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Mitarbeiterbeteiligungen „Manifest der Mutlosigkeit“: Für sein Start-up-Gesetz muss Scholz viel Kritik einstecken

Der Finanzminister will steuerliche und bürokratische Erleichterungen für Mitarbeiterbeteiligungen. Doch die Branche und der Koalitionspartner lehnen den bisherigen Entwurf ab.
08.03.2021 - 11:26 Uhr 1 Kommentar
Der Finanzminister will den Gründerstandort Deutschland attraktiver machen. Quelle: dpa
Olaf Scholz

Der Finanzminister will den Gründerstandort Deutschland attraktiver machen.

(Foto: dpa)

Berlin Das Gesetz trägt einen sperrigen Namen, und auch der Inhalt ist nicht ganz trivial. Aber die Bedeutung des sogenannten „Fondsstandortgesetzes“ ist nicht zu unterschätzen. Im Kern geht es darum, wie attraktiv der Gründerstandort Deutschland für globale Top-Talente ist, für die Unternehmer-Elite von morgen. Und damit um nicht weniger als die Zukunft des Landes.

Das Gesetz von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), das schon bald vom Bundestag beschlossen werden soll, sieht steuerliche und bürokratische Erleichterungen für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen vor. Das Ziel: Start-ups einen Schub zu geben und „international eine Spitzenposition einzunehmen“, wie es aus dem Bundesfinanzministerium heißt.

Doch eine „Spitzenposition“ im Wettbewerb um globale Köpfe, wie es Scholz verspricht, wird Deutschland aus Sicht des Koalitionspartners nicht einnehmen. Dort trifft der Gesetzesentwurf in der jetzigen Form auf Ablehnung.

So sagt CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak dem Handelsblatt: „Der Gesetzesentwurf zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung aus dem Hause von Olaf Scholz ist ein Manifest der Mutlosigkeit.“ Unangenehmer als die Kritik aus den Reihen der Union ist für Scholz sicher die große Unzufriedenheit in der Start-up-Branche mit dem Gesetz mitten im Wahljahr. Schließlich gibt es dort einige potenzielle SPD-Wähler, die Scholz zum Kanzler machen sollen.

Der Gesetzesentwurf sei „ein Rohrkrepierer, wie er im Buche steht. Nutzlos. Praxisfern. Einfach untauglich“, findet Christian Miele, Chef des Bundesverbandes Deutsche Start-ups. „Ohne Nachbesserungen würde der Regierungsentwurf trotz guter Ansätze an den Bedürfnissen der Start-ups leider vorbeigehen“, sagt Miele.

Mitarbeiterbeteiligungen sind in der Gründerszene ein verbreitetes Vergütungsinstrument. Weil Unternehmen kurz nach ihrer Gründung in der Regel keine hohen Gehälter zahlen können, locken sie Mitarbeiter mit Beteiligungen an der Firma. Die, wenn es gut läuft, einige Jahre später die Mitarbeiter reich machen.

Scholz will steuerliche und bürokratische Hürden abbauen

Das Instrument ist für Start-ups also von elementarer Bedeutung für die Mitarbeitergewinnung. Allerdings gibt es sowohl einige bürokratische wie steuerliche Hürden. Genau hier setzt das Gesetz von Scholz an.

Doch Union wie Start-ups gehen Scholz' Vorschläge nicht weit genug. Die Kritik entzündet sich gleich an mehreren Punkten: So will die Bundesregierung etwa nur den Unternehmen Steuererleichterungen bei der Mitarbeiterkapitalbeteiligung gewähren, die nicht älter als zehn Jahre alt sind.

Die Unternehmen seien dann in der Regel in der Lage, sich im internationalen Wettbewerb um Talente zu behaupten, findet das Bundesfinanzministerium. Größere Start-ups wie die Reise-Plattform Getyourguide oder der Impfstoffentwickler Biontech würden demnach nicht von den neuen Regeln profitieren.

Auch will Scholz die Erleichterungen auf kleine und mittlere Unternehmen begrenzen. Für Start-ups mit mehr als 250 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von über 43 Millionen Euro würden die neue Regeln also ebenfalls nicht gelten.

Die Definition für kleine und mittlere Unternehmen sei im Gegensatz zur Start-up-Definition eindeutig, schreibt das Bundesfinanzministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der FDP. Zudem müsse sorgsam mit dem Geld der Steuerzahler umgegangen werden.

