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Pandemie Impfgipfel: Hohe Erwartungen an Bund-Länder-Treffen – Merkel fürchtet „Anklagegipfel“

Gelockerte Beschränkungen für Geimpfte und Genesene, keine Impfreihenfolge mehr: Bund und Länder beraten über einen Fahrplan zurück zur Normalität.
26.04.2021 Update: 26.04.2021 - 13:44 Uhr Kommentieren
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (r.) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Bund-Länder-Treffen. Quelle: dpa
Beratungen von Bund und Ländern

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (r.) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Bund-Länder-Treffen.

(Foto: dpa)

Berlin Ein Jahr nach Beginn der Pandemie beraten Bund und Länder nicht mehr über weitere Lockdown-Schritte, sondern über einen Fahrplan zurück zur Normalität. Es geht um die Frage, welche Lockerungen von den Corona-Beschränkungen Geimpfte und Genesene erhalten können – und ob die Impfreihenfolge früher fallen kann als vorgesehen.

Die Erwartungen an das Treffen sind groß, was auch an dem absehbaren Fortschritt bei der Impfkampagne liegt. Ende der Woche waren hierzulande rund sieben Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft. Knapp 23 Prozent hatten mindestens eine erste Dosis erhalten. Bereits im Juni könnte die Hälfte der Bevölkerung eine Erstimpfung erhalten haben.

Völlig offen ist allerdings, zu welchem Konsens Bund und Länder am heutigen Montag tatsächlich kommen. Erfahrungen mit vergangenen Corona-Gipfeln haben gezeigt, dass die Entscheidungen oft mühsam waren und wenig zutage brachten. Auch vor dem Impfgipfel gibt es strittige Punkte.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) rechnete etwa mit einem „Anklagegipfel“ der SPD-geführten Bundesländer mit Blick auf die Impfstrategie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Außerdem warnte sie davor, Geimpfte und Getestete gleichzustellen.

Am Wochenende kursierte ein Eckpunktepapier, wonach unter anderem für vollständig Geimpfte und Genesene Ausnahmen von den Kontaktbeschränkungen gelten sollen und sie mit Getesteten gleichgestellt werden sollen. Sie könnten also ohne einen Schnelltest einkaufen oder zum Friseur gehen.

Für Getestete könne nicht das gelten, was für vollständige Geimpfte gelte, sagte Merkel nach Teilnehmerangaben am Montag in einer hybriden Sitzung des CDU-Präsidiums. Die Sicherheit der Impfung sei viel robuster als die Sicherheit von Tests. Zuerst hatte die „Bild“-Zeitung über die Äußerungen berichtet. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) warnte im „Deutschlandfunk“ vor einer Zweiklassengesellschaft zwischen Geimpften und Nicht-Geimpften.

Weitere Öffnungen für Geimpfte

Doch schon jetzt gibt es von Ärzten, Wirtschaftsverbänden und Politikern laute Rufe nach einem Fahrplan zurück zur Normalität. So sprach sich Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für Vorteile für Geimpfte bei Urlaubsreisen aus. „Für Geimpfte sollte es bald keine Tests und keine Quarantäne mehr geben bei Urlaubsreisen“, sagte Scheuer.

So könnten „Reisen wieder möglich werden“, und es könnte „ein Stück mehr Freiheit im Sommer zurückkehren“. Bisher gilt bei Flugreisen bei der Rückkehr nach Deutschland eine Testpflicht, bei der Rückkehr aus Ländern mit hohen Corona-Zahlen müssen sich Reisende in Deutschland in eine Quarantäne begeben.

Auch CDU-Vizin Julia Klöckner sprach sich vor dem Impfgipfel dafür aus, Geimpften gewisse Freiheitsrechte zurückzugeben. Auf die Frage, wann die Impfpriorisierung fallen solle, sagte sie am Montag vor einer hybriden Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin, Geimpfte sollten gewisse Freiheitsrechte schnell wiedererlangen. Klar sei auch: „Menschen brauchen Perspektive“, weil vielen die Decke auf den Kopf falle. Zugleich müsse auf den Expertenrat gehört werden. „Ich schätze, der Sommer wird uns wieder viel Luft geben.“

Mehr Rechte für Geimpfte und Genesene fordert auch die FDP. Die Corona-Notbremse verhindere, dass sich Geimpfte treffen könnten, kritisierte der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Das sei „ein ganz schwerer Fehler“, sagte er und forderte, das Gesetz schnell zu ändern.

Signale für Unternehmen

Der Mittelstandsverbund ZGV sieht in den Ausnahmen für Geimpfte auch einen Anreiz, sich ein Vakzin verabreichen zu lassen. „Elementar ist doch jetzt, dass bei einer längst überfälligen und hoffentlich bald auch tatsächlich ausreichenden Verfügbarkeit von Impfstoffen die höchstmögliche Motivation geschaffen wird, damit sich die Menschen auch tatsächlich impfen lassen“, sagte Hauptgeschäftsführer Ludwig Veltmann dem Handelsblatt. „Dazu müssen Impfnachweis und negativer Testnachweis grundsätzlich gleichgesetzt werden.“

Zwar würden Geimpfte und negativ getestete Personen Hygieneregeln wie Abstand zu halten und Masken zu tragen bis zu einer Stabilisierung der Gesamtlage weiterhin beachten müssen, sagte Veltmann weiter. „Aber der Zugang zu kulturellen Veranstaltungen, zum Einzelhandel, zu Messeveranstaltungen, religiösen Zeremonien und zu privaten Treffen darf ihnen nicht länger verweigert werden.“ Der Mittelstandsverbund vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von etwa 230.000 mittelständischen Unternehmen.

