der Pendlerpauschale sowie eine zeitlich befristete Mehrwertsteuersenkung auszugleichen. Die FDP sieht die neue Regierung am Zug, aus der SPD kommt deutliche Kritik an dem CDU-Vorstoß. Auch der Ökonom Clemens Fuest hält wenig von dem CDU-Vorschlag.
„Politik kann nicht tatenlos zusehen, wie die steigenden Preise mehr und mehr Menschen finanziell die Luft abdrücken“, sagte Radtke dem Handelsblatt. Viele Menschen seien gerade in ländlichen Regionen auf ihr Auto angewiesen, um ihren Arbeitsplatz in den Metropolen zu erreichen. „Daher wäre es richtig, hier mit einer kurzfristigen Anhebung der Pendlerpauschale und einer temporären Senkung der Mehrwertsteuer konkrete Gegenmaßnahmen zu ergreifen“, mahnte der nordrhein-westfälische Europaabgeordnete.
Der Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels, Klaus Barthel, hält zwar für Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen einen Ausgleich für die steigenden Energiepreise für notwendig. Die CDU-Vorschläge seien aber „unredlich, weil die Union sich einerseits weigert, hohe Einkommen und Vermögen angemessen zu besteuern, und andererseits die Schuldenbremse zum Tabu erklärt“, sagte Barthel dem Handelsblatt. „Damit wäre jede Finanzierung unmöglich.“
Auch eine Mehrwertsteuersenkung lehnt Barthel an. Eine solche neue Subvention für den Energieverbrauch würde gerade nicht die Normalbürger entlasten, sondern die „Großverbraucher mit Swimmingpool, Privatflugzeug und SUVs“. Der SPD-Politiker plädiert für eine Reform der Pendlerpauschale. Sie müsse so umgebaut werden, dass sie allen Einkommensbeziehern in gleicher Weise zugutekomme.
Über die Pendlerpauschale können Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte steuerlich geltend gemacht werden. Gegenwärtig können Berufstätige pro Arbeitstag für jeden Kilometer zum Arbeitsort 30 Cent absetzen.
ADAC: Spritpreise für Diesel-Pkw im Oktober so teuer wie nie
Dabei ist es unerheblich, ob der Weg zu Fuß, per Rad, mit dem Auto oder per öffentlichem Nahverkehr zurückgelegt wird. Ab dem 21. Kilometer sind es seit diesem Jahr 35 Cent. Der Bund hatte diese Erhöhung bereits als Ausgleich für steigende CO2-Kosten beschlossen.
Der CO2-Preis gilt seit diesem Jahr und beträgt 25 Euro pro Tonne, was bezogen auf den Spritpreis sieben bis acht Cent ausmacht. Der Preis soll bis 2025 langsam auf 55 Euro steigen und so laut Regierung „zu hohe finanzielle Belastungen“ vermeiden.
Das Umweltbundesamt sieht die Sache anders. Der Schlüssel, um die Klimaziele für 2030 doch noch in erreichbare Nähe zu rücken, sei der CO2-Preis, sagte Behördenchef Messner. Dieser sollte ab 2022 im Vergleich zur bisherigen Planung mindestens verdoppelt werden. Im Gegenzug müsse ein sozialer Ausgleich geschaffen werden. Zudem müssten die EEG-Umlage gesenkt und klimaverträgliche Antriebstechnologien gefördert werden.
Laut ADAC war im Oktober Tanken für die Fahrer von Diesel-Pkw so teuer wie noch nie. Ein Liter Diesel kostete danach im Monatsmittel 1,533 Euro und damit 0,9 Cent mehr als im bisherigen Rekordmonat, dem September 2012. Im Vergleich zum Vormonat sprang der Dieselpreis um 12,2 Cent nach oben, gegenüber Januar 2021 um genau 30 Cent.
Auch Benzin verteuerte sich deutlich: Der Preis für einen Liter Super E10 lag im Oktober bei 1,651 Euro und damit um 8,2 Cent über dem September-Preis. Gleichzeitig hat der Benzinpreis damit einen neuen Jahreshöchststand erreicht. Genau wie Diesel hat E10 im Vergleich zum Januar 2021 um 30 Cent zugelegt, vom Allzeithoch des Septembers 2012 ist der Benzinpreis jedoch noch zwei Cent entfernt.
