Löhne und Gehälter Nullrunde für Beschäftigte: Inflation zehrt Tariflohnsteigerungen auf

Die Gewerkschaften fordern eine materielle Anerkennung für das in der Coronakrise Geleistete.
Berlin Die anziehenden Verbraucherpreise fressen die jüngsten Tariflohnsteigerungen auf, die wegen der Coronakrise moderat waren. Nach den bisher vorliegenden Abschlüssen steigen die Tarifverdienste im laufenden Jahr durchschnittlich um 1,6 Prozent, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung berechnet hat.
Erstmals seit zehn Jahren fällt die um die Preissteigerung bereinigte reale Tariflohnentwicklung mit einem Minus von 0,2 Prozent sogar negativ aus. „Nachdem die Tariflöhne in den Jahren 2018 und 2019 mit Zuwächsen von 3,0 beziehungsweise 2,9 Prozent relativ kräftig angestiegen waren, standen die Tarifauseinandersetzungen seit Frühjahr 2020 ganz im Zeichen der Coronakrise“, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten.
Das Institut hat in seine Analyse die im ersten Halbjahr abgeschlossenen Tarifverträge einbezogen und kommt so auf eine Tarifsteigerung von 1,1 Prozent. Nimmt man auch die Tariferhöhungen aus früheren Abschlüssen hinzu, die in diesem Jahr wirksam wurden, ergibt sich eine Tariferhöhung von durchschnittlich 1,6 Prozent.
In den ersten sechs Monaten wurden unter anderem Abschlüsse in der Metall- und Elektroindustrie, bei Volkswagen, in der Eisen- und Stahlindustrie oder in der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie erzielt. Wegen der schwierigen Wirtschaftslage aufgrund der Pandemie sahen etliche Abschlüsse Monate ohne Lohnsteigerung vor.
Lohnzurückhaltung wegen der Corona-Pandemie
In der Metall- und Elektroindustrie beispielsweise gibt es für dieses Jahr nur 500 Euro „Corona-Prämie“, während eine dauerhafte Entgelterhöhung erst im Februar 2022 fällig wird. Allerdings läuft noch eine Reihe größerer Tarifrunden, etwa im Einzelhandel, im Baugewerbe und bei den Banken. Ab September starten auch noch die Verhandlungen für die Beschäftigten der Länder.
Es gehe also gerade um solche Branchen, in denen die Pandemie den Beschäftigten ganz besondere Leistungen abverlangt habe, für die diese nun eine materielle Entschädigung verlangten. „Es ist deshalb gut möglich, dass am Ende des Jahres die Zwischenbilanz für 2021 noch etwas nach oben korrigiert werden kann“, sagt Schulten.
Dass für die Beschäftigten unter dem Strich wenig bis nichts übrig bleibt, hat aber nicht nur mit der Lohnzurückhaltung zu tun, sondern auch mit den anziehenden Preisen. Vor allem der Anstieg der Rohstoff- und Energiepreise, aber auch die Rückkehr zu den normalen Mehrwertsteuersätzen – sie waren zeitweise abgesenkt worden, um Kaufanreize zu setzen – wirken hier als treibende Faktoren. In den zurückliegenden 20 Jahren waren die Tariflöhne nur 2006, 2007 und 2011 langsamer gestiegen als die Preise.
Darauf dass die Inflation zunehmend die Lohnsteigerungen auffrisst, deutet auch der vierteljährliche Tariflohnindex des Statistischen Bundesamts hin. Demnach sind die Tarifverdienste in den ersten drei Monaten dieses Jahres um durchschnittlich 1,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gestiegen. Die Verbraucherpreise legten im gleichen Zeitraum ebenfalls um 1,3 Prozent zu.
Mehr: Gerechtfertigte Warnungen oder „übliche Paranoia“? Ökonomen streiten über die Inflationsgefahr
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Warum so eine kleine Titelzeile im HB?
Nullrunde für Beschäftigte in Deutschland ist doch auch nichts Neues.
Hauptsache die Einkommen von Politikern und Beamten sind davon nicht betroffen.
Spruch: Der Fisch stinkt v. Kopf her.