Newsblog zu Axt-Angriff in Würzburg: Der Angriff wurde „mit Vernichtungswillen geführt“
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Newsblog zu Axt-Angriff in WürzburgDer Angriff wurde „mit Vernichtungswillen geführt“
Mit Axt und Messer geht ein junger Afghane auf Fahrgäste in einem Regionalzug los. Die Terrormiliz IS veröffentlicht ein Droh-Video. Die Behörden gehen von einer politisch motivierten Gewalttat aus. Der Newsblog.
19.07.2016Update: 19.07.2016 - 21:16 Uhr
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Joachim Herrmann
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte auf der Pressekonferenz: Es müsse dringend geklärt werden, wie es sein könne, „dass jemand, der nach Wahrnehmung seiner Mitmenschen bislang eigentlich eher unauffällig war und auf keinen Fall als radikal erschien, sich mutmaßlich in kurzer Zeit dann plötzlich umorientiert“.
Würzburg, BerlinMit Axt und Messer bewaffnet geht ein 17-jähriger Jugendlicher aus Afghanistan auf Fahrgäste in einem Regionalzug los. Mehrere Menschen werden verletzt, die Polizei tötet den Angreifer später. Nun beansprucht die Terrormiliz IS den Angriff für sich. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gibt eine Pressekonferenz. Auch die Behörden erklären den Stand der Ermittlungen. Der Tag im Newsblog.
17-jähriger Afghane attackiert mit Axt und Messer Reisende eines Zuges
Ermittler finden IS-Fahne in seiner Wohnung
IS bekennt sich zur Tat
Bayerns Innenminister Herrmann: Kein Hinweis auf IS-Vernetzung von Würzburger Angreifer
IS veröffentlicht Droh-Video des Angreifers von Würzburg
Das bayerische Innenministerium hat die Echtheit des im Internet verbreiteten Bekennervideos zum Attentat von Würzburg bestätigt. „Der Mann auf dem Video ist der Täter von Würzburg“, sagte ein Sprecher von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstagabend der Deutschen Presse-Agentur in München.
+++ Mögliches Motiv: Freund des Attentäters gestorben +++
Ein Motiv für die Tag könne sein, dass der Täter am Samstag erfahren habe, dass ein Freund von ihm Afghanistan ums Leben gekommen sei, sagte Lothar Köhler vom Landeskriminalamt. Die Nachricht habe offenbar „nachhaltigen Eindruck“ auf den Mann gemacht, der Zeugenaussagen zufolge danach viel telefoniert habe. Was aber letztlich tatauslösend gewesen sei, lasse sich bislang nur schwer nachvollziehen.
+++Angriff von Würzburg „wohl politisch motiviert“+++
Nach der Axt-Attacke in einem Regionalexpress bei Würzburg gehen die zuständigen bayerischen Ermittlungsbehörden von einem politischen Hintergrund aus. Die Gewalttat sei „wohl politisch motiviert“ gewesen, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Erik Ohlenschlager am Dienstag vor Journalisten in Würzburg. Die Ermittler gehen laut Ohlenschlager davon aus, dass der Täter mit „unbedingtem Tötungsvorsatz“ gehandelt habe. Dafür spreche auch ein gefundener Abschiedsbrief. Der Täter von Würzburg habe sich an „Ungläubigen“ rächen wollen, die seinen muslimischen Freunden Leid angetan hätten, sagte Ohlenschlager. Der 17-Jährige sei mit dem vorgefassten Entschluss in den Zug gestiegen, ihm unbekannte Menschen umzubringen. Seinen eigenen Tod soll er in Kauf genommen haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war der Täter ein gläubiger Muslim, der bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten war. Die Angriffe seien „mit Vernichtungswillen geführt“ worden. Die Staatsanwaltschaft führt ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Mordes in fünf Fällen und schwerer Körperverletzung. Der Angreifer habe im Zug eine Mitarbeiterin eines Heims für Asylbewerber getroffen, die über ihr Handy die Polizei informiert habe, sagte Ohlenschlager. Der Angreifer ist laut LKA gläubiger Sunnit gewesen, aber nicht regelmäßig in die Moschee gegangen. Er habe privat gebetet.
