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Langzeitarbeitslose Kommen Langzeitarbeitslose in Privatwirtschaft unter? – FDP-Politiker kritisiert Minister Heil

FDP-Sozialpolitiker Kober hegt Zweifel an Effektivität des Sozialen Arbeitsmarkts. So viele Langzeitarbeitslose wie von Minister Heil angegeben, fassten nicht wirklich in der Privatwirtschaft Fuß.
16.04.2020 - 06:25 Uhr Kommentieren
Der Bundesarbeitsminister posiert mit ehemaligen Langzeitarbeitslosen, die einen Job bei der Bahn gefunden haben. Quelle: Getty Images; Per-Anders Pettersson
Hubertus Heil

Der Bundesarbeitsminister posiert mit ehemaligen Langzeitarbeitslosen, die einen Job bei der Bahn gefunden haben.

(Foto: Getty Images; Per-Anders Pettersson)

Berlin In Corona-Zeiten dürfte es für Menschen, die schon seit vielen Jahren keine Arbeit haben, noch schwerer als gewöhnlich sein, eine berufliche Perspektive zu finden. Denn wenn die Wirtschaft weitgehend ruht, sind auch die seit Anfang 2019 geltenden Förderprogramme kein Anreiz für Arbeitgeber, Langzeitarbeitslosen eine Chance zu geben.

Auch vor Corona sei das Teilhabechancengesetz, mit dem ein Sozialer Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose geschaffen wurde, aber keineswegs so erfolgreich gewesen, wie Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) glauben machen wolle, meint der sozialpolitische Sprecher der FPD-Bundestagsfraktion, Pascal Kober.

Vor allem zweifelt er Heils Aussage an, dass das Gros der geförderten Langzeitarbeitslosen in der Privatwirtschaft untergekommen sein soll – und nicht etwa bei öffentlichen, gemeinnützigen oder kirchlichen Trägern. Dabei beruft er sich auf die Antwort des Arbeitsministeriums auf eine Kleine Anfrage seiner Fraktion.

Stellen Arbeitgeber einen Arbeitslosen ein, der seit mindestens zwei Jahren keinen Job hatte, können sie sich seit Anfang vergangenen Jahres im ersten Jahr 75 und im zweiten Jahr 50 Prozent der Lohnkosten vom Staat erstatten lassen. Noch großzügiger fällt die maximal fünfjährige Förderung für Arbeitslose aus, die seit mehr als sechs Jahren Hartz-IV-Leistungen beziehen. Arbeitgeber erhalten hier in den ersten zwei Jahren den Lohn komplett erstattet, in den Folgejahren verringert sich der Zuschuss um jeweils zehn Prozent.

Damit die Langzeitarbeitslosen beruflich wieder Fuß fassen können, werden sie von Coaches unterstützt. Außerdem übernimmt der Steuerzahler die Kosten für Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen. Arbeitsminister Heil hatte Anfang des Jahres eine positive Zwischenbilanz gezogen.

Mit den beiden Instrumenten seien bis Ende 2019 insgesamt rund 42.000 Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit geholt worden, von denen etwa 34.000 schon länger als sechs Jahre ohne Job gewesen seien. Bis März ist die Teilnehmerzahl nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) auf insgesamt knapp 48.000 weiter angestiegen.

Bei seiner Zwischenbilanz hatte Heil sich erfreut gezeigt, dass fast drei Viertel der geförderten Arbeitsplätze auf den privaten Sektor entfallen. 19 Prozent seien bei öffentlichen und sieben Prozent bei kirchlichen Arbeitgebern entstanden. So hat es eine Erhebung unter 600 Arbeitgebern ergeben, die vom Zentrum für Kunden- und Mitarbeiterbefragung (ZKM) der BA im vierten Quartal 2019 befragt wurden.

Keine trennscharfe Unterscheidung

Doch diese Zahlen hält Kober nicht für stichhaltig. Denn wie aus der Antwort von Heils Staatssekretärin Anette Kramme auf die Kleine Anfrage hervorgeht, werden zum privaten Sektor sowohl privatwirtschaftliche Arbeitgeber mit Gewinnerzielungsabsicht gezählt als auch Arbeitgeber, die wohltätige Zwecke oder gemeinwohlorientierte Tätigkeiten ausüben. Hierzu zählt beispielsweise auch ein eingetragener Verein von Privatpersonen.

Kober kritisiert, dass hier nicht trennscharf unterschieden wird. So dränge sich der Verdacht auf, dass ein großer Teil der dem Privatsektor zugeordneten Langzeitarbeitslosen eben doch bei gemeinnützigen Organisationen wie beispielsweise der Awo untergekommen sei.

Bestätigt sieht sich der FDP-Politiker durch eine im Sommer 2019 durchgeführte Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) unter Gewerkschaftsvertretern in den Jobcenter-Beiräten. Damals gaben 40 Prozent der Befragten an, dass in ihrer Region höchstens zehn Prozent der geförderten Arbeitsplätze bei privaten Arbeitgebern angesiedelt sind.

„Für eine faire Bewertung und Evaluation des Programms ist es entscheidend zu wissen, welche Arbeitserfahrungen die Teilnehmer während des Programmes machen“, sagte Kober dem Handelsblatt. Diese seien schon dem gesunden Menschenverstand nach bei Arbeitgebern mit Gewinnerzielungsabsicht andere als bei gemeinnützigen Arbeitgebern, die wohltätige Zwecke verfolgen.

„Die alltäglichen Anforderungen an den zu Qualifizierenden sind in einem Supermarkt andere als in einem Eine-Welt-Laden, der von einem ehrenamtlichen Verein getragen wird und gemeinnützige und wohltätige Zwecke verfolgt“, betont der FDP-Politiker.

Die Antwort des Arbeitsministeriums, dass eine trennscharfe Unterscheidung nicht möglich sei, hält Kober für wenig plausibel. Das Jobcenter kenne die Adresse und die Kontonummer des Arbeitgebers, um den Lohnkostenzuschuss überweisen zu können. Deshalb sei die Aussage unglaubwürdig, man könne nicht wissen, ob sich hinter dem geförderten Arbeitgeber ein gemeinnütziger Verein oder ein Handwerksbetrieb verberge.

„Hier wird man den Eindruck nicht los, dass Daten bewusst nicht erhoben werden, damit der Erfolg nicht messbar ist“, sagt Kober. Arbeitsminister Heil habe es versäumt, die Weichen für das Förderprogramm richtig zu stellen. So wären von Anfang an mehr Betriebsakquisiteure in den Jobcentern nötig gewesen, die gezielt Unternehmen aus der freien Wirtschaft ansprechen. „So hätten sich auch mehr normale Arbeitgeber für das Programm gewinnen lassen und diese Rosstäuschermethoden wären nicht nötig gewesen“, kritisiert der Liberale.

Mehr: Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie gefallen. Im März waren bundesweit rund 2,3 Millionen Menschen ohne Job.

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