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Pandemie-Bekämpfung Opposition hegt Zweifel an guter Vorbereitung für den Corona-Herbst – SPD kritisiert Spahns Pläne für Ungeimpfte

Die von Jens Spahn vorgelegten Pläne sorgen für Unruhe. Besonders brisant scheint die Idee, aus „3G“-Regeln – für Geimpfte, Genesene und Getestete – „2G“-Regeln zu machen.
04.08.2021 Update: 05.08.2021 - 07:27 Uhr 2 Kommentare
Nach Monatelanger Corona-Pause dürfen Bars, Kneipen und Restaurants seit Mai wieder Gäste empfangen. Quelle: Mauricio Bustamante / VISUM
Außengastronomie in Hamburg

Nach Monatelanger Corona-Pause dürfen Bars, Kneipen und Restaurants seit Mai wieder Gäste empfangen.

(Foto: Mauricio Bustamante / VISUM)

Berlin Als Anfang dieser Woche die Gesundheitsministerkonferenz tagte, zeigte sich deren Vorsitzender danach zuversichtlich: „Wir gehen vorbereitet in den Herbst“, sagte Bayerns Ressortchef Klaus Holetschek (CSU).

Doch dieser Optimismus wird nicht überall geteilt: „Ich erlebe in diesem Sommer ein Déjà-vu. Sei es die hektische Einführung der Testpflicht für Reiserückkehrer oder der Streit auf kommunaler Ebene über die Wirksamkeit von Luftreinigern“, kritisiert der Obmann der FDP-Fraktion im Gesundheitsausschuss, Andrew Ullmann.

Erneut habe es die Bundesregierung nicht geschafft, das Land auf den Herbst vorzubereiten. So sei die Impfkampagne immer noch zu klassisch gestrickt und erreiche nicht die richtigen Zielgruppen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) musste sich am Mittwoch in einer digitalen Sondersitzung des Gesundheitsausschusses den Fragen der Abgeordneten stellen. Sein Ministerium hatte zuvor ein Papier mit dem Titel „Sicher durch den Herbst und Winter – jetzt die Vorbereitungen treffen“ verschickt. Darin wird betont, dass noch etwa 32 Millionen Bürger nicht geimpft seien, darunter mehr als neun Millionen Kinder, für die es noch keinen zugelassenen Impfstoff gebe.

Auch wenn die Impfrate weiter gesteigert werde, seien im Herbst und Winter die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten, heißt es darin. Die Maske werde wohl bis ins Frühjahr 2022 hinein beim Einkaufen oder im Nahverkehr zum Alltag gehören. Spahns Ministerium fordert zudem regelmäßige Tests und Schutzkonzepte für Kitas, Schulen und Seniorenheime.

Der von Spahn vorgelegte Vorbereitungsstand für den Herbst zeige, dass die Regierung erneut spät dran sei und darauf vertraue, dass die Impfungen es schon richten, kritisiert Grünen-Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink. „Doch schon im Frühjahr war klar, dass die Impfung von Kindern und Jugendlichen nicht rechtzeitig vor dem Ende der Sommerferien kommen wird.“ Die Regierung habe versäumt, frühzeitig mit Schutzkonzepten oder Luftfiltern zu reagieren.

Besondere Brisanz hat aber eine Passage auf der vierten Seite des sechsseitigen Spahn-Papiers unter der Überschrift „Schutzmaßnahmen“: Bei wieder anziehendem Infektionsgeschehen und einer höheren Zahl von Krankenhauseinweisungen könnten insbesondere für Nicht-Geimpfte erneut weiter gehende Einschränkungen notwendig werden.

Dazu könne neben Kontaktbeschränkungen auch gehören, dass Nicht-Geimpfte keinen Zugang mehr zur Gastronomie oder zu Veranstaltungen erhalten. Aus „3G“ – Einlass für Geimpfte, Genesene und Getestete – würde „2G“. Der Test als Einlasskarte entfällt. Außerdem schlägt das Gesundheitsministerium vor, das Angebot der kostenlosen Bürgertests ab Mitte Oktober zu beenden.

Papier sorgt für Unruhe

Auch wenn Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erst am 10. August mit den Ministerpräsidenten über konkrete Maßnahmen beraten will, sorgt das Papier schon jetzt für Unruhe. So betonte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) im Gespräch mit der Zeitung „Augsburger Allgemeinen“, dass Spahns Konzept nicht die Position der Bundesregierung sei. „Die Impfung bleibt eine freiwillige Entscheidung. Eine Impfpflicht wird es nicht geben.“

Geimpfte, Getestete und Genesene sollen in der Öffentlichkeit weiterhin die gleichen Rechte genießen. Allerdings können Unternehmer selbst über den Zugang für Ungeimpfte zu entscheiden. Es gelte die Vertragsfreiheit. Wer seine Mitarbeiter, Gäste oder Kunden besonders schützen möchte, könne Angebote nur für Geimpfte machen. „Grundsätzlich gilt: Es macht einen großen Unterschied, ob der Staat Grundrechte einschränken muss oder ob Private Angebote für bestimmte Personengruppen machen möchten.“

