Bei Meuthen scheint indes selbst einen Wandlungsprozess erfolgt zu sein. Während er früher rechten Bestrebungen in seiner Partei deutlich distanziert gegenüberstand, sucht er heute aktiv die Nähe von Rechtsauslegern wie Gauland oder Höcke. Gegen den Thüringer AfD-Chef läuft ein Parteiausschlussverfahren, das jedoch von Meuthen nicht unterstützt wird. Höcke unterhält enge Beziehungen zu Götz Kubitschek und seiner neu-rechten Denkfabrik, dem „Institut für Staatspolitik“ in Schnellroda in Sachsen-Anhalt.
Schon als Bernd Lucke noch die AfD anführte, stellte sich Meuthen gegen die Absicht, Höcke loszuwerden. „Herr Meuthen ist für mich ein klassischer Schattenboxer“, sage seinerzeit der AfD-Vize und Lucke-Mitstreiter Hans-Olaf Henkel. Nach außen tue er so, als würde er sich gegen den rechtsnationalen Höcke-Flügel stellen, nach innen sei er es gewesen, der die Einstellung des Amtsenthebungsverfahrens gegen Höcke mit betrieben habe. „Er tanzt auf allen Hochzeiten“, sagte Henkel über Meuthen.
So ist Meuthen auch auf regelmäßigen Treffen des ultrarechten „Flügels“ zu Gast, einem informellen, gut organisierten Bündnis von Rechtsnationalen in der AfD. Ins Leben gerufen wurde die Gruppierung im März 2015 von Höcke und Poggenburg. Der „Flügel“ entstand als Reaktion auf die Versuche von Parteigründer Lucke, die Partei klar nach rechts abzugrenzen.
Die „Gründungsurkunde“ des Flügels ist die „Erfurter Resolution“. Darin heißt es, die AfD müsse eine „grundsätzliche, patriotische und demokratische Alternative zu den etablierten Parteien“ und eine „Bewegung unseres Volkes“ gegen „Gesellschaftsexperimente“ wie Gender Mainstreaming und Multikulturalismus sein. Der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke spricht im Zusammenhang mit dem „Flügel“ von einem „völkischen Nationalismus“.
Zu den Erstunterzeichnern der „Erfurter Resolution“ gehört Markus Frohnmaier, der heute für die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel arbeitet. Weitere Unterstützer der ersten Stunde sind der Vorsitzende der Brandenburger AfD, Andreas Kalbitz, und Tillschneider.
Der „Flügel“ und seine Sympathisanten treffen sich einmal pro Jahr vor dem Kyffhäuserdenkmal in Thüringen. So auch in diesem Jahr. Mit dabei: Neben Meuthen und Gauland auch der AfD-Politiker Mandic sowie „Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer und Pegida-Chef Lutz Bachmann.
Mittlerweile schauen denn auch Verfassungsschützer genauer hin. Und stellen Beängstigendes fest: Laut dem Thüringer Verfassungsschutz-Chef Kramer gibt es direkte Kontakte zwischen AfD-Akteuren und Rechtsextremisten. „Einzelne Kenn- und Treffverhältnisse von Rechtsextremisten und Mitgliedern der AfD sind bekannt“, sagte der Verfassungsschützer. „Entscheidend ist die Frage, ob die AfD von solchen Rechtsextremisten möglicherweise unterwandert und dann maßgeblich gesteuert wird.“ Hierfür seien derzeit in Thüringen keine tatsächlichen Anhaltspunkte erkennbar.
„Die Bewertung basiert auf den drei Aspekten Mitgliederstruktur, mögliche Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten sowie programmatische Inhalte und Äußerungen von Parteimitgliedern und bezieht sich ausschließlich auf öffentlich zugängliches Material“, erläuterte Kramer. Die Einschätzung berücksichtige dabei belastende wie entlastende Aspekte.