Microsoft Teams, Zoom, Google Meet Beim Thema Datenschutz geht Maja Smoltczyk keine Kompromisse ein

„Ich kann die Rechtslage nicht einfach so zurechtrücken, wie es einigen Kritikern gerade genehm sein sollte.“
Berlin Für die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk ist die Sache klar. Geht es um die Wahrung rechtlicher Anforderungen, gibt es für sie kein Vertun. Dann gelten auch in der Corona-Zeit ohne Abstriche die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Rechtslage könne sie „nicht einfach so zurechtrücken, wie es einigen Kritikern gerade genehm sein sollte“,sagt sie.
Smoltczyks unmissverständlicher Hinweis auf die Rechtslage kommt nicht von ungefähr. Denn die in Berlin geborene Juristin muss derzeit viel Kritik einstecken, seit ihre Behörde einen Prüfbericht zu Videokonferenzsystemen veröffentlicht hat.
Darin wird von der Nutzung führender Anbieter wie Microsoft Teams, Zoom, Google Meet oder Cisco WebEx abgeraten. Eine solche Warnung wiegt schwer, denn Videokonferenzen sind in der Corona-Pandemie längst zum Alltag geworden. In vielen Unternehmen ist es gang und gäbe, die gängigen Tools zur Kommunikation zu nutzen. Etliche Schulen wiederum würden sie gern einsetzen, meiden sie aber aus Datenschutzgründen.
Die Aufregung über Smoltczyk entzündete sich insbesondere daran, dass sie zum Wechsel problematischer Dienste mit der Bemerkung aufforderte: „Bequemlichkeit kann nicht die Verletzung von Grundrechten rechtfertigen.“
Er halte den Verweis auf „Bequemlichkeit“ für „vollkommen unangebracht“, ärgerte sich der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann. Denn gerade in den Schulen stehe inmitten der Corona-Pandemie „leider noch immer die Verletzung eines weiteren Grundrechts im Raum: das Recht auf Bildung“. Der CDU-Digitalexperte Tankred Schipanski kanzelte die Warnung Smoltczyks gar als eine „Einzelmeinung in der zersplitterten Welt der Datenschützer“ ab. Und der IT-Verband Bitkom mahnte: „Gerade während der Pandemie brauchen wir mehr Pragmatismus und weniger Prinzipienreiterei im Datenschutz.“
Erfolgreiche Bildhauerin
Davon will Smoltczyk nichts wissen. Mit Vehemenz verteidigt sie den Datenschutz in diesen Tagen gegen die vielen Attacken aus der Politik. Etwa wenn zum wiederholten Male der Nutzen der Corona-Warn-App wegen angeblich zu strenger Datenschutzvorgaben infrage gestellt wird. „Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht behauptet wird, dass die Pandemie leicht in den Griff zu bekommen sei, wenn wir nur den Datenschutz zurechtstutzen würden“, schrieb Smoltczyk kürzlich in einem Beitrag zusammen mit ihrem Amtskollegen aus Rheinland-Pfalz, Dieter Kugelmann. „Es mag verführerisch sein, den Datenschutz als das eigentliche Problem hinzustellen, eine angemessene Problemlösung wird dadurch aber verhindert.“
Dass sich eine Datenschützerin derart lautstark Gehör verschafft, wenn es um Datenschutzbelange geht, ist eigentlich nicht ungewöhnlich. Im Fall Smoltczyks dürfte es dann doch viele überrascht haben. Denn zu Beginn ihrer Amtszeit im Januar 2016 war die Skepsis groß, ob sie der Aufgabe auch gewachsen sein würde. Die Opposition im Berliner Parlament zweifelte an der fachlichen Kompetenz der Juristin, von der bis dato zu den Themen Datenschutz und Informationsfreiheit nichts zu hören war.
Bis zu ihrer Wahl, die denkbar knapp verlief, arbeitete Smoltczyk in der Verwaltung des Berliner Abgeordnetenhauses und leitete dort die Abteilung „Plenum und Ältestenrat“. Nebenbei betätigte sie sich erfolgreich als Bildhauerin. Unter anderem entwarf sie Büsten der Berliner Parlamentspräsidenten Herwig Haase (CDU) und Walter Momper (SPD). Ihre Werke waren regelmäßig in Ausstellungen zu sehen, auch international.
„Im Mittelpunkt meiner Arbeiten steht der Mensch“, sagte Smoltczyk einmal. Sie wolle das Wesen und seelische Zustände von Menschen darstellen. „Stimmungen werden widergespiegelt, die über den persönlichen Hintergrund hinausgehen und die von grundsätzlicher Bedeutung sind.“
Temporärer Verzicht auf „durchgreifende Maßnahmen“
Das Grundsätzliche hat Smoltczyk auch beim Datenschutz im Blick, wenn sie auf die Einhaltung geltenden Rechts pocht. Dabei scheut die Behördenchefin auch nicht den Konflikt mit den großen Digitalkonzernen. Unter den Landesdatenschutzbeauftragten hat sich die Berlinerin einen Namen als Kritikerin von Videokonferenzsystemen gemacht. Als sie im vergangenen Jahr erstmals Negativ-Checklisten mit Kriterien veröffentlichte, die den Einsatz gängiger Systeme ausschließen, setzten sich Firmen wie Microsoft zur Wehr. Auf einen Protestbrief von Microsoft hin nahm Smoltczyks Behörde den Leitfaden zunächst von ihrer Website, um ihn kurz danach aber fast unverändert wieder zu publizieren.
An der negativen Einschätzung von damals hat sich nicht viel geändert. Microsoft Teams und die anderen großen Anbieter sind auch heute noch mit einer „roten Ampel“ versehen, was nach Logik der Berliner Datenschutzbehörde bedeutet, dass bei diesen Systemen Mängel vorliegen, „die eine rechtskonforme Nutzung des Dienstes ausschließen“. Smoltczyks Kritik richtet sich vornehmlich an die Anbieter.
Zugleich ist sie sich der Not der Schulen bewusst, die pandemiebedingt ein Distanzlernen mit digitalen Hilfsmitteln ermöglichen müssen. Deshalb erklärte sie vor Kurzem den vorübergehenden Verzicht auf „durchgreifende Maßnahmen“ gegen Schulen, die problematische Videodienste nutzen.
Lange will sie dem Treiben aber nicht zusehen. Die anstehenden Sommermonate müssten von den Verantwortlichen intensiv dafür genutzt werden, einen „datenschutzgerechten und störungsfreien digitalen Unterricht“ bis zum neuen Schuljahr zu ermöglichen.
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Ich denke die Frau überschätzt sich und macht hier ein auf kompromisslos.
Ergebnis z.B. eine Corona-App, die den Sinn nicht erfüllt. Was mit den Daten der ausländischen IT-Unternehmen passiert hat sie keinen Einfluss und die Menschen geben ihre Daten offensichtlich gerne, um im Gegenzug Vorteile zu erhalten.
Sogenannter Datenschutz steht - für mich - nicht über alles. Die unsägliche Bürokratie um die Datenschutzverordnung ist ein Monster.
Übrigens - wen interessiert die Berliner Datenschutzbeauftragte im Rest der Republik.
Haben wir da in Deutschland nicht wichtigere Themen?