Die Start-up-Beauftragte der FDP im Bundestag, Bettina Stark-Watzinger, kann dies nicht nachvollziehen. „Die vorgesehenen Bedingungen bestrafen die Start-ups, die erfolgreich darüber hinauswachsen.“ Die Gründungsphase sei jedoch nicht regelmäßig nach zehn Jahren abgeschlossen.

Für noch größere Kritik sorgen aber andere Punkte. So müssen Mitarbeiter ihre Anteile zwar nicht mehr wie bis jetzt bei Erhalt der Anteile sofort versteuern. Dafür aber spätestens nach zehn Jahren und – vor allem – auch nach einem Arbeitgeberwechsel. Ein Verzicht auf eine vorzeitige Besteuerung auch nach einem Arbeitgeberwechsel sei mit „hohen bürokratischen Hürden“ verbunden, begründet dies das Bundesfinanzministerium.

„Olaf Scholz denkt in alten Mustern“

Die Start-up-Branche moniert, damit fielen weiterhin Steuern an, auch wenn zu diesem Zeitpunkt gar kein Cash aus der Beteiligung gemacht wurde. „Wie bei einer Kapitalanlage sollte erst dann die Steuer fällig werden, wenn die Anteile verkauft werden“, fordert FDP-Finanzpolitikerin Stark-Watzinger.

Auch sei die vorgesehene Verdopplung des jährlichen steuerfreien Höchstbetrags bei Mitarbeiterbeteiligungen von 360 auf 720 Euro zu gering, findet CDU-Generalsekretär Ziemiak. „Dass das Bundesfinanzministerium ein Gesetz mit einem so niedrigen Freibetrag vorschlägt, zeigt, dass Olaf Scholz in alten Mustern denkt und den Arbeitsmarkt der Zukunft noch nicht verstanden hat.“ Ziemiak schwebt ein „deutlich höherer Freibetrag“ vor.

Ein weiterer Punkt, der insbesondere die Start-up-Branche stört: Die Stundung der Steuern gilt nur bei Mitarbeiterbeteiligungen, bei denen Mitarbeiter „echte Anteile“ an einem Unternehmen halten. Für virtuelle Beteiligungen, auf die viele Start-ups seit Jahren ausweichen, gelten die Verbesserungen nicht. Bei virtuellen Beteiligungen erhält der Mitarbeiter eine Beteiligung am Unternehmen, jedoch keine Stimmrechte.

CDU-Finanzpolitiker Sepp Müller fordert deshalb Nachbesserungen: „Olaf Scholz ist mit dem Gesetzesentwurf als Tiger gesprungen, aber leider als Bettvorleger gelandet.“ Dieser Kritik schließt sich der Präsident des Digitalverbands Bitkom, Achim Berg, an. Angesichts der weiterhin bestehenden steuerlichen Risiken für die Mitarbeiter sei es nicht gelungen, deutschen Start-ups im Wettbewerb um die besten Mitarbeiter ein geeignetes Instrumentarium an die Hand zu geben, so Berg.

Start-up-Präsident Miele sagt, es liege nun an Scholz, das Verhältnis zwischen öffentlichen Ankündigungen und praxistauglichen Lösungsvorschlägen in Einklang zu bringen. „Zukunftsorientierte Politik besteht nicht aus plakativen Überschriften, entscheidend sind praxistaugliche Lösungen für drängende Probleme.“

Doch Scholz ist in seinen Antworten an die FDP-Fraktion ziemlich unmissverständlich. Aus ihnen geht klar hervor: Zu größeren Zugeständnissen an die Start-up-Branche ist er nicht bereit.

Mehr: Bundesregierung macht Mitarbeiterbeteiligungen bei Start-ups attraktiver.

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1 Kommentar zu "Mitarbeiterbeteiligungen: „Manifest der Mutlosigkeit“: Für sein Start-up-Gesetz muss Scholz viel Kritik einstecken"

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  • Die Klage zu virtueller Beteiligung verstehe ich nicht. Genau dort kommt es ja gar nicht zu einer vorzeitigen Versteuerung. Oder will da jemand ganz ohne Steuer rauskommen? Das wäre nicht gerecht. Denn wenn der Erlös, wie es immer geclaimt wird, ein Ausgleich für früheren Gehaltsverzicht ist, dann ist er eben wie Gehalt zu versteuern, fertig. Allenfalls über die Fünftelregelung, die man von Abfindungen kennt, könnte man reden.

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