Würzburg
„Und so Gott will, werde ich euch in eurem eigenen Haus abschlachten.“
(Foto: Screenshot)
+++Auszüge aus dem IS-Video+++
Das IS-Sprachrohr Amak hat ein Video verbreitet, das den Angreifer aus dem Regionalzug bei Würzburg vor dem Attentat zeigen soll. „Ich bin ein Soldat des Islamischen Staates und beginne eine heilige Operation in Deutschland“, sagte der Mann mit einem Messer in der Hand in dem Video, das am Dienstag von Amak im Internet veröffentlicht wurde.
Weiter erklärt er auf Paschtu: „Die Zeiten sind vorbei, in denen ihr in unsere Länder gekommen seid, unsere Frauen und Kinder getötet habt und euch keine Fragen gestellt wurden (...) So Gott will, werdet ihr in jeder Straße, in jedem Dorf, in jeder Stadt und auf jedem Flughafen angegriffen. (...) Ihr könnt sehen, dass ich in eurem Land gelebt habe und in eurem Haus. So Gott will, habe ich diesen Plan in eurem eigenen Haus gemacht. Und so Gott will, werde ich euch in eurem eigenen Haus abschlachten.“
+++Was wir über den Angreifer wissen+++
Der Angreifer war nach Angaben des bayerischen Landeskriminalamts am 30. Juni 2015 als Flüchtling nach Deutschland eingereist und in Passau registriert worden. Er hatte demnach eine Aufenthaltsgestattung und hielt sich legal in Deutschland auf. Der Angreifer ist laut LKA gläubiger Sunnit gewesen, aber nicht regelmäßig in die Moschee gegangen. Er habe privat gebetet. Der Täter sei bislang laut Zeugen nicht als aggressive, reizbare Person aufgefallen, sagte Lothar Köhler vom bayerischen Landeskriminalamt. Es gebe keine Beweise, dass der Täter sich bereits vor seiner Einreise nach Deutschland radikalisiert habe. Auch seien Verbindungen zum IS nicht belegt, auch wenn der Angreifer offenbar eine Sympathie für die Terrorgruppe gehabt habe, sagte Oberstaatsanwalt Erik Ohlenschlager. Der Axt-Angreifer war nach Angaben von Lothar Köhler „polizeilich ein völlig unbeschriebenes Blatt“. Im Abschiedsbrief an den Vater heißt es laut Kriminaldirektor Lothar Köhler: „Und jetzt bete für mich, dass ich mich an diesen Ungläubigen rächen kann, und dass ich in den Himmel komme.“ Kriminaldirektor Lothar Köhler zufolge gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass es Angehörige des Täters in Deutschland gibt. Die Einreisedaten des Jugendlichen seien überprüft worden, sagte er. Darüber hinaus könne er nur spekulieren. Wenn er Verwandte in Deutschland hätte, wäre der Jugendliche aber wohl nicht in einer Pflegefamilie untergebracht worden.
+++Notwehr der Polizisten+++
Nach Aussage der beiden Polizeibeamten habe der Angreifer drei bis vier Armlängen Abstand gehabt, als er aus dem Gestrüpp aufgetaucht sei, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Bardo Backert. Der 17-Jährige sei sehr schnell mit erhobener Axt auf die Beamten zugegangen, die sich nur noch mit der Schussabgabe gegen den Angriff hätten wehren können. Er sei froh, dass geübte Beamte eines Spezialeinsatzkommandos vor Ort gewesen seien. Es sei nicht auszudenken, was sonst passiert wäre. Die Ermittler seien bislang der Überzeugung, dass die beiden Polizisten in Notwehr geschossen hätten, sagte Backert. Er verstehe überhaupt nicht, wenn etwa Politiker weit weg vom Geschehen annähmen, dass man anders hätte reagieren können. „Wie viele Schüsse abgegeben wurden, ist im Moment noch nicht klar“, sagte Oberstaatsanwalt Bardo Backert. „Mindestens vier.“
+++Polizei: Fünf Verletzte bei Axt-Angriff in Zug+++
Bei dem Axt-Angriff in einem Regionalzug bei Würzburg sind nach Angaben der Polizei fünf Menschen verletzt worden. Zwei von ihnen schweben noch in Lebensgefahr, wie der Würzburger Polizeipräsident Gerhard Kallert bei einer Pressekonferenz am Dienstag im Polizeipräsidium Unterfranken mitteilte.
