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Nachspiel zu Krawallen Warum Olaf Scholz trotz G20 nicht stürzt

Heute Abend steht Olaf Scholz erstmals vor dem G20-Ausschuss. Doch gefährlich wird es für wohl nicht. Der amtierende Hamburger Bürgermeister profitiert von einer Dreifachstrategie und schwachen Gegnern.
09.11.2017 - 15:11 Uhr 5 Kommentare
Für Hamburgs Ersten Bürgermeister dürften die Krawalle beim g20-Gipfel kaum Konsequenzen haben. Quelle: dpa
Olaf Scholz

Für Hamburgs Ersten Bürgermeister dürften die Krawalle beim g20-Gipfel kaum Konsequenzen haben.

(Foto: dpa)

Hamburg Die Zerknirschung hielt nach den G20-Krawallen nur kurz an. Wer Olaf Scholz in den vergangenen Wochen in Hamburg traf, erlebte meist einen gut gelaunten, mit sich im Reinen befindlichen Bürgermeister. Nach wochenlanger Aufregung über die Krawalle diskutiert die Stadt längst wieder lieber über steigende Abfallgebühren – und Scholz gilt bereits als Aspirant auf die nächste SPD-Kanzlerkandidatur.

Dabei steht Scholz vor einer Prüfung: Heute ab 17 Uhr muss der Erste Bürgermeister im Hamburger Rathaus Auskunft geben zu den G20-Krawallen. Die Opposition will ihn vor einem Sonderausschuss rösten. Doch der ehrgeizige SPD-Mann hat wenig zu befürchten. Das Handelsblatt nennt sieben Gründe dafür.


1. Power-Play

Direkt nach dem Gipfel hat Olaf Scholz auf eine Dreifachstrategie gesetzt: keine Fehler eingestehen, sich entschuldigen und Opfer entschädigen. Am Tag eins nach dem Gipfel hat Scholz klargemacht, dass er die Polizisten als „Helden“ sieht und seinen Innensenator Andy Grote (SPD) im Amt halten will. Scholz verzichtete auf ein Bauernopfer – und schützte sich so ironischerweise selbst. Hätte er die Schuld seinem Innenpolitiker zugeschoben, wären Rufe nach persönlichen Konsequenzen kaum noch abzuwenden gewesen. So jedoch bestreitet Scholz erfolgreich eigene Versäumnisse. Das kostete ihn zwar Glaubwürdigkeit, schützt ihn aber. Die Botschaft, im Senat seien keine Fehler gemacht worden, milderte er durch eine allgemeine Entschuldigung im Stadtparlament Bürgerschaft ab. Dazu kam ein 40 Millionen Euro schweres Entschädigungspaket für Sachschäden, das wohl nicht einmal ausgeschöpft werden muss – aber betroffene Anwohner zumindest milder stimmte und Handlungsfähigkeit demonstrierte.

2. Klare Verteidigungslinien

Scholz hat seine Botschaft seit dem Gipfel konsequent durchgehalten. Er behauptet, das Ausmaß der Krawalle sei nicht absehbar gewesen. Dabei nennt er zwei Punkte: Zum einen sei nicht zu erwarten gewesen, dass größere Gruppen fernab des Gipfels Autos anzünden und Schaufenster einschlagen. Zum anderen sei erstmals überhaupt ein Sondereinsatzkommando (SEK) bei einer Demonstration nötig gewesen. An beiden Darstellungen gibt es erhebliche Zweifel. Schon vor dem Gipfel sperrten Kaufleute auf der gesamten, am Ende kaum betroffenen zentralen Einkaufsmeile Mönckebergstraße ihre Schaufenster mit Sperrholz ab. Auch an vielen anderen Stellen in der Stadt blieben Läden geschlossen. Eltern in der ganzen Stadt forderten vor dem Gipfel, ihre Kinder zu Hause lassen zu können. Beides zeigt: Es rechneten sehr wohl viele Menschen in Hamburg mit Vorfällen im gesamten Stadtgebiet.

Zweifel gibt es auch, ob ein SEK am Samstagabend im Schanzenviertel wirklich notwendig war. Die Polizei konnte bis heute nicht nachweisen, dass die behauptete Gefahr durch Wurfgeschosse von den Dächern in neuem Ausmaß wirklich existierte. Möglicherweise beruht der SEK-Einsatz auf einer zu dramatischen Wahrnehmung durch die Sicherheitskräfte am Samstagabend. Der Verdacht, zu viel Polizei sei zur Sicherung der Fahrtstrecke für die Staatsgäste vom Veranstaltungsgelände zur Elbphilharmonie und zurück gebunden gewesen, ist nicht schlüssig ausgeräumt. Dabei liegt nahe, dass die Situation im Schanzenviertel nur deshalb so eskalieren konnte, weil zu wenig Polizei verfügbar war – trotz des Einsatzes Zehntausender Sicherheitskräfte in der Stadt und obwohl weniger Gewalttäter nach Hamburg kamen als prognostiziert.

