Linksbündnis „Wirtschaftlicher Albtraum“: Worauf sich Olaf Scholz mit der Linkspartei einlassen würde

SPD-Kandidat Olaf Scholz schließt eine Koalition mit der Linkspartei nicht explizit aus.
Berlin Eine rot-rot-grüne Koalition ist Umfragen zufolge eine von mehreren Machtoptionen für SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Die Linke hat bereits den Willen bekräftigt, nach der Bundestagswahl mitzuregieren. Ob es dazu kommt, ist fraglich. Doch Scholz schließt eine Koalition mit der Linkspartei nicht explizit aus.
In der Wirtschaft stößt der Vizekanzler und Finanzminister damit auf großes Unverständnis. „Das weckt schlimmste Befürchtungen“, sagt etwa Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Verbands „Die Familienunternehmer“. „Der sozialistische Traum einer linken Regierungsdominanz hat sich von Kuba bis Venezuela stets als wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Albtraum entpuppt.“
Was Eben-Worlée besonders besorgt: Die Linke wolle eine „komplett andere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung“. „Privateigentum oder freiheitliches und selbstverantwortliches Handeln des Einzelnen sind für sie ein Graus.“
Das Szenario, das Eben-Worlée beschreibt, kommt nicht von ungefähr. Ein Blick in das Wahlprogramm der Linken zeigt: Die Partei will ein komplett anderes Wirtschaftssystem.
Für Anhänger der Sozialen Marktwirtschaft dürfte sich das Wahlprogramm der Linkspartei teilweise wie ein Dokument des Schreckens lesen, erinnern manche Passagen doch an die Zeit vor dem Mauerfall, an die VEB, die volkseigenen Betriebe, an denen die DDR gescheitert ist.
Schlüsselindustrien vergesellschaften
„Die Linke kämpft dafür, Unternehmen der Daseinsvorsorge, Banken und Versicherungen, Energiekonzerne, Unternehmen der Pharma- und medizinischen Industrie, der Post, der Telekommunikationsinfrastruktur sowie weiterer Schlüsselindustrien in öffentliche (oder genossenschaftliche) Hand und in gesellschaftliche Eigentumsformen zu überführen“, heißt es in dem fast 170 Seiten langen Programm mit dem Titel „Zeit zu handeln: Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit“. Auch die großen Stromkonzerne sollen entmachtet und in öffentliches Eigentum überführt werden.
Was die Linke anstrebt, klingt schon im Parteiprogramm an: Sie will einen „Systemwechsel“. Ziel ist es, das derzeitige Wirtschafts- und Gesellschaftssystem durch einen „demokratischen Sozialismus“ zu ersetzen.
Für die Partei ist das nicht nur ein theoretisches Gedankenspiel. „Wir wollen eine grundsätzlich andere Gesellschaft“, erklärte im vergangenen Jahr die heutige Vizevorsitzende und Spitzenkandidatin der Linken, Janine Wissler.
Co-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch beschreibt die Pläne zwar in freundlichen Worten als „Idee einer solidarischen und sozial gerechten Welt“, das radikale Programm trägt aber auch er mit.
Neben dem Systemwechsel gibt es auch eine Reihe von Forderungen, die zwar nicht auf einen Systemwechsel hinauslaufen, aber aus Sicht der Wirtschaft zu enormen Belastungen führen würden.
Vermögensabgabe, Vier-Tage-Arbeitswoche, mehr Urlaub
Im Wahlprogramm spricht sich die Linke für eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der Corona-Kosten ab einem Nettovermögen von zwei Millionen Euro, eine Vier-Tage-Arbeitswoche bei vollem Lohnausgleich und eine Anhebung des Urlaubsanspruchs von 24 auf 36 Tage aus.
Zudem plädiert die Partei für einen Mindestlohn von 13 Euro (jetzt 9,50 Euro), eine Mindestrente von 1200 Euro, einen Mietendeckel in ganz Deutschland, 500 Euro mehr Grundgehalt in der Pflege und ein Nachholen von Feiertagen, die auf ein Wochenende fallen.
Der Linken schweben eine „gute öffentliche Versorgung“ und ein Sozialstaat vor, „der alle Menschen sicher vor Armut schützt“. Wie das finanziert werden soll? Spitzenvertreter der Partei machten deutlich, dass es vor allem um eine „Umverteilung von oben nach unten“ geht.
