Klimaschutz Unions-Widerstand gegen Aufteilung von CO2-Heizkosten sorgt für Empörung in der SPD

Die Kosten für eine klimaschonende Gebäudesanierung sind teils immens.
Berlin In der Großen Koalition ist ein heftiger Streit über die geplante hälftige Aufteilung des Heizkosten-Aufschlags durch den CO2-Preis zwischen Mietern und Vermietern entbrannt. Anlass ist, dass die Unionsfraktion der in der Regierung erzielten Einigung eine Absage erteilt hat.
Er sei sehr empört darüber, „dass eine Lobby meinen Koalitionspartner fest im Griff hat“, sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Mittwoch in Berlin. Diese verhindere aus Interessensicht von Vermietern, dass diese wenigstens zur Hälfte an den höheren Heizkosten beteiligt würden. „Aber das ist der Immobilienlobby zu viel“, sagte der Finanzminister. „Und das ist denjenigen, die in der CDU-Fraktion das Sagen haben, auch zu viel.“
Der Rechtsexperte der Unionsfraktion Jan-Marco Luczak (CDU) begründete die Ablehnung damit, dass die hälftige Umwälzung der CO2-Verbrauchskosten auf die Vermieter einen „fundamentalen Bruch des Verursacherprinzips“ darstelle.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte vor drei Wochen noch gesagt, sie sei sehr froh, dass sich der Ressortkreis auf die hälftige Verteilung des CO2-Preises einigen konnte. Ihr Haus hat daraufhin einen Entwurf für eine Begrenzung der Umlagefähigkeit vorgelegt. Dass sich die Union jetzt querstellt, nennt Lambrecht jetzt ein „völlig falsches Signal“.
Mieter müssten dann die vollen CO2-Kosten beim Heizen tragen, und zugleich würde eine „Anreizwirkung bei der energetischen Sanierung“ verhindert. „Ich fordere die Union auf, den Weg für dieses wichtige Vorhaben schnell frei zu machen, damit es noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden kann“, sagte Lambrecht.
Kritik an der angestrebten 50/50-Regelung äußert indes auch Ina Scharrenbach, CDU-Bauministerin in Nordrhein-Westfalen. „Die Kostenteilung bei der CO2-Bepreisung ist ein rein wahltaktisch motivierter Schnellschuss der Bundesregierung, der nach hinten losgeht“, sagte sie dem Handelsblatt.
Ihre Parteikollegen in Berlin warnte sie vor einer solchen Einigung: Die Folge wäre, „dass die Vermieter weniger Investitionskraft für die Gebäudesanierung haben werden“. Die Lösung bestrafe zudem diejenigen, die ihre Objekte bereits klimafreundlich saniert haben.
In der SPD stößt die Haltung auf scharfe Kritik. „Es ist Zeit, dass sich die CDU entscheidet, ob ihr das Christliche im Namen mehr wert ist als ein Etikett und ob das Wort sozial in ihrem Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft nur noch für Sonntagsreden taugt“, sagte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans dem Handelsblatt. Wer den Kompromiss beim CO2-Preis weiterhin blockiere, habe „das Attribut der sozialen Kälte jedenfalls redlich verdient“.
Walter-Borjans: „Klimaschutz muss sozial gerecht und verkraftbar sein“
Walter-Borjans betonte: „Klimaschutz muss sozial gerecht und verkraftbar sein, damit wir die große Aufgabe gemeinsam stemmen können.“ Für Vermieter setze der CO2-Preis den Anreiz, in klimaschonende Heiztechnik zu investieren. Mieter hätten dagegen nur „kälter wohnen“ als Option.
Die Bundesregierung hatte sich in ihrem „Klimapakt“ Mitte Mai darauf geeinigt, dass die Kosten des CO2-Preises zu 50 Prozent von den Vermietern getragen werden.
Der CO2-Preis in Höhe von aktuell 25 Euro pro Tonne CO2 verteuert seit Jahresbeginn fossile Energieträger. Lange herrschte in der Großen Koalition Uneinigkeit darüber, wie die Kosten zwischen Vermietern und Mietern künftig aufgeteilt werden sollen. Nach der bisher geltenden Regelung können Vermieter die Kosten gänzlich auf Mieter umlegen.
Die Bundesregierung hatte den „Klimapakt“ Mitte Mai im Zuge neuer Klimaziele nach einem Urteil des Klimaverfassungsgerichts beschlossen. Der Gebäudebereich hatte 2020 als einziger Sektor Klimaziele nicht erreicht, auch weil aus Sicht vieler Experten zu wenig energetisch saniert wird – das bedeutet einen Austausch von Heizungen oder eine Dämmung der Wohnung.
Vermieter hätten auf das Verbrauchsverhalten von Mietern keinerlei Einfluss, sie sollten aber dennoch dafür zahlen. Das sei weder fair noch gerecht, sagte der CDU-Politiker Luczak. „Im Gegenteil, damit werden sogar Anreize für klimaschädliches Nutzerverhalten geschaffen.“ Eine solche Regelung würde auch dazu führen, dass kinderreiche Familien oder Senioren, die einen höheren Heizbedarf haben, schwieriger eine Wohnung fänden.
Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller kritisierte die Blockade der Union als Fehler. „Eine Belastung der Mieterinnen und Mieter mit der CO2-Bepreisung in voller Höhe ist nicht in Ordnung und nicht sachgerecht“, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) dem Handelsblatt. Denn Vermieter entschieden darüber, ob die Heizungsanlage klimafreundlich betrieben werde oder nicht, Mieter zahlten die Heizkosten mit ihrer monatlichen Rechnung. „Daher ist eine Aufteilung der Kosten für die CO2-Bepreisung zwischen Mietern und Vermietern je zur Hälfte fair.“
Im Gegenzug sollten die Vermieter nach Müllers Vorstellung dadurch entlastet werden, dass sie deutlich höhere Zuwendungen für die energetische Gebäudesanierung erhalten. „Das senkt die Heizkosten und die CO2-Bepreisung zusätzlich – für Vermieter und Mieter“, erläuterte der VZBV-Chef. Müller betonte: „Die Jahrhundertaufgabe Klimaschutz wird nur gelingen, wenn die Politik die Kosten nicht einseitig verteilt, sondern stattdessen die Interessen aller Verbrauchergruppen berücksichtigt.“
CDU-Ministerin fordert: Fesseln beim Mieterstrom lösen
Der Präsident des Immobilienverbandes Deutschland IVD, Jürgen Michael Schick, hält beim Klimaschutz langfristige Lösungsansätze für nötig. Der Regierungsvorschlag zur CO2-Kostenaufteilung sei deshalb „an Kurzsichtigkeit kaum zu übertreffen“, sagte Schick, da „schädliche Begleitumstände“ jenseits des missachteten Verursacherprinzips völlig ausgeblendet würden.
Schick glaubt, dass es große Haushalte wie Familien und Wohngemeinschaften bei der Wohnungssuche künftig noch schwerer haben dürften, überhaupt eine Wohnung zu finden. Als Beleg führte er eine aktuelle Blitzumfrage unter Mitgliedern seines Verbands an.
Alle Teilnehmer erwarteten demnach, dass Vermieter den CO2-Preis bei der Mieterauswahl berücksichtigen und somit Familien und Wohngemeinschaften weniger zum Zug kommen würden. „Das Interesse der Politik sollte doch sein, gerade diesen Mietergruppen zu einer adäquaten Wohnung zu verhelfen“, betonte Schick.
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA), Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, gab zudem zu bedenken, dass eine pauschale Regelung, „ohne den energetischen Zustand der Immobilie zu kennen“, dem Klimaschutz eher schade, als ihn zu unterstützen. ZIA-Präsident Andreas Mattner plädierte dafür, den heterogenen energetischen Gebäudebestand zu berücksichtigen. Wie Scharrenbach warnte Mattner davor, dass Kapital „gebunden wird, welches nicht in die energetische Sanierung der Immobilien investiert werden kann“.
Scharrenbach ließ außerdem die Argumentation der SPD nicht gelten, wonach nur Vermieter die Art des Heizens beeinflussen könnten, weswegen diese einen Anteil an den CO2-Kosten zu tragen hätten. „Die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit der CO2-Steuer zahlreiche Maßnahmen ergriffen, Gering- und Kleinverdiener zu entlasten. Für die wohngeldberechtigten Haushalte wurde eine Klimakomponente im Wohngeld eingeführt“, sagte sie.
Zudem sei das Wohngeld seit dem 1. Januar 2021 um zehn Prozent erhöht worden. Diese Erhöhung zusammen mit der Klimakomponente „entlastet die Bezieher von Wohngeld bis 2023 deutlich höher, als dass sie durch die CO2-Steuer belastet werden“, so die CDU-Politikerin.
Fesseln beim Mieterstrom lösen
Zugleich wurden Abmilderungsmaßnahmen für alle Mieter getroffen, weil die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz ab 2022 deutlich sinken werde. Die SPD, so Scharrenbach, verkenne die eigens getroffenen Beschlüsse zur Entlastung von Mieterinnen und Mietern.
Die Bundesregierung sollte sich lieber daranmachen, die Fesseln beim Mieterstrom zu lösen, sagte Scharrenbach. Alle Wohnungsgesellschaften wollten auf ihre Dächer Photovoltaik packen, „das aber scheitere am Mieterstrom. Steuerliche Nachteile führen dazu, dass praktisch kein Vermieter einen Anreiz hat.“
Zudem lege die Bundesregierung irrigerweise zu großen Wert auf Wärmeverbundsysteme bei der Gebäudesanierung, sprich Dämmung. „Der für das Klima nachhaltigere Weg ist aber der Austausch der Heizungen, und der muss stärker gefördert werden.“ Scharrenbach wirft der Regierung vor, Zeit zu vergeuden. „Wir sind aktuell in einem Sanierungszyklus“, sagte sie. „Wenn wir den verpassen, ergibt sich die nächste Möglichkeit erst wieder 2040.“
Mehr: Neuer „Klimapakt“: Bundesregierung plant milliardenschweres Sofortprogramm
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Die CDU demonstriert völlig Unfähigkeit, sich von der SPD in einen solchen Umlage-Systembruch hineinziehen zu lassen.
Die bei vielen Privatvermietern unterlassen Mieterhöhungen werden ganz schnell systematisch nachgeholt werden und sehr viele Rentner und Familien in Bedrängnis bringen.
Der sich empörende Herr Scholz ist offenbar fest in der Hand der Mieterlobby, die ihm und seinen Genossen erfogreich suggeriert, dass alle Mieter arm sind. Als Mieter kann man sich gegen diese Stigmatisierung nur wehren. Dieses Klassenkampfgeschrei ist doch völlig aus der Zeit gefallen. Erfreulicherweise stößt dieses klassenkämperische Gebrüll auf wenig Resonanz. Herrn Scholz sei ins Stammbuch geschrieben, dass die Miet-/Eigentumsquote in Deutschland mitnichten höher als in anderen, vergleichbaren Ländern ist.
Beteiligung der Vermieter an den Heizungskosten. Der Mieter kann doch seine günstige Wohnung kündigen und sich eine andere Wohnung suchen oder ist das in Deutschland nicht mehr möglich. Genaus ist das mit dem Zweitwohnungssteuergesetz. Auch hier nur eine reine
Abzocke. Warum lassen sich die Eigentümer das gefallen. Besonders beliebt in Städten wo die Spd regiert.
Aber was wollen wir von einer Kanzlerin, Frau Dr. Merkel, anders erwarten. Im Kommunismus aufgewachsen in Moskau studiert -nur linientreue Kommunisten war das möglich. Nach und nach führt diese Frau DDR 2.0 in Deutschland ein. Honnecker und seine Genossen wird das freuen.
Eine Frechheit, dass man Mieter und Vermieter gegeneinander aufhetzt. Wenn das Gesetz kommt, ist es mit meinem Wohlwollen gegenüber den Mietern vorbei. Jahrelange, nicht umgesetzte Mieterhöhungen, 100 % Kostenübernahme, auch die Kleinreparaturen, dass wird Geschichte sein. Staatsregulierung - Kommunissmus und die CDU CSU mach das alles mit - !!!!!!!
Ach die SPD - sie war mal sozial, jetzt ist sie kommunistisch - extrem links. Warum sollten Vermieter die Kosten für den Energieverbrauch tragen. Mieter suchen sich ja eh schon solche Wohnungen, die einen guten Energieausweis haben. Die Energiesparsamkeit findet eh schon in der Höhe der Miete Eingang. Insofern ist die Belastung der Vermieter ein Quatsch.
Die CO2 Steuer - Abgabe ist ebenfalls ein Quatsch. Die Pflanzen freuen sich über CO2 und der Klimawandel wird vor allem mit Wasserdampf-Wolken und Methan erfolgen - CO2 spielt da kaum eine Rolle und die Einflussmöglichkeiten der EU sowieso nicht.
Hier wird eine extrem dumme ideologische Entscheidung der Politik umgesetzt, die nichts bringt ausser Ärger und Wohlstandsverlust.
@Martin Winkler
Sanierungs-Kredite sollten mit Null Zinsen vergeben werden, wozu denn Zinsen? Es sollte nur eine Bearbeitungsgebühr geben. Die KfW schöpft diese Art von Krediten ohnehin aus dem Nichts. Kreditausfälle kommen nur in seltenen Fällen vor, denn Immos sind bekanntlich werthaltig.
Fakt ist, dass die bisherigen Sanierungsumlagen ziemlich unsozial sind. Ob es nun 11% oder 9% der Investitionen sind. Sinnvoll wäre eine Sanierung auf KFW 100 Standard innerhalb absehbarer Zeit vorzuschreiben und bei Abschrebungszeiten von 30 bis 40 Jahren auf die Miete umzulegen. Bei entsprechend preisgünstigen Krediten sollte das möglich sein. Das ist dann kein Geschäft aber eine Verpflichtung für die Vermieter aus dem Grundsatz heraus Eigentum Verpflichtet. Des weitern wäre es möglich die Sanierungsumlage auf die eingesparten Bedarfs-Energiekosten zu beschränken. Warum sollte ein Vermieter dieser Verpflichtung nachkommen? Ein Wenig sanften Zwang braucht es da bestimmt. Man könnte z.B. die steuerliche Abschreibung für unsanierte Wohnungen aussetzen. Denn diese Wohnungen wurden bereits mehr als einmal abgeschrieben.
Weiter gehts in Richtung Kommunismus wenn nur der eigene Politikerposten gesichert ist.