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Menschenrechte Koalition legt Streit über Lieferkettengesetz bei – und beschließt einige Änderungen

Vor zwei Wochen wurde es in letzter Minute von der Tagesordnung des Bundestags gestrichen, jetzt soll das umstrittene Lieferkettengesetz doch kommen.
27.05.2021 Update: 27.05.2021 - 16:05 Uhr 1 Kommentar
Unternehmen sollen dafür sorgen, dass es in ihrer gesamten Lieferkette nicht zu Verletzungen der Menschenrechte kommt. Quelle: obs
Textilfabrik in Indien

Unternehmen sollen dafür sorgen, dass es in ihrer gesamten Lieferkette nicht zu Verletzungen der Menschenrechte kommt.

(Foto: obs)

Berlin Vier Monate vor der Bundestagswahl hat die Große Koalition ihren Streit über das geplante Gesetz zur Einhaltung von Menschenrechten in internationalen Lieferketten doch noch beigelegt. Das sogenannte Sorgfaltspflichtengesetz kann nun endgültig im Bundestag beschlossen werden.

Mitte Mai war es in letzter Minute von der Tagesordnung des Bundestags gestrichen worden, weil Unionsabgeordnete noch Diskussionsbedarf zur Unternehmenshaftung sahen. Durch das Gesetz sollen Kinderarbeit, Ausbeutung und Naturzerstörung bei der globalen Produktion von Waren eingedämmt werden.

Unternehmen sollen dafür sorgen, dass es in ihrer gesamten Lieferkette nicht zu Verletzungen der Menschenrechte kommt, dass also beispielsweise Lieferanten keine Kinder für sich arbeiten lassen. Für die unmittelbaren Zulieferer gelten dabei strengere Sorgfaltspflichten als für die weiteren Glieder der Lieferkette. Hier sind Unternehmen nur zum Handeln verpflichtet, wenn ihnen Verstöße gemeldet werden. Diese Änderungen wurden nach den erneuten Beratungen von Union und SPD an dem Gesetz noch vorgenommen:

  • Eine wesentliche Neuerung ist, dass nun auch ausländische Unternehmen in Deutschland einbezogen werden sollen. „Das war uns sehr wichtig, weil es für mehr Fairness im Wettbewerb sorgt“, sagte der für das Gesetz zuständige SPD-Berichterstatter Bernd Rützel dem Handelsblatt.
  • Außerdem sollen Betriebsräte in den Wirtschaftsausschüssen Informationsrechte erhalten.
  • Auch die Umweltaspekte des Gesetzes wurden noch erweitert, indem auf ein Abkommen zum Abfallhandel verwiesen wird.
  • Auf Druck der Union wird nun im Gesetzestext noch einmal explizit ausgeschlossen, dass Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.

Zuletzt gab es noch eine Reihe formalrechtlicher Änderungen, weil das Bundesjustizministerium den Entwurf erst nach dem Anfang März erfolgten Kabinettsbeschluss geprüft hatte.

Langes Ringen um das Lieferkettengesetz

Das Gesetz kann nun in einer der zwei regulären Sitzungswochen im Juni verabschiedet werden, zu denen der Bundestag vor der Sommerpause noch zusammenkommt. Es soll ab Anfang 2023 zunächst für Unternehmen mit mindestens 3000 Beschäftigten gelten. Ein Jahr später sinkt die Schwelle dann auf 1000 Beschäftigte.

Um das Gesetz war innerhalb der Regierungskoalition lange gerungen worden. Vor allem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte sich lange gegen das von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) vorangetriebene Vorhaben gesperrt.

Während sich einige prominente Unternehmen durchaus offen für eine gesetzliche Regelung zeigten, liefen die großen Wirtschaftsverbände Sturm. Sie fürchten zusätzliche Bürokratie und Wettbewerbsnachteile für die heimischen Unternehmen. Außerdem bestehe die Gefahr, dass sich deutsche Firmen aus Entwicklungsländern zurückzögen – mit Folgen für die Arbeitsbedingungen dort.

So hatten sich vor knapp zwei Wochen der Ostasiatische Verein, der Lateinamerika-Verein und der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft noch in einem Brief an Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus gewandt. In den vergangenen Monaten sei von Befürwortern des Lieferkettengesetzes immer wieder der Eindruck erweckt worden, deutsche Unternehmen seien unmittelbar oder mittelbar an Menschenrechtsverletzungen in Entwicklungsländern beteiligt.

Angesichts dieser auch von Regierungsmitgliedern genutzten Rhetorik stellten sich Mitgliedsunternehmen die Frage, „ob sie das oftmals mit hohen Risiken behaftete, hochkomplizierte Engagement in sehr herausfordernden Entwicklungs- und Schwellenländern überhaupt noch in ihrem Portfolio belassen sollen“, heißt es in dem Schreiben.

Deutschland bekomme das stärkste Lieferkettengesetz in Europa, sagte SPD-Fraktionsvize Katja Mast nach der Einigung. Auch auf EU-Ebene wird derzeit an einem eigenen Gesetz gearbeitet. Unionsfraktionsvize Hermann Gröhe erklärte, in den Verhandlungen sei ein gutes Ergebnis erreicht worden, für das er die Zustimmung beider Koalitionsfraktionen erwarte. „Dann ist der Weg frei für eine Beschlussfassung im Deutschen Bundestag im Juni.“

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) erklärte, „das Gesetz ist und bleibt überregulierend und überflüssig“. Es sei aber anzuerkennen, dass jetzt im Bereich der zivilrechtlichen Haftung eine wichtige Begrenzung vorgenommen wurde. Nun sei es „an der Politik zu zeigen, ob sie bei ihrem Handeln die gleichen menschenrechtlichen Grundsätze durchsetzt, die sie jetzt von den Unternehmen einfordert“.

Mehr: Ist das Lieferkettengesetz realitätstauglich?

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1 Kommentar zu "Menschenrechte: Koalition legt Streit über Lieferkettengesetz bei – und beschließt einige Änderungen"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Es ist unglaublich, mit welcher Geschwindigkeit die CDU/CSU aktuell bei strittigen Themen umfällt: Vermieter tragen die CO2 Steuer der Mieter, Umwandlungsverbot in Eigentumswohnungen, Dekarbonisierungszeile für Unternehmen ohne Plan, nun das nächste Überwachungsmonster für die Wirtschaft. Die Partei hat ihre Werte vergessen und ihre angestammten Wähler. Ich hoffe, der Denkzettel bei der Wahl fällt sehr deutlich aus!

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