Ifo-Chef: Handlungsbedarf etwa bei Hartz-IV-Empfängern
Auch die FDP sieht angesichts der Entwicklung dringenden Handlungsbedarf. Der Benzinpreis steige derzeit wegen des hohen weltweiten Ölpreises, eigentlicher Preistreiber sei allerdings der Staat, sagte die Verkehrspolitikerin Daniela Kluckert dem Handelsblatt. 64 Prozent der Tankrechnung bestehe aus Steuern und Abgaben. „Und wird das fortgeschrieben, steht im Januar die nächste CO2-Abgabenerhöhung um sechs Cent an, die die Große Koalition beschlossen hat“, warnte die Abgeordnete.
„Diese Spirale zu beenden ist eine direkte Aufgabe der kommenden Bundesregierung“, betonte Kluckert. Zumal die meisten Menschen in Deutschland auf die Benutzung ihres Autos angewiesen seien.
Der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, lehnt indes eine Erhöhung der Pendlerpauschale ab. „Politischer Handlungsbedarf besteht, sofern vulnerable Gruppen von den steigenden Preisen überfordert werden, beispielsweise Hartz-IV-Empfänger. Ihnen sollte man gezielt helfen“, sagte Fuest dem Handelsblatt. „Das ist aber etwas ganz anderes als flächendeckende Hilfen wie eine höhere Pendlerpauschale, die Fehlsteuerungen verursachen und viele Leute entlasten, die diese Entlastung nicht wirklich brauchen.“
Fuest gab überdies zu bedenken, dass die steigenden Benzinpreise reale Knappheiten reflektierten und, soweit sie durch den steigenden CO2-Preis verursacht seien, eine „notwendige Steuerung in Richtung Klimaziele“ darstellten. „Diese Preiseffekte müssen in der Wirtschaft ankommen, auch wenn sie unbequem sind“, sagte der Ökonom.
Hintergrund ist, dass die Pendlerpauschale als klimaschädlich gilt, weil sie auch die Nutzung des Autos begünstigt und dazu ermutigt, weit weg vom Arbeitsplatz zu wohnen.
Mehr: Der Deutschland-Plan: 21 Aufgaben, die die nächste Regierung dringend anpacken muss
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Das Auto ist eben doch des Deutschen liebstes Kind.
Es gibt Ämter die sind überflüssig. Dazu gehört inzwischen auch das Umweltbundesamt, dass vom Leben auf dem Land keine Ahnung hat. Wer bei uns im Steigerwald wohnt und z.B. in Herzogenaurach bei Puma, Schäffler oder adidas arbeitet, teilweise in Schicht, wird auf das Auto angewiesen sein. Sind teilweise immerhin einfach 50 km. Nach Herzogenaurach umziehen geht auch nicht, da sich hier ein Normalsterblicher lein Wohnung oder Haus mehr leisten kann. Außerdem arbeitet häufig der Ehepartner ganz wo anders. Vor lauter Umweltpolitik wird unser Land zerstört. Da GANZE macht doch nur Sinn, wenn auch großen Umweltsünder -China - USA - Russland - u.s.w. mitmachen, aber das tun Sie nicht. Selbst wenn Deutschland klimaneutral wäre, würde das ca. 1,8% des weltweiten CO2--Ausstosses einsparen. Das rettet die Welt nicht.
@Herr Peter Röglin
Die Besteuerung hoher Einkommen reicht bei weitem nicht aus. Es kann nur mit Geldschöpfung durch die EZB ein vernünftiger Weg beschritten werden. Bonds mit Laufzeiten von 100 Jahren, Zinsen Null. Eine Staatsanleihe mit 100 Euro, Zinsen Null, würde nach 100 Jahren, bei einer milden Inflation von nur 2% jährlich, nur noch einen Wert von 13,26 Prozent haben. Das Schöpfgeld in Infrastruktur lenken, nicht in Konsum, sondern in die stark vernachlässigte Infrastruktur, wozu neuzeitlich auch Kitas, Kindergärten, Schulen, Unis und Lehrlingsausbildung gehört. Die enormen Summen, die notwendig sind, können nicht aufgebracht werden, in dem man Reiche mehr besteuert, die finden Auswege und die Kassen bleiben leer. CO2-Vermeidung benötigt enorme Summen die nächsten 10 Jahre. Lindner würde nie die Taschen der Reichen belasten und deshalb sind andere Schritte notwendig. Bitte realistisch bleiben.
das Umweltbundesamt war von Beginn an eine Beute der grünen Kuscheltiere. Voreingenommen, kaum oder wenig in der sie finanzierenden Wirtschaft gearbeitet aber fleißig Steuergeld abgegriffen. Die Truppe wäre in der Wirtschaft kaum lebensfähig.