Er erwarte vom Impfgipfel auch das Signal, dass die Unternehmen „eine tragende Rolle in der Impfstrategie bekommen“, so Veltmann. Dies bedeute, dass wie den Hausärzten auch den Betriebsärzten rasch ausreichende Impfdosen zur Verfügung gestellt werden. „Die vertrauensvolle Kommunikation am Arbeitsplatz würde nicht nur die Impfbereitschaft stärken, sondern auch die Effizienz der Umsetzung deutlich verbessern.“



Auch der Handelsverband HDE fordert von der Politik Maßnahmen, die eine flächendeckende Öffnung der Geschäfte ermöglichen. „Wenn Geimpfte ihre Rechte schneller als andere wieder voll ausüben können, dann ist wichtig, dass es einen digitalen Impfnachweis gibt, der in bestehende Apps integriert wird“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dem Handelsblatt.

„Geimpfte sollten dann auch wieder alle Einkaufsmöglichkeiten nutzen können.“ Die Bundesregierung plant, einen digitalen Corona-Impfnachweis im Sommer einzuführen.

Genth erwartet vor diesem Hintergrund, dass der Impfgipfel einen „klaren Weg aus der Pandemie heraus“ aufzeigt. Die Politik müsse dafür sorgen, „dass sich das Impftempo zeitnah weiter beschleunigt und in der Folge die Corona-Maßnahmen sukzessive gelockert werden“.

Dabei sollte die Öffnung aller Einzelhändler als eine der ersten Lockerungen angegangen werden. „Schließlich machen wissenschaftliche Erkenntnisse des Robert Koch-Instituts und der TU Berlin deutlich, dass das Infektionsrisiko beim Einkauf ohnehin nur gering ist“, betonte Genth.

Aufhebung der Impfreihenfolge

Um mögliche Lockerungen zu forcieren, machte sich der Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), für die zügige Einführung eines europäischen Impfzertifikats stark. „Die aktuellen Einschränkungen und Eingriffe sind unbestritten sehr weitgehend, und die politisch Handelnden haben die Pflicht, sobald es vertretbar ist, diese Einschränkungen auch schnellstmöglich wieder zurückzunehmen“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium dem Handelsblatt. „Ich bin sicher, dass mit der europaweiten Einführung des digitalen Corona-Impfpasses wieder viele Freiheiten möglich sind.“

Das Ziel müsse sein, den Impfpass bis zum 1. Juni dieses Jahres zur Verfügung zu stellen, sagte Bareiß. „Das wäre für den stationären Einzelhandel, die Reisebranche, Restaurants, aber auch für Kultur und Veranstaltungen der Game Changer und die Grundlage, um wieder zu öffnen.“

Der Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, spricht sich gar dafür aus, die Außengastronomie in Deutschland unter Beachtung strenger Hygienekonzepte schon im Mai zu öffnen. „Das wäre ein wichtiger Hoffnungsschimmer für Gastronomie und Gesellschaft sowie epidemiologisch angezeigt“, sagte Theurer dem Handelsblatt.

„Denn die Gefahr, sich in einem Biergarten an der frischen Luft zu infizieren, ist sehr gering.“ Das sei durch Aerosolforscher bestätigt worden und müsse nun von der Bundesregierung berücksichtigt und umgesetzt werden.

Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) empfiehlt wiederum, die Impfpriorisierung aufzuheben. „Der Impfgipfel sollte sich mit der Frage beschäftigen, wie in den kommenden Wochen möglichst schnell möglichst viele Menschen eine Erstimpfung erhalten können“, sagte ZI-Geschäftsführer Dominik Stillfried dem Handelsblatt.

„Dafür sollte der Anteil der Dosen maximiert werden, der an die Praxen ausgeliefert wird, und ein baldiges Ende für die Terminvergabe von Erstimpfungen in Impfzentren vereinbart werden.“ Auch ein früheres Ende für Erstimpfungen in den Zentren wäre denkbar.

CDU-Chef Armin Laschet mahnte angesichts steigender Impfstoffmengen ebenfalls, in den nächsten Wochen „das Impfsystem für alle zu öffnen“ und „spätestens im Juni die Priorisierungen“ bestimmter Gruppen bei der Impfung aufzuheben. Den Juni nennt auch das Bundesgesundheitsministerium als möglichen Zeitraum.

CSU-Chef Markus Söder hält schon den Mai für möglich. „Nach dem Abarbeiten von bereits vereinbarten Impfterminen sollten alle Impfstoffe für jeden komplett freigegeben werden. Das sollte am besten noch im Mai erfolgen“, sagte Söder der „Bild am Sonntag“. Der bayerische Ministerpräsident schlug ferner vor, auch Schüler ab 16 Jahren „bei ausreichendem Impfstoff“ vermehrt zu impfen.

Mit Agenturmaterial.

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