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Nach Mordserie Neonazi-Index soll 10.000 Rechtsextreme speichern

Gut zwei Monate nach Aufdeckung der Neonazi-Mordserie hat die Bundesregierung den Aufbau einer Indexdatei über Rechtsextreme beschlossen. Erfasst werden sollen Extremisten, die Gewalt unterstützen oder dazu aufrufen.
18.01.2012 - 16:02 Uhr Kommentieren
Rechtsextreme Demonstranten nehmen in Berlin an einem Neonazi-Aufmarsch teil. Quelle: dapd

Rechtsextreme Demonstranten nehmen in Berlin an einem Neonazi-Aufmarsch teil.

(Foto: dapd)

Berlin Mit einer knapp 10.000 Namen umfassenden Neonazi-Datei will die Bundesregierung den Kampf gegen gewaltbereite Rechtsextremisten vorantreiben. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch die Einrichtung der Datensammlung, in der die Informationen der Polizeien und Verfassungsschutzämter aus Bund und Ländern über gefährliche Rechtsextremisten und deren Kontaktpersonen verknüpft werden sollen. So sollen die Behörden Verbindungen in der Szene rascher erkennen können.

Vorbild ist die Anti-Terror-Datei, in der bereits seit Jahren mutmaßlich gefährliche Islamisten gespeichert werden. Die neue Neonazi-Datei bietet den Ermittlern jedoch mehr Möglichkeiten, da sie eine verknüpfte Datenrecherche zulässt - also etwa die Abfrage, wie verbreitet Waffen in der rechten Szene einer bestimmten Region sind.

Der Aufbau der Datei ist eine Konsequenz der Neonazi-Mordserie. Der rechtsextremistische Hintergrund der Ermordung von neun Einwanderern und einer Polizistin war erst nach Jahren bekanntgeworden. Für diese Panne wird unter anderem ein mangelnder Informationsaustausch zwischen den zahlreichen Sicherheitsbehörden verantwortlich gemacht.

Das neue Recherche-Instrument in der Datei wurde auf Drängen von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zunächst auf vier Jahre befristet. Danach soll sein Nutzen bewertet werden. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich sagte, sollte sich das Instrument bewähren, wolle er es „auch im islamistischen Bereich einsetzen“. Die Zwickauer Zelle wäre nach den Worten des CSU-Politikers in der Datei gespeichert gewesen. „Unsere Untergetauchten von damals wären heute in dieser Verbunddatei - spätestens seit dem Tag, als bei ihnen Sprengstoff in der Garage gefunden wurde.“

Leutheusser-Schnarrenberger hob hervor, dass mit der neuen Datensammlung keine Gesinnungsdatei geschaffen werde. Nötig bleibe aber ein Umbau der Sicherheitsarchitektur. „Nach der beispiellosen Pannenserie muss der Verfassungsschutz in Bund und Ländern besser organisiert werden“, forderte die FDP-Politikerin.

Nach Einschätzung von Verfassungsschutz-Chef Heinz Fromm dürfte die Neonazi-Datei knapp 10.000 Namen umfassen. Genau ließen sich die Zahlen zwar nicht abschätzen. In Deutschland gebe es jedoch etwa 9500 gewaltbereite Rechtsextremisten, unter ihnen ein steigender Anteil sogenannter autonomer Nationalisten. Zudem sollen in der Datei auch ausländische Rechtsextremisten erfasst werden, die zu Gewalttaten bereit und den Behörden bekannt sind.

Die Ausgestaltung der Datensammlung als Index- und nicht als Volltext-Datei soll gewährleisten, dass das Trennungsgebot für die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz geachtet wird. In der Regel sollen abfragende Behörden nur Zugriff auf die Grunddaten zur Identifizierung einer Person erhalten, also etwa Name, Geburtsdatum und Anschrift. Weitere Informationen erhalten sie dann auf Anfrage bei der Behörde, die die Daten eingestellt hat.

Die SPD begrüßte die Neonazi-Datei ausdrücklich. „Wir unterstützen das“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. „Der Kompromiss ist völlig in Ordnung.“ Der Staat werde befähigt, früher und gezielter gegen neonazistische Gewalt vorzugehen. Auch die Grünen begrüßten den Beschluss grundsätzlich, warnten aber vor Problemen. „So können auch Kontaktpersonen gespeichert werden - das kann nötig sein, darf aber nicht zur massenhaften Speicherung Unbescholtener führen“, erklärte der Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland. Kritik kam dagegen von der Linkspartei. „Es ist ein Armutszeugnis für die Bundesrepublik, dass wegen schlecht arbeitender Behörden nun Grundrechte eingeschränkt werden sollen“, sagte der Linken-Politiker Jan Korte.

Nach Bekanntwerden der Neonazi-Mordserie hatte die Bundesregierung bereits ein Gemeinsames Abwehrzentrum der Sicherheitsbehörden gegen Rechtsextremismus gegründet. Vorbild war auch hier das Gemeinsame Anti-Terror-Zentrum gegen militante Islamisten. Streit gibt es weiter über die von der Union geforderte Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung, die die FDP jedoch strikt ablehnt. Hier droht Deutschland inzwischen eine Klage der EU-Kommission wegen Nichtumsetzung einer europäischen Richtlinie.

  • afp
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