Welche Berufe bzw. Fachingenieure sind beim Umweltbundesamt zu erkennen?
Es ist eine Behörde:
also Verwaltungsbeamte, Verwaltungsrechtler und evtl. ein Volkswirtschaftler und ein Betriebswirt(in). Sehr wichtig auch die Pressesprecherin von den "Grünen".
Wo sind die Fahrzeubauingenieure, wo die Dipl.-Ing. für Physik und Chemie?
Aber die vorhandenen Mitarbeiter wollen die Verkehrspolitik vorschreiben?
Zuvor geht jedoch ein Kamel durch ein Nadelöhr, oder?
Leider scheint der Leiter des UBA wenig Ahnung vom Steuerrecht zu haben, äußert sich aber dennoch. Wer nah bei seiner Arbeit wohnt, bekommt mit der Pendlerpauschale kaum die 1.000 € Werbungskostenpauschale "gefüllt". Der normale Arbeitnehmer hat außer der üblichen Kontoführungsgebührenpauschale etc. auch keine weiteren Werbungskosten. Erst wer weiter weg wohnt, fährt sich mit der Pendlerpauschale über die 1.000 Werbungskostenpauschale und spart Steuern. Herr Messner sollte mal nachrechnen,
wer darunter fällt,
wie viele Personen das sind,
wie viele von denen überhaupt eine Alternative zum Auto haben und
wie viel CO2 eingespart würde, wenn sich die wegen Wegfalls der Pendlerpauschale in den ÖPNV setzen.
Leute, Leute, Leute - sooooo nicht!!!!
Ein deutscher SUV braucht deutlich weniger Benzin/Diesel/Strom als ein amerikanischer.
ÖNV ausbauen - ja, kann man schon machen. Aber wer wartet gerne teilweise stundenlang auf den Zug, um dann sich mit Triefnasen in ein Abteil zu quetschen,
Da fliege ich doch lieber die 50 km zur nächsten Sitzung und heiße Leyen, die Waffen Uschi, die das Klima retten will!
Also, liebe Kommentatoren unten: Ihr könnt gerne mit dem ÖNV fahren, ich nutze lieber meinen Hybrid - versorge ihn über meine PV Anlage und meide die Triefnasen!
Und wenn ihr schön lästert, dann doch über die amerikanischen SUVs die über 300 Gramm CO2 pro Kilometer rauspusten. In Deutschland wird man schon bestraft, wenn man mehr als 95 Gramm pustet!
Man kann nicht darauf warten, bis der ÖNV ausgebaut ist, um dann mal den Bus zu benutzen.
Ich habe viele Kollegen, die in der Nähe der Firma wohnen und aus reiner Bequemlichkeit mit dem Auto fahren (und dabei auch länger brauchen als mit dem Fahrrad!).
Wenn man da etwas verändern will, geht es NUR über den Preis. Erst wenn ein Liter Kraftstoff 3 oder 4 € kostet, wird sich so manche(r) überlegen, mal den ÖNV auszuprobieren.
@Hr. Widl:
Das sehe ich genauso, wie Sie.
Zudem kommt, dass heute viel zum Thema Preiserhöhung im ÖPNV zu lesen ist, obwohl das Wiener Modell (365€/a) so hoch gelobt wird.
Die Zulassungszahlen für SUV´s bleiben konstant hoch (1/3).
Politiker aller Welt treffen sich zu einer großen Schaumschlägerparty in Glasgow, usw.
Solange der ÖPNV nicht massiv ausgebaut wird, ist jede Maßnahme zwecklos. Aber das geht natürlich nicht mit Schuldenbremse und Verzicht auf angemessene Besteuerung hoher Einkommen.