+++IS veröffentlicht Droh-Video des Angreifers von Würzburg+++
Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat am Dienstag ein Video veröffentlicht, in dem der Zug-Angreifer von Bayern zu sehen ist. Der Jugendliche kündigt in dem durch die IS-nahe Agentur Amaq verbreiteten Video seine Tat an und spricht Drohungen gegen „ungläubige“ Länder aus. Der 17-Jährige hatte am Montagabend bei Würzburg Fahrgäste in einem Regionalexpress mit einer Axt angegriffen und mindestens fünf Menschen schwer verletzt. Der Täter wird in dem Video mit dem Namen „Muhammad Riyad“ genannt, er hat ein Messer in der Hand. In paschtunischer Sprache kündigt er eine „Operation“ in Deutschland an und bezeichnet sich als „Soldat des Kalifats“.
Axt-Angriff im Regionalzug – Was wir wissen
Der Täter war ein 17-jähriger Afghane, der den Ermittlungen zufolge vor etwa zwei Jahren als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland gekommen war.
Seit dem vergangenem Jahr war er als Asylbewerber registriert. Seit März war er in einem Heim im Landkreis Würzburg untergebracht, die vergangenen zwei Wochen lebte er in einer Pflegefamilie.
Der 17-Jährige machte nach Angaben des bayerischen Sozialministeriums ein Praktikum mit der Aussicht auf eine Lehrstelle.
Der Täter soll am Montagabend gegen 20.00 Uhr seine Pflegefamilie verlassen haben. Nach ersten Erkenntnissen ist er in Ochsenfurt in den Zug gestiegen und hat dann „sehr schnell“ Fahrgäste attackiert.
Der Jugendliche hat sich nach derzeitigem Kenntnisstand seine Opfer zufällig ausgesucht.
In dem Regionalzug wurden Mitglieder einer Familie aus Hongkong verletzt, die Urlaub in Deutschland machte. Auf seiner Flucht verletzte der Täter zudem eine Passantin. Mehrere Menschen im Zug erlitten einen Schock. Drei der Verletzten schwebten am Dienstag laut Würzburger Uniklinik in Lebensgefahr.
+++De Maizière: Sicherheitsbehörden sind sehr wachsam+++
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich schockiert von dem Axt-Angriff in einem Zug bei Würzburg gezeigt und die Tat als „sinnlosen Akt wahlloser Gewaltausübung“ verurteilt. Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern seien sehr wachsam, teilte de Maizière am Dienstag mit, „und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um solche Taten zu verhindern.“ Die Behörden in Bayern arbeiteten unter Hochdruck an der Aufklärung des Angriffs, bei dem fünf Menschen verletzt worden waren.
