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Menschenrechte EU-Parlament bereitet ein Lieferkettengesetz vor, das Wirtschaftsminister Altmaier nicht gefallen dürfte

Die Bundesregierung hat sich kürzlich auf ein Lieferkettengesetz geeinigt. Nun will die EU mit einem eigenen Konzept nachlegen, das deutlich weiter geht als der deutsche Kompromiss.
10.03.2021 - 17:48 Uhr Kommentieren
Die EU-Kommission will ihren Entwurf für ein Lieferkettengesetz noch vor der Sommerpause präsentieren. Quelle: dpa
Modeproduktion in Bangladesch

Die EU-Kommission will ihren Entwurf für ein Lieferkettengesetz noch vor der Sommerpause präsentieren.

(Foto: dpa)

Brüssel Welche Verantwortung haben Unternehmen für die Umstände, unter denen ihre Vorprodukte hergestellt werden? Die Bundesregierung hat auf diese Frage kürzlich eine Antwort gegeben, indem sie sich auf ein Lieferkettengesetz geeinigt hat. Ab 2023 soll es gelten. Gegenüber früheren Entwürfen hat die Regierung das Gesetz abgemildert, Unternehmen fürchten dennoch unverhältnismäßige Eingriffe in ihr Geschäft.

Noch bevor das Gesetz in Kraft tritt, will die EU nachlegen: Das Parlament einigte sich in dieser Woche auf Eckpunkte eines europaweiten Lieferkettengesetzes. Das Ergebnis der finalen Abstimmung sollte am Mittwochabend veröffentlicht werden. Eine breite Mehrheit galt aber als sicher.

Dass die Vorgaben für Unternehmen europaweit gelten, dafür macht sich auch etwa Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier seit Langem stark. Doch die Pläne, die jetzt in Brüssel geschmiedet werden, dürften Altmaier nicht gefallen. Denn sie gehen deutlich über das hinaus, was die Bundesregierung auf nationaler Ebene beschlossen hat.

Das Europaparlament fordert, dass die gesamte Lieferkette erfasst wird. Im deutschen Gesetz werden bei direkten Zulieferern strengere Maßstäbe angelegt als am Beginn der Lieferkette. Außerdem sollen in Deutschland Unternehmen mit weniger als 1000 Mitarbeitern nicht einbezogen werden. Die Europaabgeordneten wollen diese Grenze bei 250 Mitarbeitern ziehen.

Auch bei der Frage, wie gegen Verstöße geklagt werden kann und wie Schäden am Allgemeinwohl definiert werden, geht das Europaparlament über den deutschen Gesetzesentwurf hinaus. „Das deutsche Lieferkettengesetz kann nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden und europäisch koordinierten Ansatz sein“, sagte der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken.

Dass die Vorgaben für Unternehmen europaweit gelten, dafür macht sich auch der Bundeswirtschaftsminister stark. Quelle: dpa
Peter Altmaier

Dass die Vorgaben für Unternehmen europaweit gelten, dafür macht sich auch der Bundeswirtschaftsminister stark.

(Foto: dpa)

Damit daraus eine verbindliche Richtlinie werden kann, braucht es einen Konsens des Parlaments mit der EU-Kommission und mit den Mitgliedstaaten. Dass auch die Kommission weitreichende Regeln anstrebt, wird jetzt schon deutlich.

Die Kommission arbeite „an einer weiteren Verschärfung der Sorgfaltspflichten“, schreibt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, die dem Handelsblatt vorliegt. Gestellt hat die Anfrage die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn. „Die EU misst der Förderung verantwortungsvoller Geschäftspraktiken von EU-Unternehmen große Bedeutung bei“, so Borrell.

Dabei nimmt die Kommission besonders China in den Blick. „Als wichtiger Handelspartner der EU sollte China sicherstellen, dass die Geschäftspraktiken im Land internationalen Standards entsprechen“, fordert Borrell.

Mit einem scharfen Lieferkettengesetz versucht die EU auch der Kritik zu begegnen, sie habe die Grundsatzeinigung über ein Investitionsabkommen mit China durchgewinkt, ohne auf effektive Regeln gegen Ausbeutung und Zwangsarbeit zu pochen.

EU-Kommission lässt Sympathie für Importbann erkennen

Bei Beratungen mit dem Parlament hat die Kommission auch ihre Sympathien für das von den Abgeordneten vorgeschlagene Instrument eines Importbanns erkennen lassen. Andere Wirtschaftsmächte verfügen schon über die Möglichkeit, Einfuhren aus bestimmten Ländern oder Regionen zur Ahndung von Menschenrechtsverstößen zu stoppen. Die USA etwa nutzen das Instrument, um zu verhindern, dass gewisse chinesische Produkte auf ihren Markt gelangen.

Für deutsche Unternehmen könnten solche Importverbote weitreichende Folgen haben – gerade mit Blick auf China. Kein anderes EU-Land hat eine so enge ökonomische Beziehung zur Volksrepublik entwickelt. In der Coronakrise hilft die schnelle Erholung der chinesischen Wirtschaft vielen deutschen Unternehmen, den Einbruch der Nachfrage auf dem europäischen Markt abzufangen.

Doch zugleich entwickelt sich China wegen der desaströsen Menschenrechtslage zum Risikofall. China hat ein System der Zwangsarbeit aufgebaut, vor allem in der Uiguren-Provinz Xinjiang. So gibt es glaubwürdige Berichte über systematische Zwangsarbeit in der Region, in der der überwiegende Teil der chinesischen Baumwolle produziert wird. Mehr als 80 internationale Konzerne könnten dadurch in Schwierigkeiten geraten. Auch die Dax-Unternehmen BASF und VW produzieren in Xinjiang.

„Das Europäische Parlament fordert ein Ende der modernen Sklaverei“, betont Anna Cavazzini, Europaabgeordnete der Grünen. „Dazu gehört ein Importstopp für unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellte Produkte.“

FDP-Politikerin Hahn mahnt allerdings: Das Lieferkettengesetz dürfe nicht dazu führen, dass die EU die Verantwortung für den Menschenrechtsschutz auf die Wirtschaft abwälzt. „Das Lieferkettengesetz muss es Unternehmen leichter machen, ihrer menschenrechtlichen Sorgfalt nachzukommen“, fordert sie. „Aber der Schutz von Menschenrechten ist zuvorderst eine staatliche Aufgabe.“

Die EU-Kommission will ihren Entwurf für ein Lieferkettengesetz noch vor der Sommerpause präsentieren. Dieser wird dann als Grundlage für Verhandlungen mit dem Parlament dienen.

Mehr: Bundesregierung treibt Lieferkettengesetz voran – Höhe der Bußgelder festgelegt.

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