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Kritik Richterbund stellt sich gegen Justizministerin Lambrecht

Es kommt einem Eklat gleich: Der Deutsche Richterbund wirft der Bundesjustizministerin zumindest indirekt vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu gefährden.
05.03.2021 - 14:37 Uhr 3 Kommentare
Die Verbandsvorsitzenden des Deutschen Richterbunds kritisieren die Bundesjustizministerin scharf. Quelle: dpa
Christine Lambrecht

Die Verbandsvorsitzenden des Deutschen Richterbunds kritisieren die Bundesjustizministerin scharf.

(Foto: dpa)

Berlin, München Im Streit um die politische Besetzung höchstrichterlicher Stellen stellt sich der Deutsche Richterbund öffentlich gegen Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. Der Berufsverband warf der SPD-Politikerin am Freitag vor, den Ruf der Justiz zu gefährden: „Es wirft kein gutes Licht auf die Unabhängigkeit der Justiz, wenn öffentlich der Eindruck entsteht, richterliche Spitzenämter würden in erster Linie nach parteipolitischen Erwägungen besetzt“, sagten die beiden Verbandsvorsitzenden Barbara Stockinger und Joachim Lüblinghoff.

Anlass ist die anstehende Neubesetzung des Präsidiums am Bundesfinanzhof (BFH) in München, dem höchsten deutschen Finanzgericht. Dem Vernehmen nach will Lambrecht zwei Kandidaten auf Präsidenten- und Vizepräsidentenposten befördern, die nach Ansicht von Kritikern parteipolitisch genehm sind, ohne die von Ministerium und Bundesgerichten 2016 vereinbarten Anforderungen zu erfüllen. Offiziell bestätigt ist dies nicht, doch wurden die unterlegenen Bewerber in der vergangenen Woche informiert, dass die Entscheidung gefallen ist.

Als Präsident vorgesehen ist demnach Hans-Josef Thesling, ein Beamter aus dem CDU-geführten nordrhein-westfälischen Justizministerium, und als Vizepräsidentin Anke Morsch, derzeit Präsidentin des saarländischen Finanzgerichts und ehemalige SPD-Staatssekretärin. „Wir sehen das Vorgehen des Bundesjustizministeriums bei der Besetzung der vakanten Spitzenämter am Bundesfinanzhof mit Sorge“, sagten die zwei Richterbunds-Vorsitzenden dazu.

Denn das von Lambrecht außer Kraft gesetzte „Anforderungsprofil“ für Führungspositionen an den Bundesgerichten sieht eine in der Regel fünfjährige Erfahrung am jeweiligen Gericht vor, die sowohl Thesling als auch Morsch fehlt. „Zu kritisieren ist, dass die Bundesjustizministerin etablierte und transparente Verfahrensregeln ohne überzeugenden Grund kurzerhand über Bord geworfen hat“, kritisierte der Richterbund, der nach eigenen Angaben 17 000 der 25 000 Richter und Staatsanwälte vertritt.

Widerspruch gegen eine einseitige Änderung der Anforderungen durch das Ministerium hatten in den vergangenen Monaten auch die Präsidenten der übrigen Bundesgerichte eingelegt. Der Bundesfinanzhof ist seit Monaten führungslos, da die große Koalition die Nachfolge nicht rechtzeitig geklärt hat. Der frühere Präsident Rudolf Mellinghoff wurde im Sommer in den Ruhestand verabschiedet, seine Stellvertreterin Christine Meßbacher-Hönsch im Herbst.

Unter Juristen wird der Streit lebhaft diskutiert - besonders, weil Politiker bis hin zu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier regelmäßig die Bedeutung der unabhängigen Justiz für den Rechtsstaat unterstreichen. Dass Thesling und Morsch in naher Zukunft tatsächlich ernannt werden, gilt unter Fachleuten als eher unwahrscheinlich. Die unterlegenen Bewerber können zunächst Widerspruch einlegen und auch nach einer Amtseinführung klagen.

Mehr: So groß wird die Pensionierungswelle bei Richtern und Staatsanwälten.

  • dpa
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3 Kommentare zu "Kritik: Richterbund stellt sich gegen Justizministerin Lambrecht"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Und die Sozen regen sich über Orban auf. Ist ja zum totlachen.

  • Das ist der Politikspiel a la Merkel und Trump.

    Schade, dass das hier jetzt auch anfängt. Überhaupt dieses Ansinnen ist ein Grund zur Demission .
    Sind wir eine Bananenrepublik - ich beantworte mir die Frage selbst - ja sind wir wohl.

    Statt Leistung zählt Parteienzugehörigkeit.

  • Die Bundesjustizministerin verfährt eigentlich nur so , wie schon immer bei der Besetzung von Spitzenpositionen auch in der Justiz verfahren wurde: nach parteipolitischem Proporz. Man könnte es auch etwas weniger diplomatisch eine Form der "Kungelei" nennen. Nur haben bisher diese Dinge zu wenig öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Das scheint sich jetzt zu ändern, was ich sehr begrüße. Bei der Besetzung von Spitzenpositionen im öffentlichen Dienst und in der Justiz sollte selbstverständlich das Leistungsprinzip gelten (vgl. Art. 33 Abs.2 Grundgesetz). Voraussetzung für dessen Durchsetzung ist ein transparentes Auswahlverfahren, an dem mindestens die Fachöffentlichkeit (einschließlich der Medien) zu beteiligen ist. Es muss Schluss sein mit Hinterzimmer-Entscheidungen, die zwischen den Entscheidungsträgern nach parteipolitischen Interessen in Form eines "Deals" ausgehandelt werden.

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