+++Zentralrat der Juden warnt vor zu schnellen Urteilen nach Axt-Angrif+++
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat nach dem Axt-Angriff in einem Regionalzug zu einem besonnenen Vorgehen aufgerufen. „Vorschnelle Urteile und unbedachte Äußerungen, die dann auch noch über Twitter verbreitet werden, helfen niemandem weiter“, sagte Josef Schuster der „Jüdischen Allgemeinen“ (Donnerstag). Man dürfe nicht alle Flüchtlinge oder alle Muslime unter Generalverdacht stellen. Stattdessen solle auf eine frühe Integration gesetzt werden, um eine Radikalisierung zu verhindern. „Wir brauchen mehr politische Initiativen, die Radikalismus und Extremismus entgegenwirken. Dafür sollte der Staat noch mehr Geld in die Hand nehmen.“
+++Kubicki: Minderjährige Flüchtlinge gegen IS-Botschaften immun machen++
Nach dem Axt-Angriff bei Würzburg hat der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki mehr Anstrengungen gefordert, um minderjährige Flüchtlinge vor den Botschaften der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu schützen. Die jungen Menschen müssten möglichst viele Perspektiven für ihr eigenes Leben bekommen „und damit bestenfalls immun gegen eine religiös motivierte Radikalisierung werden“, sagte Kubicki am Dienstag
„Wenn Jugendliche keine sinnvolle Aufgabe haben, wird ihre Bereitschaft sinken, sich selbst in unsere Gesellschaft konstruktiv einbringen zu können“, fügte Kubicki hinzu. „Wir müssen also alles dafür tun, dass die IS-Botschaften nicht auf fruchtbaren Boden fallen können.“
+++Grünen-Politikerin Künast legt nach+++
Grünen-Politikerin Renate Künast will weiterhin Fragen zum Waffeneinsatz der Polizei stellen - trotz der Kritik an ihrem Kommentar nach der Axt-Attacke von Würzburg. „Fragen nach dem Einsatz der Waffen gehören aber dazu und ich werde sie weiter stellen“, sagte die Bundestagsabgeordnete am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Auch die Landeskriminalämter und die Justiz täten dies. Der deutsche Rechtsstaat beweise und bewähre sich mit seiner Reaktion auch bei solchen Taten.
Künast war unter anderem von Polizeigewerkschaften kritisiert worden, weil sie bereits wenige Stunden nach der Tat getwittert hatte: „Wieso konnte der Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden????“ Die Grünen-Politikern sagte: „Ein Tweet ist offenbar viel zu kurz, um auf so eine gewalttätige Attacke angemessen zu reagieren“. Die von ihr ausgedrückte Sorge um die Verletzten ist ehrlich empfunden und sie hoffe, dass keine schlimmen Folgen für die Opfer entstünden. „Das steht im Vordergrund“, sagte die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag.
Axt-Angriff im Regionalzug – Was wir nicht wissen
Stand der 17-Jährige in Verbindung mit der Terrormiliz Islamischer Staat? Ermittler haben bei der Durchsuchung der Wohnung eine handgemalte IS-Fahne gefunden. Zudem hat der IS die Tat für sich beansprucht. Dem bayerischen Innenministerium zufolge gibt es aber bisher „keinerlei Indizien“ für eine Vernetzung mit islamistischen Netzwerken.
Der Täter hat möglicherweise einen Abschiedsbrief hinterlassen. Es gebe ein Schriftstück, das nach erster Durchsicht als „Abschiedstext an den Vater“ interpretiert werden könnte, sagte der bayrische Innenminister Joachim Herrmann. Der Inhalt ist bislang unbekannt.
Warum haben Einsatzkräfte den jungen Mann erschossen? Weil der Täter mit Axt und Messer die Polizisten angriff, blieb laut Polizeigewerkschaft nur der Schusswaffengebrauch. Das Landeskriminalamt hat dazu interne Ermittlungen aufgenommen, ein üblicher Vorgang beim Schusswaffengebrauch von Beamten.
+++Hongkong verurteilt den Anschlag+++
Hongkongs Regierungschef Leung Chun-Ying verurteilte den Anschlag. Ein Team aus vier Experten sei von Hongkong nach Bayern entstand worden, um der Familie beizustehen. Sie sollen am Mittwoch in Deutschland eintreffen. Zudem seien Mitarbeiter der Hongkonger Vertretung in Berlin nach Bayern geschickt worden. (seu)
+++IS-Radio berichtet über zu Axt-Angriff+++
Nach der IS-nahen Nachrichtenagentur Amak hat auch das IS-Radio Al-Bajan berichtete, „ein Soldat des Islamischen Staates“ habe Menschen in einem Zug in Deutschland angegriffen. Deutschland sei einer der Staaten, die an der „Kreuzfahrerkoalition“ gegen den Islamischen Staaten (IS) beteiligt sei.
