Öffentlicher Dienst Gewerkschaften fordern fünf Prozent mehr Lohn für Landesbeschäftigte – Arbeitgeber „auf Krawall gebürstet“

Der Abschluss für den Bund und die Kommunen im Oktober 2020 stand schon im Zeichen der Corona-Pandemie. Sieben Nullmonate mussten die Beschäftigten hinnehmen.
Berlin Der öffentliche Dienst steht vor einer konfliktträchtigen Tarifrunde. Denn die Gewerkschaften geben angesichts der anziehenden Inflation und trotz der noch nicht überwundenen Pandemiefolgen ihre bisherige Lohnzurückhaltung auf. Außerdem machen die Arbeitgeber einen Tarifabschluss von einer Neuregelung der Eingruppierung der Beschäftigten abhängig, die die Arbeitnehmervertreter entschieden ablehnen.
Verdi und der Beamtenbund fordern fünf Prozent mehr Geld für die Landesbediensteten – mindestens aber 150 Euro. Die Beschäftigten hätten in der Pandemie „Herausragendes geleistet“ und verdienten Respekt und Anerkennung, sagte Verdi-Chef Frank Werneke. Es werde erwartet, „dass nach dem Klatschen nicht die Klatsche kommt“, betonte Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach mit Blick auf den Applaus für die „Corona-Helden“.
Von den Verhandlungen, die am 8. Oktober beginnen, sind rund 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte in 15 Bundesländern direkt betroffen. Hessen ist schon vor längerer Zeit aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ausgeschieden. Dort wird separat verhandelt.
Die Ergebnisse sollen aber nach Vorstellung der Gewerkschaften auch eins zu eins auf knapp 2,4 Millionen Beamte und Versorgungsempfänger in den Ländern und Kommunen übertragen werden.
Gewerkschaften sind etwas bescheidener als vor zwei Jahren
Mit ihrer Fünf-Prozent-Forderung für ein Jahr bleiben die Gewerkschaften hinter der Länderrunde 2019 zurück, als sie sechs Prozent verlangt hatten. Man wisse natürlich um die Corona-bedingt angespannte Finanzlage der Länder, aber die Situation sei nicht so dramatisch, wie sie oft dargestellt werde, erklärte Silberbach.
Verdi-Chef Werneke verwies auf die zuletzt stark gestiegenen Verbraucherpreise. Die Beschäftigten hätten aber Reallohnsteigerungen verdient. Weil Geringverdiener besonders unter steigenden Lebensmittel- oder Benzinpreisen litten, fordere man eine Mindesterhöhung um 150 Euro.
Spezielle Verbesserungen erwarten die Gewerkschaften für die Beschäftigten des Gesundheitswesens. Hier soll es einen separaten „Verhandlungstisch“ geben. Verdi, die auch für die Bildungsgewerkschaft GEW, die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) verhandelt, und der Beamtenbund verlangen zudem Gespräche über tarifliche Regelungen für studentische Hilfskräfte an Hochschulen.
Der Vorsitzende der TdL, Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU), erklärte, die Gewerkschaften sollten „keine illusorischen Erwartungen wecken, sondern die Realitäten anerkennen“. Eine Umsetzung der Tarifforderung würde die Länder – bei einer Übertragung auch auf Beamte – 7,5 Milliarden Euro kosten.
Die Länder hätten in der Pandemie große Ausgaben getätigt, um das Gesundheitswesen zu stärken, die Wirtschaft zu stützen oder den Kommunen unter die Arme zu greifen. Gleichzeitig drohten strukturelle Steuermindereinnahmen.
Streit um Eingruppierungsregeln erschwert die Verhandlungen
Erschwert würden die Verhandlungen dadurch, dass die Gewerkschaften – anders als in der letzten Tarifrunde vereinbart – nicht über die Bewertung des Arbeitsvorgangs reden wollten, sagte Hilbers. Wie welche Tätigkeit bewertet wird, ist zentral für die Eingruppierung der Beschäftigten in die Tariftabellen.
Die Gewerkschaften fürchten, dass es dadurch zu Herabgruppierungen im großen Umfang kommen kann, die Beschäftigten also finanziell schlechtergestellt würden. Die TdL hat sogar das Bundesverfassungsgericht angerufen, nachdem das Land Berlin in zwei Eingruppierungsklagen von Justizbeschäftigten vor dem Bundesarbeitsgericht gescheitert war. Die Arbeitgeber seien bei diesem Thema augenscheinlich „auf Krawall gebürstet“, sagte Verdi-Chef Werneke.
Nach dem Verhandlungsauftakt am 8. Oktober in Berlin soll am 1. und 2. November und am 27. und 28. November in Potsdam weiterverhandelt werden. In der Länder-Tarifrunde 2019 hatten beide Seiten Tariferhöhungen von je 3,2 Prozent für die Jahre 2019 und 2020 und ein weiteres Plus von 1,4 Prozent zu Beginn dieses Jahres vereinbart – bei einer Laufzeit von 33 Monaten.
Dagegen stand der Abschluss für den Bund und die Kommunen vom Oktober 2020 schon ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Hier stiegen die Verdienste der Beschäftigten nach sieben Nullmonaten zum 1. April dieses Jahres um 1,4 Prozent, eine weitere Erhöhung um 1,8 Prozent folgt im April 2022, bei 28 Monaten Laufzeit.
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Auch, wenn es hinterher nur 3, irgendwas Prozente sind; es wurden soviel Schulden gemacht, da kommt es wahrscheinlich auf weitere Milliarden nicht an. Es gibt bestimmte Bereiche im öffentlichen Dienst, wie z.B. Polizei, Krankenhauspersonal u.a., den gönne ich das! Andere im Verwaltungsbereich machen weiterhin Dienst nach Vorschrift; d.h. Überstunden werden durch Freizeit ausgeglichen. Mehrere aus meinem persönlichen Umfeld machen Dienst nach Vorschrift usw. Dies zu belohnen, ist absolut unnötig!