Koalition GroKo plant ehrgeiziges Weltraumprogramm

Die Bundesregierung will vor allem Raumfahrtanwendungen wie Erdbeobachten und Navigation fördern.
Berlin Die Große Koalition hat sich auf ihre künftige Raumfahrtstrategie verständigt. Der Schwerpunkt soll auf Raumfahrtanwendungen liegen: Erdbeobachtung, Satelliten-Kommunikation und -Navigation und die dadurch möglichen Dienstleistungen haben Priorität, daneben die Förderung von Hochtechnologien wie Robotik, Künstlicher Intelligenz und Software. Einen entsprechenden Antrag wollen die Fraktionen von Union und SPD an diesem Mittwoch im Bundestag beschließen.
Die Bundesregierung will dazu passend den deutschen Anteil am Budget der Europäischen Raumfahrtagentur ESA umschichten: Weg von Infrastrukturprogrammen wie dem Weltraumbahnhof Kourou, hin zu Anwendungsprogrammen auf Satellitenbasis. Mittelständler sollen gefördert werden, damit sie die kommerzielle Weltraumwirtschaft vorantreiben. Ein weiterer Schwerpunkt soll auf der Forschung liegen. Die teure Rakete Ariane soll weiterentwickelt, dabei aber kostengünstiger werden.
Auf der ESA-Ministerratskonferenz am 27. und 28. November in Sevilla entscheiden die 22 Mitgliedstaaten über Raumfahrtprogramme und Budgets für die nächsten drei Jahre im Umfang von 15 Milliarden Euro.
Die Koalition will sich neben den genannten Schwerpunkten auch an teuren neuen Programmen beteiligen: Das Programm Hera soll dereinst Asteroiden aus ihrer Umlaufbahn bringen, damit sie nicht auf die Erde stürzen. Weltraumschrott will man aus dem All holen. Die Raumstation ISS will Deutschland noch lange finanzieren: Denn ohne sie „kommen wir nie mit Astronauten auf den Mond“, sagte Walther Pelzer, Vorstand des Deutschen Instituts für Luft- und Raumfahrt (DLR), der mit Raumfahrtkoordinator Thomas Jarzombek (CDU) zur ESA-Konferenz reisen wird.
Bei der Mondmission der USA will Deutschland vorn dabei sein und auch die von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angekündigte Robotik-Mission auf dem Mond vorantreiben. Dieses Projekt werde Europa in die erste Reihe der Mondlandenationen bringen, schwärmte Pelzer.
Geld aus unterschiedlichen Töpfen
Die Wirtschaft ist von den ehrgeizigen GroKo-Plänen begeistert – solange sie nicht auf die dafür bereitgestellten Mittel schaut. „Wenn sich die Koalition jetzt festlegt, das jährliche Budget für die ESA einzufrieren, bedeutet dies, dass keine Mittel mehr da sind für neue Programme“, sagte BDI-Raumfahrtexperte Matthias Wachter. Die Mond-Projekte verlangten nach mehr Geld.
Laut dem Antrag von Union und SPD will Deutschland 2020 und 2021 jeweils 855 Millionen Euro an die ESA überweisen, danach jährlich 850 Millionen Euro. Zusätzlich bekommt das nationale Raumfahrtprogramm von 2020 bis 2023 jährlich 297,2 Millionen Euro. Damit werden die Mittel, die zuletzt erhöht worden sind, ab 2020 eingefroren. „Das ist auch ein schlechtes Signal an Frankreich“, sagte Wachter: Bisher hätten Frankreich und Deutschland ähnlich hohe Beträge an die ESA gezahlt, jetzt erhöhe Frankreich, Deutschland aber nicht.
Jarzombek wies die Kritik zurück: Es sei erstens gelungen, geplante Kürzungen zu verhindern. Zweitens werde das Erdbeobachtungsprogramm Copernicus zusätzlich aus Mitteln des Verkehrsministeriums finanziert. Der SPD-Raumfahrtexperte Sören Bartol betonte zudem, dass für das nationale Raumfahrt-Programm steigende Budgets in Aussicht gestellt werden – falls der Haushalt das hergibt. „Die große Stärke des Antrags ist, dass wir inhaltlich eine Raumfahrtstrategie ausformulieren als Koalition. Damit kann man die nächsten Jahre arbeiten“, sagte Bartol.
Mehr: Die Europäische Raumfahrt hat viele Ideen, aber wenig Geld
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.