Lobbyist im Fall Tengelmann/Edeka Der effiziente Herr Joos

Gut vernetzt.
Berlin Katharina Dröge wollte es ganz genau wissen. Die Bundestagsabgeordnete der Grünen hakte in ihrer Anfrage an die Bundesregierung nach, um herauszufinden, wie oft der Lobbyist Klemens Joos im Zusammenhang mit dem Ministererlaubnisverfahren Edeka/Tengelmann Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel persönlich getroffen hat.
In der Antwort von Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Sontowski aus der vergangenen Woche heißt es, im Zeitraum des Verfahrens zur Ministererlaubnis habe es „ein Zusammentreffen mit Herrn Joos am 20. Juni 2016 gegeben“. In den vergangenen drei Jahren habe es noch zwei weitere persönliche Treffen des Ministers mit Joos gegeben, und zwar am 31. Oktober 2014 und am 23. April 2015. Dabei sei es um unterschiedliche Themen gegangen, etwa „Pressefusionsfragen, Telekommunikation, Energiepolitik“. Soweit das Thema Edeka/Tengelmann überhaupt in diesen Treffen n angesprochen worden sei, habe Gabriel Joos „ebenso wie die vielen anderen Fragesteller aus dem Deutschen Bundestag, den Ländern, Medien und Wirtschaftsverbänden auf das laufende Verfahren verwiesen“.
Das klingt so bürokratisch wie lebensfremd. Gabriel und Joos kennen sich seit vielen Jahren, Insider schreiben dem von Edeka beauftragten Joos eine wichtige Rolle im Ministererlaubnisverfahren zu. Das Handelsblatt hatte bereits vor Wochen berichtet, es habe eine Weisung der Ministeriumsspitze gegeben, wonach Beamte des Wirtschaftsministeriums den Edeka-Lobbyisten Joos laufend über den aktuellen Stand des Ministererlaubnisverfahrens hätten informieren müssen.
Gabriel reagierte empfindlich auf diese Darstellung. Auf einer Pressekonferenz am 13. Juli sagte er, er habe nie eine entsprechende Weisung erteilt. Und weiter sagte Gabriel: „Weder Herr Joos noch sonst ein Lobbyist hat Einfluss auf unsere Entscheidung gehabt.“
Joos selbst äußert sich nicht
Soll das Wirken von Klemens Joos in Sachen Edeka/Tengelmann also wirkliche erfolglos geblieben sein? Joos selbst sagt dazu nichts. Auf Anfrage des Handelsblatts wollte er sich nicht zu den Vorgängen um die Fusion äußern. Auch nicht zu seinen Verbindungen ins Bundeswirtschaftsministerium.
Wer ist Klemens Joos? Nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ vom April 2015 setzte Edeka-Chef Markus Mosa die Agentur Eutop (Slogan: „Ihr Partner für Governmental Relations“) zur Verstärkung der Lobby-Arbeit ein. Eutops geschäftsführender Gesellschafter ist Joos. Der „Spiegel“ bezeichnete ihn schon 2010 als „schillernden Lobbyisten“. Der einstige CSU-Abgeordnete gilt als bestens vernetzt in allen Parteien. Im Aufsichtsrat eines seiner Unternehmen saß zeitweise auch der ehemalige Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye (SPD). Heute sind in leitenden Funktionen bei Eutop drei frühere Spitzenbeamte tätig.
Dazu zählt der parteilose Detlef Dauke, der bei Eutop offiziell für den Aufbau der Frankfurter Finanzsparte zuständig ist. Dauke war ein enger Mitarbeiter des früheren Bundeswirtschaftsministers Michael Glos (CSU) und arbeitete später als Abteilungsleiter unter den Ministern Rösler, Brüderle und Gabriel. Ein Insider berichtet, Dauke gehe im Bundeswirtschaftsministerium noch immer ein und aus. Ob Dauke – der als Abteilungsleiter lange für Energie zuständig war, später für Innovation und Digitales – bei seinen Besuchen im Ministerium nur Finanzthemen bespricht, weiß der Insider nicht.
Joos’ Spezialität: Sogenannte „Engelchen“
Was aber sicher ist: Dauke verfügt über exzellente Kontakte zu hohen Beamten des Hauses. Auch heute sind Dauke Energiethemen noch eine Herzensangelegenheit. Deshalb sah man ihn kürzlich beim großen Jahrestreffen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft. Vermittelnd tätig war er auch, als sich zwei tschechische Unternehmen für den Kauf der Vattenfall-Braunkohlesparte interessierten.
Ein weiterer früherer Spitzenbeamter bei Eutop ist Stephane Beemelmans. Sein Weg führte ihn vom Kanzleramt ins Bundesinnenministerium, zuletzt war er Staatssekretär unter dem früheren Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière. Bei Joos ist er Geschäftsführer der Eutop Berlin GmbH. In der Geschäftsführung findet sich auch der ehemalige Botschafter Deutschlands bei der Ständigen Vertretung in Brüssel, Guido Peruzzo. Er könnte die SPD-Seite abdecken.
Das Pikante ist: Das Ministerium musste sowohl bei Peruzzo als auch bei Dauke Unbedenklichkeitserklärungen abgeben, da sie vor Ablauf von fünf Jahren nach ihrer Beendigung des Beamtenverhältnisses bei Eutop anfingen. Nach Paragraf 105 Bundesbeamtengesetz ist „die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung zu untersagen, soweit zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden“. Im Bundeswirtschaftsministerium fragen sich jetzt einige, warum der Seitenwechsel so schnell erlaubt wurde. „Bei Dauke hat man es offensichtlich geschickter gemacht, da er offiziell den Arbeitsbereich Finanzen angibt, den er nie als Beamter bearbeitet hat“, meint ein Insider.
Branchenkenner berichten zudem, Joos’ Spezialität seien seine sogenannten „Engelchen“. Von rund 60 Personen ist die Rede. Man hört, die „Engelchen“ seien ehemalige Beamte, die ihr Netzwerk benutzten, um Einblick in Gesetzgebungsverfahren zu erlangen. In dringenden Fällen fasse Joos auch selbst bei einzelnen Beamten nach. Die Konkurrenz räumt ein, Joos und seine Leute hätten eine hohe Erfolgsquote.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.