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Pandemie Lauterbach schließt Lockdown nicht aus: „Es gibt keine roten Linien“

Die Forderungen von RKI-Chef Wieler nach schärferen Maßnahmen gegen eine fünfte Coronawelle haben den Gesundheitsminister verärgert. Nun traten beide gemeinsam vor die Presse.
22.12.2021 - 14:23 Uhr 1 Kommentar
„Das Weihnachtsfest soll nicht das Omikron-Feuer entfachen.“ Quelle: dpa
Lothar Wieler (l.) und Karl Lauterbach

„Das Weihnachtsfest soll nicht das Omikron-Feuer entfachen.“

(Foto: dpa)

Berlin Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die Bund-Länder-Beschlüsse zur Eindämmung des Coronavirus verteidigt, warnte allerdings vor einer fünften Welle. „Uns gelingt es, die Delta-Welle langsam, aber gut in den Griff zu bekommen“, sagte Lauterbach am Mittwoch in der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Chef des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler.

„Trotzdem müssen wir jetzt davon ausgehen, dass sich die Omikron-Welle nicht mehr verhindern lässt.“ Es würden alle nötigen Maßnahmen erwogen, sagte er auf die Frage, ob schärfere Lockdown-Maßnahmen nötig seien. „Es gibt keine roten Linien.“

Wichtigster Bestandteil der Strategie sei die Booster-Impfung. Derzeit hätten 28,5 Millionen Menschen eine dritte Impfung erhalten – das von der Bundesregierung ausgerufene Ziel, bis Jahresende 30 Millionen Booster-Impfungen zu verabreichen, liegt damit in Reichweite. Absehbar aber müssten 60 Millionen Menschen eine Booster-Impfung erhalten. Dies „entschleunigt dramatisch das Fortschreiten der Pandemie und schützt auch die Ungeimpften“.

Um die rasante Ausbreitung der Omikron-Variante zu bremsen, hatten Bund und Länder weitere Beschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens beschlossen. Sie sollen aber erst nach Weihnachten gelten. Spätestens ab 28. Dezember soll generell eine Obergrenze von zehn Personen für Privattreffen gelten.

Kanzler Olaf Scholz (SPD) verständigte sich mit den Ministerpräsidenten der Länder zudem auf die Schließung von Klubs und Diskotheken sowie darauf, Fußballspiele und andere Großveranstaltungen ohne Publikum stattfinden zu lassen. Am 7. Januar will sich Scholz erneut mit den Länderchefs treffen, um über die Pandemiebekämpfung zu beraten.

Zwist mit dem RKI

Das RKI hatte kurz vor der Bund-Länder-Runde viel weitreichendere Maßnahmen gefordert, darunter sofortige maximale Kontaktbeschränkungen.

Erste Analysen deuteten trotz noch vorhandener Unsicherheiten darauf hin, dass Omikron bereits Anfang Januar 2022 die Mehrzahl der Infektionsfälle in Deutschland ausmachen könne, teilte das RKI mit. Es könne durch Omikron täglich zu mehreren Zehntausend Ansteckungen kommen. Unter den derzeitigen Bedingungen liege die Verdopplungszeit in Deutschland bei etwa drei Tagen.



An den RKI-Äußerungen hatte sich bei den Bund-Länder-Beratungen Kritik entzündet. Lauterbach sagte in der Schalte, es gebe keine wissenschaftliche Zensur, die Veröffentlichung sei aber „nicht abgestimmt“ gewesen. Das dürfe nicht passieren. In der Bundespressekonferenz mit RKI-Chef Lothar Wieler äußerte sich Lauterbach zurückhaltender. Danach gefragt, ob er noch zu Wieler stehe, sagte er: „Sonst säße er hier nicht.“ Wieler verteidigte sein Vorgehen. Es gehöre zur Aufgabe des Instituts, regelmäßig Empfehlungen herauszugeben.

Zudem äußerte er sich besorgt über die Pandemielage. „Durch Omikron muss mit einer Infektionswelle von einer bisher nicht gesehenen Dynamik gerechnet werden“, sagte er. Bei einer Verdopplungszeit von drei Tagen könnte die Variante spätestens in drei Wochen dominant sein.

„Wenn es nicht gelingt, die Dynamik der Omikron-Welle zu dämpfen, muss mit einer Überlastung des Gesundheitssystems und der kritischen Versorgungsstruktur gerechnet werden“, sagte er. „Das Weihnachtsfest soll nicht das Omikron-Feuer entfachen.“ Die beschlossenen Maßnahmen würden allerdings dazu beitragen, das Infektionsgeschehen einzudämmen.

