Lage im Krankenhaus Deutsche Kliniken bereiten sich auf eine Triage vor

Ein Intensivpfleger kümmert sich um einen Patienten. Die Kapazitäten sind bereits jetzt am Limit.
Düsseldorf Die Lage in den Krankenhäusern spitzt sich angesichts der stark steigenden Zahl von Corona-Infizierten dramatisch zu. Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, schlug Alarm. „Wir alle bereiten uns auf eine Triage vor”, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Ärzte versuchten alles, um diese letzte entsetzliche Entscheidung abzuwenden. „Aber angesichts der steigenden Infektionszahlen müssen sich die Kliniken vorbereiten”, sagte Montgomery.
Was ist eine Triage?
Triage bedeutet, dass Mediziner aufgrund von viel zu knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. Der Begriff Triage wird in der Pandemie immer wieder missverstanden: Damit kann eine Priorisierung der Behandlung nach der Schwere von Erkrankungen und Verletzungen gemeint sein.
Im Extremfall bedeutet Triage aber auch eine Entscheidung über Leben und Tod, bei der Patienten, für die wenig Aussicht auf Rettung besteht, erst gar nicht behandelt werden, weil die notwendigen Ressourcen fehlen.
Solche Fälle gab es in Deutschland bisher nicht, weil bis jetzt alle Patienten auf umliegende Krankenhäuser verteilt werden konnten. Doch die Belastung der Kliniken nimmt stark zu und damit kommt die Warnung und Angst vor einer Triage immer näher.
Kann es zu einer Triage kommen?
Ja, das kann passieren. Die Intensivbetten und vor allem die Pflege ist am Limit. Krankenhäuser vielleicht schon bald nicht mehr alle Intensivpatienten aufnehmen können. Schließlich müssten Schlaganfallpatienten, Herzinfarkte, Unfallopfer und auch Tumor-Operationen bei Krebspatienten auch versorgt werden.
„Ich habe insofern große Sorge davor, dass wir in eine Art latente Triage reinkommen. Dass wir dann wirklich genau schauen, wen können wir dann noch in welches Krankenhaus verlegen und wen können wir aufnehmen“, sagte Stefan Kluge, der Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist.
Optionen bei einer Triage: Verlegung von Patienten
Um die Kliniken zu entlasten, bereitet die Bundeswehr ab heute Flüge zur Verlegung von Intensivpatienten vor. Die Luftwaffe hält zwei Flugzeuge für den Hilfseinsatz bereit. Im Rahmen des sogenannten Kleeblatt-Systems sollen Covid-19-Patienten bundesweit verteilt werden können, wenn in einzelnen Regionen der Kollaps von Krankenhäusern droht. Deutschland wird dadurch in fünf Bereiche unterteilt. Niedersachsen zum Beispiel bildet zusammen mit Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern das Kleeblatt Nord.
Vereinzelt wurden am Donnerstag Patienten in andere Bundesländer gebracht, zum Beispiel aus Thüringen nach Niedersachsen. Montgomery geht das nicht weit genug. Er fordert die Verlegung von Kranken ins europäische Ausland: „Die systematische Verlegung von Covid-Patienten ins Ausland muss jetzt eingeleitet werden. Dabei muss auch die Bundeswehr helfen.”
Triage: Das sind die Folgen für Patienten
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, beklagte die Auswirkungen von abgesagten Operationen. Die Folgen für die Patienten jenseits der Pandemie seien ebenso dramatisch wie tragisch. 75 Prozent aller Krankenhausstandorte mit Intensivstationen meldeten heute einen nur noch eingeschränkten Betrieb.
„Konkret heißt das, dass wir wie im Januar 2021 erneut fast jeden dritten Patienten im Regelsystem nicht versorgen können”, schrieb er am Freitag. „Wir werden rund 20 Prozent weniger Darmkrebs-Operationen durchführen und etwa sieben Prozent weniger Operationen bei Frauen mit Brustkrebs”, schrieb Gaß. Die Situation, auf eine Warteliste gesetzt zu werden, sei für jeden einzelnen Krebspatienten psychisch und körperlich schwer zu ertragen.
Besonders viele Fälle unter Kindern und Jugendlichen
Bei den Bürgern stoßen die aktuellen Regelungen zur Corona-Bekämpfung auf ein geteiltes Echo. Laut dem „Deutschlandtrend” für das ARD-„Morgenmagazin” halten 53 Prozent der Bevölkerung das neue Infektionsschutzgesetz ohne die Möglichkeit von Lockdowns, Schulschließungen oder Ausgangssperren für richtig. 40 Prozent finden es der Umfrage zufolge falsch.
Gerade der Aspekt der Schulschließungen könnte noch wichtig werden. Dem Wochenbericht des Robert Koch-Instituts vom Donnerstagabend zufolge kommt es in Schulen wieder deutlich häufiger zu Corona-Ausbrüchen. „Nach einem kurzzeitigen Rückgang während der Herbstferien wird jetzt ein sehr rascher Anstieg beobachtet.”
Deutsche Luftwaffe sichert medizinische Versorgung von Corona-Kranken
Demnach seien zuletzt innerhalb von vier Wochen 1265 Ausbrüche gemeldet worden, hieß es. Die letzten zwei Wochen seien aber noch nicht bewertbar. Jüngere Schüler treffe es im Schnitt öfter als ältere.
Aktuell liege die Zahl der Corona-Ausbrüche in Schulen „sehr deutlich” über dem Höchstniveau der zweiten Welle. Anfang November seien etwa dreimal mehr Ausbrüche pro Woche übermittelt worden als im Vorjahr zu dieser Zeit. „Bei der zugenommenen Ausbruchshäufigkeit spielen vermutlich die leichtere Übertragbarkeit der Delta-Variante und auch die ausgeweiteten Testaktivitäten eine Rolle, wobei Infektionen, auch asymptomatische, frühzeitig erkannt werden.”
In der vierten Corona-Welle entfallen laut RKI besonders viele positive Corona-Nachweise auf Kinder und Jugendliche. So lag die Sieben-Tage-Inzidenz in der Woche bis vergangenen Sonntag bei den 5- bis 9-Jährigen bei 829 und bei den 10- bis 14-Jährigen bei 921. Mehr als doppelt so hoch wie im Bevölkerungsschnitt, der bei 414 lag.
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Die neue afrikanische Virusvariante wird mit Migranten aus Afrika oder den immer mehr Flüchtlingen von diesem Kontinent schon in Deutschland sein.
Ich würde mir keine Illusionen machen.
In einem "Land der Vielen" würde ich für diese sich abschaffende Wissens- u. Wohlstands- gesellschaft in Zukunft noch mit ganz anderen Dingen rechnen.
Wie wäre es mit Reaktivierung der abgebauten Intensivbetten ?