Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Lohn Immer mehr Arbeitnehmer zahlen Spitzensteuersatz

Mehr als 3,5 Millionen Bürger zahlen hierzulande den für Topverdiener gedachten Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Dabei bekommen sie kaum mehr Lohn als der Durchschnitt.
20.01.2020 Update: 20.01.2020 - 13:30 Uhr 3 Kommentare
Gehalt: Immer mehr Arbeitnehmer zahlen Spitzensteuersatz Quelle: dpa
Steuerzahler

Etwa die Hälfte der Spitzensteuersatz-Zahler verdiente dem Bericht zufolge nicht mehr als 5000 bis 7000 Euro brutto im Monat.

(Foto: dpa)

Berlin Jedes Jahr sind mehr Steuerzahler vom Spitzensteuersatz betroffen, der eigentlich für Topverdiener gedacht ist. Doch aufgrund der Inflation gelten Sie immer weniger als wirkliche Spitzenverdiener. Im bisher letzten abgeschlossenen Finanzjahr 2015 betraf dies mehr als jeden zwölften Steuerzahler – mehr als 3,5 Millionen Bürger, wie aus der Regierungsantwort auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht, über die die „Süddeutsche Zeitung“ zuerst berichtete.

Für 2018 schätzt die Bundesregierung die Zahl der Spitzensteuersatz-Zahler auf 4,1 Millionen, endgültige Daten liegen noch nicht vor. Der Spitzensteuersatz liegt derzeit bei 42 Prozent und fällt ab rund 56.000 Euro zu versteuerndem Einkommen im Jahr an.

Das Handelsblatt hatte bereits vor einer Woche über die steigende Zahl von Steuerzahlern, die vom Spitzensatz betroffen sind, berichtet. Nach einer Übersicht des Bundesfinanzministeriums mussten 2019 rund 3,05 Millionen Steuerpflichtige den Spitzensteuersatz zahlen. Bei dieser Berechnung werden Ehepaare, die gemeinsam veranlagt werden, als ein Steuerpflichtiger gezählt. Die neue Schätzung, über die nun berichtet wurde, zählt hingegen jede Person einzeln. Deshalb ist die Zahl höher.

Erst für die ganz Reichen fällt wieder mehr Steuer an, die sogenannte Reichensteuer. Das bedeutet: Alles, was über einem Jahresverdienst von 260.533 Euro liegt, wird mit drei Prozentpunkten mehr als dem Spitzensteuersatz besteuert – nämlich 45 Prozent Einkommensteuer.

Für Ehepaare gilt der doppelte Wert – also 109.900 Euro –, bevor der Spitzensteuersatz zur Anwendung kommt, wie es bei der Vereinigten Lohnsteuerhilfe heißt.

Etwa die Hälfte der Spitzensteuersatz-Zahler verdiente dem Bericht zufolge nicht mehr als 5000 bis 7000 Euro brutto im Monat – etwa das eineinhalbfache des Durchschnittslohns. Im Jahr 1965 dagegen habe man noch das 15-Fache des Durchschnittslohns verdienen müssen, um unter den Spitzensatz zu fallen.

Niedrigster Spitzensteuersatz seit je

42 Prozent sind übrigens der niedrigste Spitzensteuersatz, den Deutschland je hatte. Ende der 1950er-Jahre lag der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent. Seinen höchsten Wert hatte er zwischen 1975 und 1989 mit 56 Prozent. Seither ist der Spitzensteuersatz immer wieder gesenkt worden, und seit der Einführung der Reichensteuer im Jahr 2007 liegt der Spitzensteuersatz konstant bei 42 Prozent beziehungsweise 45 Prozent für Einkünfte, die über die Grenze des Spitzensteuersatzes hinausgehen.

Deutschland liegt mit seinem Spitzensteuersatz von 42 Prozent im EU-Vergleich eher im unteren Bereich. Der höchste Spitzensteuersatz im EU-Vergleich gilt laut EU-Statistikbehörde Eurostat in Schweden: Die Höchstabgabe auf Einkommen liegt in dem skandinavischen Land bei über 55 Prozent.