Mehrere Verletzte nach Axt-Angriff in Zug
+++Herrmann: Kein Hinweis auf IS-Vernetzung von Würzburger Angreifer+++
Die bayerischen Ermittler haben nach Angaben von Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU) noch keine Hinweise auf eine Vernetzung des Angreifers von Würzburg mit der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gefunden. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand gebe es „keinerlei Indizien vor Ort“, die auf solch eine Verbindung hindeuteten, sagte Herrmann am Dienstag in München vor Journalisten. Dass sich die IS-Miliz zu dem Anschlag bekenne, hätten die deutschen Behörden zur Kenntnis genommen. „Auch das umfassendste und intensivste Sicherheitskonzept wird solche schrecklichen Anschläge wie gestern Abend nie restlos ausschließen können“, sagte Herrmann.
+++„Selbst radikalisiert“+++
Laut Zeugenaussagen ist der 17-Jährige bisher nicht als radikalisiert oder fanatisch in Erscheinung getreten, wie Innenminister Joachim Herrmann sagte. Er sei mal an Feiertagen in die Moschee gegangen, aber kein sehr gläubiger Muslim gewesen. Ein Schriftstück des Täters lege den Verdacht nahe, dass sich der junge Mann „in letzter Zeit selbst radikalisiert hat“, sagte Herrmann. Der Text sei auf Paschtu geschrieben, einer in Afghanistan geläufigen Sprache.
Wieso fliehen junge Afghanen nach Europa – und wie radikal sind sie?
Den IS gibt es in Afghanistan erst seit Anfang 2015, und sein Wachstum ist auch wegen blutiger Rivalitäten mit den Taliben stark gebremst. Seine Kämpfer – angeblich derzeit rund 2500 – sind in nur ein bis zwei der 34 afghanischen Provinzen aktiv. US-Drohnen fliegen derzeit mehrmals wöchentlich Luftangriffe auf ihre Stellungen.
Afghanistan ist immer noch eins der ärmsten Länder der Welt. Die Arbeitslosenrate wird auf etwa 40 Prozent geschätzt. Gleichzeitig verschlechtert sich die Sicherheitslage. Seit dem Ende der Nato-Kampfmission im Dezember 2014 fühlen sich die Taliban in vielen Provinzen ermutigt. 31 von 34 Provinzen waren nach Uno-Angaben in 2015 von Gewalt betroffen. Vor allem junge Menschen und solche mit Schulbildung sehen keine Zukunft in Afghanistan.
Das ist schwer festzustellen. Viele der jungen Flüchtlinge gehören zur dünnen Mittelschicht. Sie haben Schul- und manchmal auch Universitätsbildung. Das Interesse der großen Mehrheit scheint nicht der Dschihad, sondern ein besseres Leben zu sein. Allerdings nimmt dem Rechercheinstitut Afghanistan Analysts Network zufolge die Radikalisierung auch an Afghanistans Universitäten zu.
Es sieht so aus – aber gestoppt ist die Fluchtbewegung damit nicht. Einer der vielen Menschenschmuggler in Kabul sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass er im vergangenen Jahr täglich bis zu 25 bis 30 „Kunden“ außer Landes geschafft habe. Nun seien es zehn bis zwölf.
Afghanische Medien berichten am Dienstag über die Tat. In der Hauptstadt Kabul sind die Menschen schockiert. Von hier sind Tausende Flüchtlinge nach Europa aufgebrochen, viele Menschen haben nun Verwandte und Freunde in Deutschland. Sie hoffen, dass dass nicht alle Afghanen wegen der Tat eines Einzelnen verurteilt werden. Das müsse „ein Psycho“ gewesen sein, sagt ein Wirtschaftsstudent, Said Taufik Jakin, 26. Aber man müsse auch bedenken, was ihn möglicherweise zu seiner Tat getrieben habe: „Ich höre von meinen Freunden in Deutschland, dass afghanische Flüchtlinge dort eine Menge Probleme haben.“
+++„Sofort etwaige Warnungen weitergeben“+++
Innenminister Joachim Herrmann rief die Bevölkerung auf, lieber einmal zu viel als zu wenig die Sicherheitsbehörden zu alarmieren, wenn die Menschen verdächtige Veränderungen in ihrem Umfeld bemerkten. Das könne zum Beispiel die Psyche von anderen Leuten betreffen. Er bat die Bevölkerung, „sofort etwaige Warnungen weiterzugeben“. Die Polizeidienststellen im Land seien sensibilisiert.