Zur Finanzierung ihrer Politik will die Partei neben der Vermögensabgabe hohe Einkommen und Unternehmen stärker besteuern und auch die Vermögensteuer wieder einführen. Greifen soll diese für Vermögen ab einer Million Euro.
Mit milliardenschweren staatlichen Investitionsprogrammen soll der Umbau der Wirtschaft so gestaltet werden, dass Jobs und Löhne sicher bleiben. Öffentliche Verkehrsmittel will die Linke langfristig für alle kostenlos machen und Kurzstreckenflüge bis 500 Kilometer verbieten.
Auflösung der Nato
In der Außen- und Sicherheitspolitik bleibt die Partei bei ihrer strikten Linie: Abzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen und keine neuen Einsätze, Auflösung der Nato und Ersetzung „durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands“, Stopp und Verbot von Rüstungsexporten, Abschaffung von Geheimdiensten. Diese Themen gelten für etwaige Koalitionsverhandlungen mit Grünen und SPD als Knackpunkte.
Darauf deuten Äußerungen von Scholz hin, der in der ersten großen Fernsehdebatte der Kanzlerkandidaten am Sonntag Bedingungen für alle potenziellen Koalitionspartner formulierte, etwa ein klares Bekenntnis zur Mitgliedschaft in Nato und EU.
Die Linke beeindruckt das wenig. „Außenpolitisch muss ich sagen, dass die SPD nach dem Scheitern in Afghanistan nun wirklich nicht in der Position ist, Bekenntnisse einzufordern“, sagte Wissler. „Eher wäre da kritische Selbstreflexion angebracht.“
Börsenspezialist Saurenz: „Rot-Rot-Grün wird den Investoren nicht gefallen“
Was bisher keine Rolle in der Linksbündnis-Debatte gespielt hat, ist der Umstand, dass Wissler bis zu ihrer Kandidatur für den Linkenvorsitz der Gruppe „Marx21“ angehört hat. Die Gruppierung steht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.
„Marx21 strebt danach, dass die Partei Die Linke aktiver Teil und Motor außerparlamentarischer Bewegungen ist“ und will „Die Linke zu einem Instrument für den Klassenkampf entwickeln“, heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht. Im Visier der Geheimdienstler sind noch drei weitere Gruppierungen, die den „extremistischen Strukturen“ der Linkspartei zugeordnet werden.
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Danke an das Handelsblatt, es wird endlich mal Zeit, dass jemand schreibt, worum es wirklich bei der Wahl geht. Uns droht der Rückfall in den DDR-Sozialismus durch die Neomarxisten bei den Linken (SED).
An "Hella & Co" wie sieht es den mit der Neutralität bei FR, und SZ aus?
Es ist völlig normal, dass eine freie Zeitung eine eigene Meinung vertritt.
Allerdings nicht normal ist, dass eine durch ein durch eine Zwangsabgabe finanzierter öffentlicher Rundfunk Wahlkampfwerbung für die Linken macht !!!
H. Meier,
Glauben Sie denn allen Ernstes an einen demokratischen Kapitalismus?
Wie und wo soll dies funktionieren?.
Sie vertreten doch eindeutig eine Plutokratie in allen Facetten ohne wenn und aber.
Soviel Ehrlichkeit sollt man erwarten dürfen.
Beim Thema Sozialismus / Vergesellschaft sollte eine Zeitung wie das Handelsblatt nicht neutral sein. Darum ist diese Art von "Wahlkampf-Engagement" des Handelsblatts auch höchst wünschenswert. Das Gequatsche von demokratischem Sozialismus ist doch unerträglich. Es gibt keinen demokratischen Sozialismus. Sämtliche sozialistischen / kommunistischen Experimente endeten in einer brutalen Diktatur und die linken Diktaturen standen ihren Pendants auf der rechten Seite hinsichtlich ihrer Brutalität in nichts nach. Und wenn eine Trotzkistin mittlerweile von demokratischen Parteien für koalitionsfähig gehalten wird, dann muss man klar Stellung beziehen.
Die Spekulationen schießen ins Kraut. So soll wohl der Wahlkampf angeheizt werden.
Es ist gerade mal 30 Jahre her, dass ein sozialistisches Deutschland wirtschaftlich krachend gescheitert ist.