Angesichts der Überschüsse im Bundeshaushalt ist eine Debatte über Steuersenkungen entbrannt. „Wir brauchen eine große Steuerreform, die kleine und mittlere Einkommen besserstellt“, forderte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. Wer weniger als 7100 Euro brutto im Monat verdiene, solle weniger zahlen. „Wer mehr hat, zahlt mehr und finanziert die Entlastungen.“

Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz zeigte sich kürzlich offen für einen höheren Spitzensteuersatz für Topverdiener. Einer moderaten Erhöhung des Spitzensteuersatzes für sehr hohe Einkommen würde er sich nicht widersetzen, „wenn im Gegenzug die Mittelschicht entlastet wird“, sagte Merz dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Aus Sicht des neuen SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans sei es bei Spitzenverdienern angemessen, wenn der Staat knapp die Hälfte ihres Einkommens einbehielte.

Der Bund der Steuerzahler plädiert dafür, die Grenze für den Spitzensteuersatz auf 80.000 Euro Jahreseinkommen anzuheben. (Mit Agenturmaterial)

Mehr: Kommentar: Der Spitzensteuersatz trifft mittlerweile zu viele – und nicht mehr nur die Spitzenverdiener. So könnte die GroKo mit einer großen Steuerreform noch mal Großes vollbringen.

Startseite
Mehr zu: Lohn - Immer mehr Arbeitnehmer zahlen Spitzensteuersatz
3 Kommentare zu "Lohn: Immer mehr Arbeitnehmer zahlen Spitzensteuersatz"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Na bitte. Deutschland hat so viele Spitzenverdiener, die können stolz sein dass sie den Höchststeuersatz zahlen dürfen. Oder etwa nicht? Die Frage ist, was bleibt übrig vom Gehalt undwofür wird das Geld ausgegeben? ist die Infrastruktur in Ordnung, ist dem Staat die Bildung wichtig, was bedeutet Solidarität? In diesem Land haben die, die gar nichts haben und die extrem Reichen ein gutes Leben. Die einen bekommen alles finanziert, die anderen können Steuerabschreibungen nutzen. Dumm dran sind die, die eigentlich ganz gut verdienen und den Laden hier am Laufen halten. Diese kassiert der Staat gnadenlos ab.
    Und wehe, es wird eine Erleichterung diskutiert. Da kommen dann wieder Argumente, dass die alleinerziehende Hartz IV Mutter nicht in den Genuss dieser Erleichterung kommt. etc. Und deren Kinder natürlich auch nicht.


  • Mitte der 60er Jahre mußte man das 19-fache des Durchschnittseinkommens verdienen, um den Spitzensteuersatz zu bezahlen. Auf heutige Verhältnisse umgerechnet wären das knapp 960.000€

    Hallo Herr Scholz, haben Sie das verstanden? Das ist die Zielmarke bei der nächsten 'Reform'!

  • An diesem Beispiel wird sehr deutlich wie wenig "solide" die Haushaltspolitik in Wirklichkeit ist. Hier wurde nicht solide gewirtschaftet, sondern einfach die automatischen Steuererhöhungsmechanismen laufen gelassen, das Geschenk der EZB angenommen und die Unfähigkeit Projekt zum Laufen zu bringen als Sparsamkeit definiert. (während man bei den Grenzen der Sozialsysteme die Höchstbeträge zur Einkommensmaximierung natürlich konsequent angepasst hat) Es ist an der der Zeit, diesen schleichenden Weg in den Sozialismus durch eine immer höhere Staatsquote zu beenden und das Steuer- und Sozialsystem wieder so auszurichten, dass die arbeitende Mittelschicht wieder mehr von ihrer Leistung hat. Dabei ist die Höhe des Spitzensteuersatzes sekundär, sondern es ist wesentlich, dass sich Leistung und Nichtleistung wieder stärker voneinander unterscheiden, sonst kommt das System ins Rutschen. Die Auswanderungszahlen qualifizierter Menschen steigen nicht umsonst an.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%