+++Polizeigewerkschaft und LKA: Laut ersten Angaben schoss nur das SEK+++
Im Fall der Axt- und Messerattacke in einem Regionalzug bei Würzburg ist der Täter ersten Informationen zufolge von einem Polizisten mit Spezialausbildung erschossen worden. Interne Angaben deuteten derzeit darauf hin, dass offensichtlich ein Mitglied des Spezialeinsatzkommandos (SEK) geschossen habe, sagte der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG, Rainer Wendt, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. „Es war wohl das SEK.“
Schock im Zug
Attacke im Zug
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Ein Jugendlicher hat am Montagabend in einem Regionalzug in Bayern mehrere Reisende mit einer Axt und einem Messer schwer verletzt, ehe er von der Polizei erschossen wurde. Der 17-jährige Asylbewerber aus Afghanistan sei „brutal auf andere Fahrgäste in der Bahn losgegangen“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in der ARD. Nach Polizeiangaben wurden vier Menschen schwer. Eines der Opfer schwebe in Lebensgefahr, sagte Herrmann. Zudem gab es einen Leichtverletzten.
(Foto: AP)
Spurensuche in der Nähe von Würzburg
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Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) übernahm die Verantwortung für die Axt-Attacke in einem Regionalzug bei Würzburg. Bei dem Angreifer handele es sich um einen IS-Kämpfer, berichtete die IS-nahe Nachrichtenagentur Amak am Dienstag im Internet. Die Echtheit der Erklärung ließ sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Ermittler hatten zuvor Hinweise auf einen möglichen radikal-islamischen Hintergrund des erschossenen Täters entdeckt. „Bei der Durchsuchung seines Zimmers ist auch eine handgemalte IS-Flagge gefunden worden“, sagte Bayerns Innenminister Herrmann im ZDF-„Morgenmagazin“. Außerdem soll der 17-Jährige einen „islamischen Ausruf“ gemacht haben, bevor er erschossen wurde.
Nach Angaben Herrmanns muss dringend geklärt werden, wie es sein könne, „dass jemand, der nach Wahrnehmung seiner Mitmenschen bislang eigentlich eher unauffällig war und auf keinen Fall als radikal erschien, sich mutmaßlich in kurzer Zeit dann plötzlich umorientiert“. Der Jugendliche hatte ein Praktikum in einer Bäckerei gemacht - mit der Aussicht auf eine Lehrstelle. Er sei im Rahmen der Jugendhilfe intensiv betreut worden, sagte Sozialministerin Emilia Müller (CSU) nach Angaben einer Sprecherin.
(Foto: AFP)
Unklar, warum der Flüchtling nach Deutschland kam
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Bayerns Innenminister Herrmann hat noch keine Erkenntnisse darüber, wie der 17-Jährige nach Deutschland gekommen ist. Dafür brauche er Angaben vom Bundesamt für Flüchtlinge und den Ausländerbehörden. Fraglich sei zum Beispiel, welche Gründe der junge Afghane für seine Flucht genannt habe.
(Foto: AFP)
„Eine wirklich schreckliche Tat“
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Noch sei aber das Motiv des Angreifers „völlig unklar“, sagte Innenminister Herrmann. Er sprach von einer „wirklich schrecklichen Tat, wie wir sie so in Bayern noch nicht erlebt haben“. Tatort war der Regionalexpress von Treuchtlingen nach Würzburg.
Der 17-jährige Angreifer starb nach Polizeiangaben „durch mehrere Schüsse“ eines Sondereinsatzkommandos. Der Jugendliche habe vor Abgabe der Schüsse versucht, die Beamten anzugreifen. Das Kommando war nach Herrmanns Angaben zufällig wegen eines anderen Einsatzes in der Nähe; es habe den flüchtigen Jugendlichen ausfindig machen können und gestellt. Der Angreifer war geflohen, nachdem der Zug im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld zum Stehen gekommen war.