Außerdem haben wir es mit einer äußerst schwerfälligen Bürokratie zu tun, woran die Umsetzung von politischen Vorhaben bekanntlich regelmäßig scheitert oder ein Vorhaben konterkariert wird. Vom Widerstand der Rentnergeneration, wenn es um ihr Häuschen oder sauer Erspartes geht ganz zu schweigen. Und noch haben wir eine relativ unabhängige Justiz. Warum können die "Rezepte" der Parteien nicht neutral und sachlich vorgestellt werden? Die Suppe müssen nachher eh alle auslöffeln.
Sorry, zu früh abgeschickt:
tut gut daran, darauf auch deutlich hinzuweisen. Das erwarte ich als Abonnent einer solchen Zeitung, zumal der Mainstream der deutschen Medien ohnehin stark dem linken Meinungsspektrum zugeneigt ist .
Man darf selbstverständlich unsere Wirtschaftsordnung grundlegend in Frage stellen und zum Beispiel die Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien fordern . Das Grundgesetz steht dem nicht entgegen(s. Art 15 GG). Aber es drängt sich doch die Frage, wohin das eigentlich führen soll. Die Antworten scheint mir klar zu sein: Deutschland würde sich aus dem Kreis der kapitalistischen westlichen Staaten verabschieden , aus der EU ausscheiden(denn die fordert von all ihren Mitgliedern eine Markwirtschaft, die wiederum als wesentliches Element das Privateigentum an Produktionsmitteln einschließt) und am Ende dieser Entwicklung fühlbar an Wohlstand einbüßen. Sämtliche sozialistischen Wirtschaftsmodelle sind bisher in der Realität krachend gescheitert. Dazu muss man nicht einmal so krasse Beispiele wie Kuba oder Venezuela bemühen , sondern könnte auch auf die Anfangsjahre von Francois Mitterand als französischer Staatspräsident zu Beginn der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts schauen: Mit Hilfe der damals noch relativ starken Kommunisten wollte er eine Verstaatlichung großer Konzerne in Frankreich durchsetzen und fing mit den Banken an. Das ganze Experiment scheiterte kläglich nach wenigen Jahren. Mitterand musste seinen Kurs ändern .
Eine Wirtschafts-und Finanzzeitung wie das Handelsblatt tut gut daran,
Man darf selbstverständlich unsere Wirtschaftsordnung grundlegend in Frage stellen und zum Beispiel die Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien fordern . Das Grundgesetz steht dem nicht entgegen(s. Art 15 GG). Aber es drängt sich doch die Frage, wohin das eigentlich führen soll. Die Antworten scheint mir klar zu sein: Deutschland würde sich aus dem Kreis der kapitalistischen westlichen Staaten verabschieden , aus der EU ausscheiden(denn die fordert von all ihren Mitgliedern eine Markwirtschaft, die wiederum als wesentliches Element das Privateigentum an Produktionsmitteln einschließt) und am Ende dieser Entwicklung fühlbar an Wohlstand einbüßen. Sämtliche sozialistischen Wirtschaftsmodelle sind bisher in der Realität krachend gescheitert. Dazu muss man nicht einmal so krasse Beispiele wie Kuba oder Venezuela bemühen , sondern könnte auch auf die Anfangsjahre von Francois Mitterand als französischer Staatspräsident zu Beginn der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts schauen: Mit Hilfe der damals noch relativ starken Kommunisten wollte er eine Verstaatlichung großer Konzerne in Frankreich durchsetzen und fing mit den Banken an. Das ganze Experiment scheiterte kläglich nach wenigen Jahren. Mitterand musste seinen Kurs ändern .
Eine Wirtschafts-und Finanzzeitung wie das Handelsblatt tut gut daran,
Frau Heidel, Herr Pella volle Zustimmung.
Denn alle (auch das HB) müssen sich den Veränderungen stellen.
Das es auch anders geht sieht man beim Projekt von Gabor Steingart.
Herr Pella, uneingeschränkte Zustimmung. Das Wahlkampf-Engagement des HB nervt langsam.
Wie heißt es so schön: "Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird". Also nur keine Panik.
Dass ein Olaf Scholz wegen einer Partei, deren Stimmenanteil gerade einmal zwischen 6%-8% liegt, einen Sozialismus á la Kuba oder Venezuela einführt, scheint mir völlig ausgeschlossen.