Obwohl das auf deutliche Fehleinschätzungen und eine zu hohe Risikobereitschaft der politisch Verantwortlichen schließen lässt, hat Scholz vor dem Ausschuss wenig zu befürchten: Die wesentlichen Fakten sind schon jetzt bekannt – und Scholz setzt sich kaltschnäuzig darüber hinweg. Der Ausschuss müsste in den Akten Hinweise darauf finden, dass die Polizeiführung oder andere Behörden sehr deutlich vor dem G20-Gipfel in Hamburg gewarnt hatten. Es ist aber unwahrscheinlich, dass es solch eine klare Warnung gegeben hat. Scholz hat mehrfach bestritten, dass es solch ein Statement gab.

3. Rückhalt für Polizei

Nach dem Gipfel gab es viel Lob für die Polizisten – trotz der Eskalation. Das „Hamburger Abendblatt“ lud die Polizisten in die Elbphilharmonie ein, nach Berichten über 72-Stunden-Schichten und hoch gegriffene Verletztenzahlen zeigten sich große Teile der Politik und der Bevölkerung demonstrativ solidarisch. Das spielt Scholz jetzt in die Karten, da es an die Aufarbeitung von Fehlern geht. Insbesondere die CDU-Opposition wird die Polizei nicht zu stark angreifen wollen. Dabei gab es offensichtliche Probleme: Marodierende Gruppe zogen beispielsweise durch die westliche Innenstadt um Reeperbahn und Altona, nachdem es der Polizei nicht gelungen war, den Schwarzen Block bei einer Demonstration namens „Welcome to Hell“ einzukesseln.

Offensichtlich mussten die Polizisten viel länger arbeiten als geplant. Ruhezeiten konnten nicht eingehalten werden, Einheiten mussten bis zur völligen Erschöpfung im Einsatz bleiben, erhebliche Überstunden liefen auf. Zudem gibt es etliche unschöne Bilder von gewalttätigen Polizisten, deren Einsatz unverhältnismäßig wirkt. Offiziell gestand die Polizei bereits ein, ausgerechnet einen Bus der SPD-Jugendorganisation „Die Falken“ versehentlich gestoppt zu haben. Ein minderjähriges Mädchen aus der Gruppe wurde im Gewahrsam beispielsweise beim Toilettengang beobachtet, auch andere melden empörende Behandlung, Schläge und den Zwang, sich auszuziehen.

Scholz hat anfangs gesagt, Polizeigewalt habe es nicht gegeben. Anschließend musste er zurückrudern und erklären, er habe damit systematische Gewalt gemeint. Inzwischen zieht er sich auf die Position zurück, die internen Ermittlungen liefen auf Hochtouren – und lässt die Kritik so abperlen.

Die Opposition kann nicht gefährlich werden
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5 Kommentare zu "Nachspiel zu Krawallen: Warum Olaf Scholz trotz G20 nicht stürzt"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Wegen DEM G20 wird Olaf SCHOLZ (SPD) nicht stürzen, da gebe ich Ihnen Recht. Auch die politischen Gegner erscheinen mir - soweit ich mir das erlauben kann einzuschätzen - schwach.
    Aber Scholz und sein Senat hat andere Gegner. Unpolitische. Und darüber wird er stürzen. Betrachten Sie die Vorgängerregierung des SPD-Senates. Glauben Sie tatsächlich die offizielle Version von 2010? Da liefen und laufen ganz andere Nummern. Ich sehe es jeden Tag.

  • Warum sollte ihn das stürzen? Ist doch nichts passiert und alles prima gelaufen für unsere Spitzenpolitiker inklusive Fr.Merkel, die mit ihrer Ortswahl das Risiko ja verursacht hat. Ok, Normalos haben natürlich sehr gelitten, wurden verletzt und deren Sachen zerstört - aber was kümmert das einen Politiker im Elfenbeinturm?

  • Wer sollte ihn denn stürzen? Er klebt am Sessel und ist mit seinen Bezügen sehr zufrieden. Daher kommt ein Selbststurz auch nicht infrage. Einmal gewählt und in Amt und Würden, das hält mindestens 4 Jahre. Das ist so bei Politikerns, die bei dieser Preisklasse leider immer gute Nerven und belastbares Sitzfleisch haben.

  • Den Kern der Vergehen wird keine Partei ansprechen: Man WOLLTE Randale, um gegen Trump zu protestieren. Darin waren sich alle einig. Der Schaden für die Bürger musste hinter diesen "Großen Ziel" als Bauernopfer zurückstecken.
    Deshalb wird es auch zu keiner realistischen Aufarbeitung kommen.

  • Der harte Kern der Autonomen hatte anscheinend die Elnphilharmonie nicht auf ihrer Agenda, sondern in erster Linie die Autos der Hamburger Bürger.

    Das hat deshalb keine Folgen.

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