Auch mehrere SPD-Ministerpräsidenten lehnen die Verschärfung der Regeln für Ungeimpfte ab. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte sagte der „Bild“, er halte es für falsch und rechtlich unzulässig, Ungeimpfte aus dem öffentlichen Leben auszuschließen. Ähnlich äußerte sich Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sagte, es sei wichtig, dass sich mehr Menschen in Deutschland impfen ließen. „Drohungen bringen uns da nicht weiter. Wir müssen überzeugen.“

Auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga distanziert sich von Spahns Plänen: „Zwei G – also der Zugang nur für Geimpfte und Genesene – darf nur das allerletzte Mittel sein und setzt voraus, dass alle auch ein Impfangebot erhalten haben“, sagt Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges. Derzeit sei eine Impfung für Kinder ja noch gar nicht möglich. „Als Gastgewerbe wollen wir keine Polarisierung in der Gesellschaft.“

Bayerns Gesundheitsminister blickt zuversichtlich auf den Herbst. Quelle: dpa
Klaus Holetschek

Bayerns Gesundheitsminister blickt zuversichtlich auf den Herbst.

(Foto: dpa)

Auch müsse die Regierung darauf achten, dass eventuelle neue Restriktionen verhältnismäßig seien. So hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht gerade die Schließung von Diskotheken, Klubs und Shisha-Bars ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als zehn außer Vollzug gesetzt.

Sich bei den Regeln für das Gastgewerbe allein an Inzidenzzahlen wie 35 oder 50 zu orientieren reiche nicht mehr aus, betont Hartges. Es müssten schnell neue Parameter entwickelt werden, die auch die Impfquote oder die Belegung der Krankenhäuser berücksichtigten.

Beim Deutschen Städte- und Gemeindebund hat man aber durchaus Sympathie für ein Ende der kostenlosen Bürgertests – solange alle, die noch nicht geimpft werden können, sie weiter erhalten: „Das ist keine Zweiklassengesellschaft, sondern die Umsetzung eines nachvollziehbaren Ansatzes“, sagt Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Wer die Impfung verweigere, treffe damit eine persönliche Entscheidung, deren Folge der Staat nicht automatisch ausfinanzieren müsse. „Die flächendeckenden kostenlosen Bürgertests für alle verschlingen große Summen an Steuergeldern, die besser in weitere Impfkampagnen investiert werden sollten“, sagt Landsberg.

Grünen-Expertin Klein-Schmeink sieht Spahns Vorschlag, die Kostenfreiheit der Tests ab Oktober aufzuheben, sehr kritisch. „Es fehlt auch jede Aussage, wie das Fortbestehen der Testinfrastruktur gewährleistet werden soll“, betont sie. Sollte das Infektionsgeschehen im Herbst wieder zunehmen, wäre es nicht verantwortbar, Bürgertests künftig nur noch gut betuchten Menschen zur Verfügung zu stellen.



FDP-Gesundheitsexperte Ullmann lehnt die vorgeschlagene Abschaffung der 3G-Regel, falls die Fallzahlen im Herbst ansteigen, vehement ab. Nur Geimpften und Genesenen die Teilhabe am öffentlichen Leben zu ermöglichen sei „ein Wortbruch der Bundesregierung, da sie so die Impfpflicht durch die Hintertür verlangt“.

Eine Sprecherin der Bundesregierung betonte am Mittwoch, man wolle keine Impfpflicht, auch nicht durch die Hintertür. Aber jeder habe die Möglichkeit, den Pandemieverlauf zu beeinflussen.

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2 Kommentare zu "Pandemie-Bekämpfung: Opposition hegt Zweifel an guter Vorbereitung für den Corona-Herbst – SPD kritisiert Spahns Pläne für Ungeimpfte"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Die Impfungen werden es schon richten. Solange können wir uns auf die faule Haut legen und haben Zeit, uns um die Wahl kümmern. Schon vergessen? - Wir haben noch eine Wahl zu gewinnen!

    Und wenn die Impfungen es erwartungsgemäß dann doch nicht richten, dann laden wir den Schaden einfach wieder bei den Gastronomen und den Veranstaltungsfirmen ab und machen die Ungeimpften zum Sündenbock für das eigene Versagen.

  • Es ist einfach unglaublich, dass unsere Regierenden immer noch an einem besseren System außer der 7-Tage-Inzidenz herumdoktorn. Man bräuchte nur im Nachbarlend Österreich abzukupfern, wo es eine funktionierende Ampel schon ein Jahr gibt. Die Österreicher würden bestimmt keinen Streit über Urheberrechtsveletzung anfangen.

    Es fehlt wohl an der aktuellen Datenlage seitens der Krankenhäuser. Dann verpflichtet diese doch zu aktuellen daten, mein Gott !

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