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat nach Angaben aus ihr nahestehenden Kreisen die Verantwortung für die Axt-Attacke in einem Regionalzug bei Würzburg übernommen. Bei dem Angreifer handele es sich um einen IS-Kämpfer, berichtete die IS-nahe Nachrichtenagentur Amak am Dienstag im Internet. Die Echtheit der Erklärung ließ sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Ermittler hatten zuvor Hinweise auf einen möglichen radikal-islamischen Hintergrund des erschossenen Täters entdeckt.
+++Landkreistag warnt nach Messer-Angriff vor voreiligen Schlüssen+++
Der Deutsche Landkreistag hat nach dem Messer-Angriff in einem Regionalzug bei Würzburg vor voreiligen Schlüssen gewarnt. „Dass es sich um einen 17-jährigen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling aus Afghanistan handelt, sollte für uns keinen Anlass für Spekulationen liefern“, teilte Hauptgeschäftsführer Hans-Günter Henneke am Dienstag mit. Einen terroristischen Hintergrund könne man zwar nicht ausschließen, solle ihn aber ohne weitere Aufklärung auch nicht herbeireden, sagte Henneke.
+++Künast in der Kritik wegen Tweet zu Zugattacke in Bayern+++
Die Grünen-Politikerin Renate Künast hat nach einer Äußerung zu der mutmaßlich islamistischen Attacke in einem Regionalexpress bei Würzburg heftige Kritik einstecken müssen. Im Onlinedienst Twitter stellte Künast in der Nacht zu Dienstag die Frage, warum der Täter von der Polizei erschossen worden sei. „Tragisch und wir hoffen für die Verletzten. Wieso konnte der Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden???? Fragen!“, schrieb sie.
Minderjährige Flüchtlinge in Deutschland
Als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling (UMF) zählt, wer ohne Erziehungsberechtigte nach Deutschland einreist oder hier allein aufgegriffen wird. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Entweder verloren sich die Familien auf der Flucht aus den Augen, die Eltern sind tot oder die Minderjährigen wurden von ihren Verwandten bewusst allein auf die Reise geschickt.
Nach Angaben des Bundesfachverbands unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (Bumf) summierte sich die Zahl der UMF in Deutschland Ende Januar auf mehr als 60.000. Die meisten von ihnen kamen aus Afghanistan, Syrien, dem Irak, Eritrea und Somalia. Etwa 14.400 UMF stellten dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zufolge im vergangenen Jahr einen Asylantrag, die meisten waren zwischen 16 und 18 Jahre alt (71,3 Prozent).
In Bayern hielten sich nach Angaben des Deutschen Landkreistags Ende März diesen Jahres mehr als 15.000 sogenannte UMF auf. Etwa die Hälfte davon stammte demnach aus Afghanistan.
Sobald unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufgegriffen werden, nehmen die örtlich zuständigen Jugendämter sie vorläufig in Obhut, um akute Gefährdungen auszuschließen und das weitere Vorgehen zu klären. Untergebracht werden sie in dieser Zeit in der Regel in speziellen Erstaufnahmeeinrichtungen für Jugendliche, aber eventuell auch bei Verwandten. Die Stadt München, in der viele junge Flüchtlinge ankommen, betreibt seit dem Frühjahr das sogenannte Young Refugee Center als zentrale Erstaufnahme, in der die jungen Leute nach Angaben der Verwaltung ärztlich untersucht und pädagogisch betreut werden.
In den Erstaufnahmeeinrichtungen wird auch das Alter der Flüchtlinge überprüft. Anschließend werden die UMF seit einigen Monaten nach einem bundesweiten Schlüssel verteilt und den jeweils örtlich zuständigen Jugendämtern zugewiesen. Diese organisieren die weiteren Maßnahmen.
Dazu gehört die Bestellung eines Vormunds, die Klärung des Aufenthaltsstatus und laut Bamf auch die "Ermittlung des Erziehungsbedarfs". In dieser Zeit leben die Flüchtlinge wahlweise in Jugendheimen oder -wohngruppen, bei Pflegefamilien oder bei Verwandten. Wie genau die Unterbringung organisiert wird, ist dabei von Kommune zu Kommune verschieden.