Lauterbach: „Omikron-Welle lässt sich nicht mehr verhindern“

Nicht nur das RKI hält strengere Maßnahmen für nötig. Das von dem Grünen-Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann regierte Baden-Württemberg und das von dem CDU-Regierungschef Michael Kretschmer regierte Sachsen machten in einer Protokollerklärung ihre Unzufriedenheit mit den Ergebnissen der Konferenz deutlich.

„Sie gewährleisten keine ausreichende Handlungsfähigkeit, um schnell auf eine sich zuspitzende Lage, wie sie der wissenschaftliche Expertenrat in seiner Stellungnahme vom 19. Dezember 2021 prognostiziert, reagieren zu können“, heißt es darin. Beide Länder forderten die Bundesregierung und den Bundestag auf, den Ländern wieder alle gesetzlichen Handlungsoptionen zu geben.

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Kretschmer sprach von einer „verpassten Chance“. Er geht davon aus, dass es schon vor der nächsten Bund-Länder-Runde am 7. Januar weiteren Handlungsbedarf geben wird. „Es ist aus meiner Sicht sehr zu erwarten, dass dieser 7. Januar zu spät ist. Die Dynamik, die wir derzeit erleben, ist sehr groß.“ Er glaube, dass es schon vorher zu Abstimmungen und Gesprächen komme.

Mehrere Länder kündigten bereits an, wegen Omikron die Kontaktbeschränkungen schon früher umzusetzen. In Mecklenburg-Vorpommern etwa greifen sie schon ab Heiligabend, in Baden-Württemberg unmittelbar nach den Weihnachtsfeiertagen, also am 27. Dezember, wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte. In Hamburg gelten sie bereits vor Weihnachten.

Die Beschlüsse kommen auch nach Ansicht des Frankfurter Virologen Martin Stürmer zu spät. „Bei der Verdopplungsrate, die Omikron an den Tag legt, ist jeder Tag wichtig“, sagte Stürmer am Mittwoch im Deutschlandfunk. Omikron sei nicht erst seit gestern eine Bedrohung. Man könne der Politik durchaus den Vorwurf machen, mit dem verspäteten Treffen „schon wieder etwas verschlafen“ zu haben.

Omikron-Infektion im Bundestag

Er glaube nicht, „dass wir das Signal der Entspannung aussenden können“. Es werde das Signal vermittelt, „über Weihnachten können wir uns noch entspannen, danach ziehen wir die Bremse wieder an“. Es seien Beschlüsse, die wieder nicht rechtzeitig kämen, um eine Welle zu brechen. „Da hätte ich mir mehr gewünscht“, sagte Stürmer.

Neben Lauterbach stellte auch Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) in Aussicht, dass die Maßnahmen noch einmal verschärft werden könnten. „Wir sind jederzeit bereit, uns mit zusätzlichen Kontaktbeschränkungen auf die neue Lage einzustellen, wenn es erforderlich ist“, sagte Wissing in der ARD.

Omikron sei eine neue Herausforderung, und die Politik müsse flexibel genug sein, schnell zu reagieren. Zu Weihnachten setzt Wissing jedoch auf Eigenverantwortung: „Das muss jeder für sich selbst entscheiden.“ Kontakte, die zu vermeiden seien, müssten auch vermieden werden. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass die Menschen das auch verinnerlicht haben.“

Derweil erreichte die Omikron-Variante auch den Bundestag. An der konstituierenden Sitzung des Verteidigungsausschusses haben nach Angaben aus dem Gremium zwei Abgeordnete mit einer zu diesem Zeitpunkt nicht erkannten Covid-19-Infektion teilgenommen, darunter waren die beiden Varianten Delta und Omikron.

Die Politiker hatten bei der Sitzung am vergangenen Mittwoch Masken getragen, legen diese aber üblicherweise bei Redebeiträgen ab.

Mehr: Kommentar: Scholz schlägt wegen Omikron Alarm – und liefert schwache Beschlüsse

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1 Kommentar zu "Pandemie: Lauterbach schließt Lockdown nicht aus: „Es gibt keine roten Linien“"

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  • Selbstverständlich gibt es 'Rote Linien' - nämlich in Form des Grundgesetzes und dementsprechend gegebene transparente, rechtstaatliche, rechenschaftspflichtige und demokratische Prozesse.

    Die selbstverliehene Aprobation "Wir haben jetzt Krise, deshalb dürfen wir alles" entspricht zwar selbstverliebten Ego-Eigensüchteleien, sind aber aus gutem Grund verfassungsrechtlich verwehrt.

    Wer meint, in der "Stunde der Not" machtbesessen über die Strenge schlagen zu dürfen, den wird das Leben "richten". Wer Wind sät, wird Sturm ernten... Es gibt immer einen Tag danach. Irgendwann ist auch das vorbei.

    Dann wird man sich rückblickend die Akteure mit ihrem Tun noch einmal genauer anschauen. Auch die Taten einer Merkel, eines Söders und eines Kretschmer...


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