Niederlage im Norden FDP scheitert an der Fünf-Prozent-Hürde – Lindner beschwört die Mitte
FDP scheitert an der Fünf-Prozent-Hürde in Hamburg
Berlin Langenhorn ist eine beschauliche Wohngegend am nördlichen Stadtrand von Hamburg. Einfamilienhäuser, viel Natur. Nur der Lärm des nahe gelegenen Flughafens stört die Ruhe. Junge Familien leben hier, aber auch viele Senioren.
Am Abend der Hamburger Landtagswahl meldete der Bezirk ein erstaunliches Ergebnis: Während die FDP wegen schlechter Ergebnisse im Rest der Stadt um den Wiedereinzug in die Bürgerschaft bangte, sollen hier 22,4 Prozent für die Partei gestimmt haben. Langenhorn, eine liberale Enklave?
Am Montag bestätigte sich der Verdacht, dass es sich um einen Auszählungsfehler handelt. Der Bezirkswahlleiter erklärte, dass in Langenhorn die Ergebnisse von FDP und Grünen verwechselt worden seien. Für die Liberalen der norddeutschen Metropole eine Hiobsbotschaft – mit 4,9 Prozent der Stimmen haben sie den Einzug in die Bürgerschaft knapp verpasst.
Seit sich der FDP-Politiker Thomas Kemmerich vor drei Wochen mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten von Thüringen wählen ließ, sind die Liberalen im Krisenmodus. Die Partei präsentiert die Ereignisse von Erfurt auch als Hauptgrund für das schlechte Abschneiden in Hamburg.
FDP-Spitzenkandidatin Anna von Treuenfels, die in ihrem Wahlkreis Blankenese ein Mandat gewann, sprach von einem Vertrauensverlust bei den Bürgern: „Das war für uns sehr, sehr schwer in kurzer Zeit wieder aufzuholen.“ Doch in der FDP wächst das Bewusstsein, dass die Probleme tiefer liegen als die vermaledeite Kemmerich-Wahl.
FDP müsse nachjustieren
In Berlin berieten am Montag die Parteigremien der FDP. Zwischen der Sitzung von Präsidium und Bundesvorstand trat Christian Lindner vor die Presse. Auch der Bundesvorsitzende verwies auf einen Thüringen-Effekt, nun müsse „Vertrauen erst wieder wachsen“. In einer bemerkenswerten Deutlichkeit räumte Lindner aber auch ein, dass die FDP bei ihren Inhalten nachjustieren müsse.
Die politische Verortung, die er dabei beschwor, ist die „Mitte“. An der Position der Liberalen im Parteiengefüge sind Zweifel aufgekommen, Zweifel, derer sich auch die politische Konkurrenz bedient. Die FDP sei nach dem „Tabubruch“ in Thüringen keine Partei der Mitte mehr, sagte etwa SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil.
Eine Nähe zu Rechtspopulisten weist Lindner vehement zurück. Er beklagt „Versuche von links“, die politische Mitte „neu zu definieren“ und FDP wie CDU auszuschließen. In Thüringen habe es keine Positionsverschiebung der FDP gegeben, sondern man sei der AfD in die Falle gegangen, die Chaos im parlamentarischen System stiften wolle. Es habe keinen Vorsatz bei der FDP gegeben, macht Lindner deutlich. Aber: „Vielleicht muss man von Fahrlässigkeit sprechen.“
Die Liberalen befinden sich in ihrer schwersten Krise seit 2013, als sie es erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik nicht in den Bundestag schafften. Damals war die Lage der Partei noch prekärer, doch auch heute sind die Risiken groß.
Lindner führte die FDP zurück auf die bundespolitische Bühne. Die Botschaften, mit denen sich die Partei dabei präsentierte, lauten „weltbeste Bildung für jeden“, „Vorankommen durch eigene Leistung“ oder ein „unkomplizierter Staat“.
Neuausrichtung notwendig
Im siebten Jahr unter Lindner werden aber inhaltliche Abnutzungserscheinungen spürbar, die nach Thüringen in der Partei offener angesprochen werden. Über mögliche personelle Abnutzungserscheinungen will man nicht debattieren, noch nicht.
Lindner sagte am Montag, dass die FDP ihre Positionierung nicht grundlegend verändern müsse. Dennoch seien Neuausrichtungen notwendig: „Wo haben sich gesellschaftliche Verhältnisse verändert, wo müssen wir uns verändern?“
Der FDP-Chef kündigte an, die Arbeiten an einem neu formulierten Leitbild der Partei zu verstärken. Ökologische Fragen hätten eine größere Bedeutung als vor fünf Jahren. Viele Wähler beschäftige auch die Sicherung von Wohlstand und freiheitlicher Lebensweise. Dazu komme die Frage, wie die Gesellschaft in Zeiten einer zunehmenden Polarisierung zusammengehalten werden könne.
Das Ziel sei ein „Update unseres politischen Leitbildes“ zum Bundesparteitag 2021, so Lindner. Die FDP habe es in der eigenen Hand, „wie wir mit dieser herausfordernden Lage umgehen“. Als Ausweis dafür, dass es den Liberalen gar nicht so schlecht gehe, führt der Parteichef die Mitgliederentwicklung an. Diese sei seit Jahresanfang insgesamt immer noch positiv. Und auch nach Erfurt gebe es bei der Zahl von knapp 66.000 Mitgliedern „eine relative Stabilität“.
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Spätestens seit sich Herr Lindner der Jamaika im Bund verweigert hat, kann ich mit der Partei nichts mehr anfangen! Zu Herrn Lindner gibt es scheinbar keine Alternative - das ist tödlich! - Herr Kubicki irrlichert auch nur noch!