Nach Einschätzung der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl leiden viele Flüchtlinge, die in den vergangenen Monaten und Jahren nach Deutschland kamen, psychisch unter den Folgen von Gewalterfahrungen oder dem Tod von Angehörigen. Auch die zum Teil sehr bedrohlichen Umstände während der Flucht verursachen demnach entsprechende psychische Belastungen.
Generell seien die Strukturen zur psychischen Betreuung und Behandlung von Gewalt- oder Folteropfern in Deutschland dabei schon seit langem „sehr defizitär“, sagt Bernd Mesovic, stellvertretender Geschäftsführer von Pro Asyl, der Nachrichtenagentur AFP. „Die Wartelisten sind sehr lang, es herrscht Mangel.“
Seit der Einführung des bundesweiten Verteilungssystems bildete sich nach Einschätzung von Pro Asyl bei der Organisation der Betreuung zudem ein Flickenteppich an Regelungen und Standards heraus. Neben Behörden vor allem in großen Metropolregionen, die seit Jahrzehnten mit dem Thema vertraut seien und viel Fachkenntnis aufgebaut hätten, seien nun auch Jugendämter dafür zuständig, die bislang über wenig Erfahrung verfügten. "Die Praxis in den Kommunen ist äußerst unterschiedlich", sagt Mesovic.
+++Handgemalte IS-Flagge im Zimmer des Angreifers gefunden+++
Nach der Axt- und Messerattacke in einem Zug bei Würzburg haben die Ermittler bei dem 17-jährigen Angreifer einen Hinweis auf die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gefunden. Bei der Durchsuchung seines Zimmers sei „eine handgemalte IS-Flagge“ gefunden worden, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Bei dem Angriff waren mehrere Menschen schwer verletzt worden.
+++AfD: Terroranschlag ist Folge naiver Willkommenspolitik+++
Für die AfD Würzburg ist die Schlussfolgerung klar: „Merkels und Ramelows naive Willkommenspolitik hat viel zu viele junge, ungebildete und radikale muslimische Männer nach Deutschland gebracht. Sie tragen damit die politische Verantwortung für die extrem schlechte Sicherheitslage in Deutschland“, sagte Stefan Möller, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, laut Pressemittelung. Andere rufen dazu auf, vorsichtig mit Schlussfolgerungen zu sein.
Tragisch und wir hoffen für die Verletzten. Wieso konnte der Angreifer nicht angriffsunfähig geschossen werden???? Fragen! #Würzburg@SZ
+++Opfer der Attacke im Regionalzug waren Touristen aus Hongkong+++
Vier Verletzte der Axt- und Messerattacke eines jungen Afghanen in einem Regionalzug bei Würzburg waren Touristen aus Hongkong. Es handelte sich um eine Familie und einen Freund, wie die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag in Hongkong erfuhr. Die vier Verletzten seien der Vater (62) und die Mutter (58) einer Tochter (26) und deren Freund (30) gewesen. Ein fünfter Mitreisender, der 17-jährige Sohn, sei unverletzt davon gekommen, berichtete eine amtliche Quelle, die nicht genannt werden wollte.
+++Innenminister: Angreifer in Regionalzug war Einzeltäter+++
Der Angreifer in einem Regionalzug bei Würzburg war nach Angaben der Ermittler ein Einzeltäter. „Er war (...) allein in dem Zug. Er hat allein die Taten begangen“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstagmorgen im ZDF-„Morgenmagazin“. Der 17-jährige Flüchtling aus Afghanistan war am Montagabend mit Axt und Messer auf die Fahrgäste losgegangen. Vier Menschen wurden schwer und einer leicht verletzt. Der junge Mann wurde von der Polizei auf der Flucht erschossen.
+++Nach Attacke in Regionalzug übernimmt LKA die Ermittlungen+++
Nach der Axt- und Messerattacke mit vier Schwerverletzten in einem Regionalzug bei Würzburg hat inzwischen das bayerische Landeskriminalamt (LKA) die Ermittlungen übernommen. LKA-Beamte waren am frühen Dienstagmorgen in Würzburg, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken.