Klimaschutzprogramm EEG-Umlage steigt 2020 erneut – für Unternehmen geht es um Millionen

Die Energiekosten in Deutschland sind im europäischen Vergleich hoch.
Berlin Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) weiß auch schwierige Entwicklungen noch positiv zu deuten. Über eine steigende Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) könne sich ein Wirtschaftsminister zwar nicht freuen, sagte Altmaier am Dienstag. Trotz des Anstiegs der Umlage sei es aber so, „dass wir seit nunmehr sechs Jahren eine stabile Entwicklung haben“, sagte der Minister. Die Reformen der vergangenen Jahre hätten den Ausbau der Erneuerbaren deutlich günstiger gemacht. Gleichzeitig sei es so, „dass wir einen Kostenrucksack aus den ersten Jahren mit uns herumtragen“.
Die Botschaft ist klar: Seht her, wir haben die Weichen längst in die richtige Richtung gestellt, die Altlasten vergangener Jahre müssen wir aber noch ein paar Jahre schultern. Tatsächlich steigt die EEG-Umlage im kommenden Jahr von derzeit 6,405 Cent auf 6,756 Cent. Das entspricht einem Anstieg um 5,5 Prozent.
Festgelegt wird die Höhe der Umlage Jahr für Jahr jeweils Mitte Oktober für das Folgejahr von den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern 50 Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW. Sie sind auch für das Inkasso der Umlage zuständig. Für 2020 rechnen sie mit einer Umlage von insgesamt 23,9 Milliarden Euro. Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden wird sich die Belastung durch die EEG-Umlage im nächsten Jahr inklusive Mehrwertsteuer auf 280 Euro belaufen.
Für viele Unternehmen geht es dagegen um Millionenbeträge. Entsprechend enttäuscht sind sie von dem neuerlichen Anstieg der Umlage. „Wieder eine zusätzliche Belastung, die angesichts fallender Wachstumsprognosen und Auftragseingänge die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie erheblich schwächt“, sagte Ingeborg Neumann, Präsidentin Gesamtverband Textil und Mode.
Die im Vergleich zu anderen Ländern hohen deutschen Strompreise belasteten die Branche in Deutschland enorm. „Mit einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt zu den Netzentgelten und einer grundlegenden Reform der EEG-Umlage könnte die Regierung beweisen, dass ihr an der heimischen Industrie gelegen ist und sie es nicht nur bei der Ankündigung von Entlastungen für den Mittelstand belässt“, sagte Neumann.
Die Verbandspräsidentin rührt damit an einen wunden Punkt. Altmaier hatte zu Beginn seiner Amtszeit Entlastungen beim Strompreis für den industriellen Mittelstand in Aussicht gestellt. Tatsächlich aber tut sich nicht viel, geplante Reformen bleiben hinter den Erwartungen zurück.
Lediglich zwei kleine Entlastungen hat die Bundesregierung ins Auge gefasst: Im „Klimaschutzprogramm 2030“ ist das Ziel definiert, mit der Einführung einer CO2-Bepreisung für die Sektoren Wärme und Verkehr im Gegenzug Bürger und Wirtschaft beim Strompreis zu entlasten. Die EEG-Umlage soll daher 2021 um 0,25 Cent gesenkt werden, 2022 um 0,5 Cent und 2023 um 0,625 Cent. Zur Einordnung: Die für 2021 geplante Absenkung um 0,25 Cent fällt geringer aus als der Anstieg im Jahr 2020.
Berater der Bundesregierung hatten empfohlen, die Stromsteuer von 2,05 Cent je Kilowattstunde auf das europarechtlich zulässige Mindestniveau von 0,05 Cent zu reduzieren. Dafür wäre es allerdings erforderlich gewesen, eine deutlich höhere CO2-Bepreisung für die Sektoren Wärme und Verkehr anzusetzen. Aus den nun geplanten zehn Euro je Tonne CO2 lassen sich nicht die erforderlichen Mittel für größere Entlastungen generieren.
Kritik vom CDU-Wirtschaftsrat
Die zweite kleine Entlastung ergibt sich aus dem Abschlussbericht der Kohlekommission. Die Kommission empfiehlt, ab 2023 die Übertragungsnetzentgelte um zwei Milliarden Euro zu bezuschussen, damit die Netzentgelte für private und gewerbliche Stromverbraucher entsprechend gesenkt werden können.
„Der Anstieg bei der EEG-Umlage setzt den falschen Trend. Die Strompreise müssen runter statt rauf“, forderte der Verband der Chemischen Industrie (VCI). Klimaschutz und die Energiewende seien eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die sich der Staat finanziell stärker einbringen müsse.
Der VCI fordert seit geraumer Zeit, nur noch bestehende Anlagen über die EEG-Umlage zu finanzieren. Neue Erneuerbaren-Anlagen sollten jedoch aus dem Bundeshaushalt finanziert werden, wodurch die Umlage mittelfristig auslaufen würde.
„Auf die Unternehmen rollt eine Kostenlawine durch die Erhöhung der EEG-Umlage zu. Diese übersteigt bereits im kommenden Jahr die im Klimapaket angekündigte Absenkung der Umlage“, kritisierte Holger Lösch, stellvertretender BDI-Hauptgeschäftsführer. Es seien wirksame Instrumente zur Senkung der Strompreise erforderlich.
Auch der Wirtschaftsrat der CDU sieht die Entwicklung kritisch. Der staatliche Anteil am Strompreis müsse sinken. Leider werde im Klimapaket einzig ein Abschmelzen der EEG-Umlage um 0,25 Cent je Kilowattstunde ab 2021 in Aussicht gestellt. „Das ist nicht mehr als ein symbolischer Tropfen auf dem heißen Stein“, kritisierte der Wirtschaftsrat. Der Wirtschaftsrat fordert eine Roadmap für das Auslaufen des EEGs.
Selbst die minimale Entlastung um 0,25 Cent ab 2021 steht noch unter Vorbehalten. „Die Senkung der EEG-Umlage mit Steuermitteln ist beihilferechtlich problematisch“, warnte Stefan Kapferer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Auch Kapferer propagiert, die Stromsteuer zu senken.
Für den Anstieg der Umlage im kommenden Jahr gibt es verschiedene Ursachen. Als Hauptgrund führen die Übertragungsnetzbetreiber die geplante deutliche Erhöhung der Liquiditätsreserve an. Sie dient der Absicherung von Risiken, die sich aus jahreszeitlich schwankender Stromerzeugung ergeben.
Die Übertragungsnetzbetreiber teilen Altmaiers Einschätzung, dass mit weiteren Anstiegen der EEG-Umlage nicht zu rechnen ist. „Der Gipfel sollte erreicht sein“, sagte Amprion-Geschäftsführer Hans-Jürgen Brick.
Nach Überzeugung des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) muss der Anstieg der Umlage nicht zwangsläufig zu höheren Strompreisen führen. Der Verband empfiehlt Stromverbrauchern, Preise zu vergleichen und gegebenenfalls den Anbieter zu wechseln.
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