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Pandemie Was das Ende der Coronagratistests für die Bürger bedeutet

Ab Montag erhalten Anbieter von Covid-Schnelltests nur noch in Ausnahmefällen eine Vergütung vom Bund. Viele Teststellen dürften so schnell wieder verschwinden, wie sie gekommen sind.
10.10.2021 - 08:37 Uhr 1 Kommentar
Ab Montag sind die Schnelltests für Bürger nur noch in Ausnahmefällen kostenlos. Quelle: imago images/Ralph Peters
Corona-Teststelle in Frankfurt

Ab Montag sind die Schnelltests für Bürger nur noch in Ausnahmefällen kostenlos.

(Foto: imago images/Ralph Peters)

Berlin Lange galten sie als ein zentrales Element im Kampf gegen die Coronapandemie: die kostenlosen Bürgertests. Doch weil die Bundesregierung mehr Menschen zum Impfen bewegen und den Bundeshaushalt nicht überstrapazieren wollte, versah sie das Angebot mit einem Ablaufdatum.

Am Sonntag ist nun Schluss, ab Montag müssen Bürger die Tests selbst bezahlen. Ausnahmen gelten für Menschen, die sich nicht impfen lassen können, zum Beispiel aus medizinischen Gründen oder weil sie schwanger sind, und für Jugendliche, für die erst seit August eine Impfempfehlung vorliegt.

Schon bald nach dem Start des kostenlosen Testangebots im März dieses Jahres waren im ganzen Bundesgebiet zehntausende Teststationen entstanden – teils in Kosmetikstudios, Shishabars oder in Läden, die wegen der Pandemie geschlossenen blieben. Die Nachfrage war groß, bis Anfang August hatte der Bund schon mehr als drei Milliarden Euro für die Tests ausgegeben.

Das Rote Kreuz will das Testangebot deutlich reduzieren

Nachdem Fälle von Abrechnungsbetrug Schlagzeilen gemacht hatten, zog der Bund ab Juli die Zügel an. Seither konnten Betreiber von Teststellen nicht mehr zwölf Euro für die Entnahme des Abstrichs abrechnen, sondern nur noch acht Euro. Die Materialkosten, die zuvor mit bis zu sechs Euro vergütet worden waren, wurden auf pauschal 4,50 Euro begrenzt. Für viele Anbieter war das immer noch ein gutes Geschäft, weil sie die Testkits zum Teil deutlich günstiger einkaufen konnten.

Angesichts des Impffortschritts und der lange stagnierenden Fallzahlen berichten die für die Abrechnung zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen aber schon seit Längerem über sinkende Testzahlen. Entsprechend sinkt auch das Angebot. In Köln beispielsweise gab es zuletzt noch 639 aktive Testzentren. Ihre Kapazität lag geschätzt bei gut 70.100 Tests täglich und war nur noch zu rund einem Fünftel bis zu einem Viertel ausgelastet.

Beim Anbieter 21Dx GmbH, der in Deutschland mehr als 20 Teststationen sowie mobile Teststrecken und Impfzentren betreibt, ist zunächst nicht geplant, die Zahl der Teststationen zu reduzieren. Aber man müsse langfristig natürlich die Wirtschaftlichkeit im Blick behalten, sagt ein Sprecher.

Bereits im Juli gab es bei dem Unternehmen einen starken Rückgang der Testnachfrage, im Herbst ist sie aber wieder gestiegen. Für einen Antigenschnelltest wird das Unternehmen ab Montag zunächst 19,90 Euro verlangen.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) teilte auf Anfrage mit, dass seine Landesverbände ihr Testangebot deutlich reduzieren werden, in Berlin und Bremen wird es ganz eingestellt, in Mecklenburg-Vorpommern auf wenige mobile Teams beschränkt.

Einige Kreisverbände, die weiterhin Testzentren betreiben, wollen noch ein bis zwei Wochen abwarten, inwieweit kostenpflichtige Tests überhaupt noch von der Bevölkerung genutzt werden. Die Preisspanne für Antigenschnelltests bei Erwachsenen wird sich beim Roten Kreuz zwischen zwölf und 20 Euro bewegen.

In Hamburg war die Zahl der durch den Gesundheitsdienst beauftragten Teststellen von 404 Mitte Juni schon bis Mitte August auf 271 gesunken. Ab Montag wird die Hansestadt nun keine kommerziellen Anbieter mehr beauftragen. Diese dürfen zwar weiterhin kostenpflichtige Tests durchführen, über das Ergebnis aber keine Bescheinigungen mehr ausstellen.

Wer nicht geimpft oder von einer Covid-Erkrankung genesen ist und bei geltender 3G-Regel ein Restaurant oder eine Kulturveranstaltung besuchen will, erhält den erforderlichen Testnachweis künftig nur noch bei medizinischen Anbietern wie Ärzten oder Laboren. Die Hamburger Sozialbehörde rechnet deshalb mit einer „nachfrageorientierten Bereinigung des Marktes“, viele kommerzielle Anbieter hätten bereits angekündigt, ihr Angebot einzustellen.

Geht es nach der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), dann sollte der Hamburger Weg „durchaus ein Modell für das gesamte Bundesgebiet sein“. Die Apotheker betonen – natürlich nicht ganz uneigennützig –, dass auch ab Montag wohnortnah noch ein ausreichendes Testangebot für alle aufrechterhalten werden müsse, die sich nicht impfen lassen könnten.

Das Betreiben einer Teststelle sei aber wegen der Raum- und Personalkosten aufwändig. Nur wenn in einer Institution genügend Tests nachgefragt würden, könne das Angebot zu akzeptablen Kosten vorgehalten werden. Andernfalls müssten Teststellen schließen oder Mondpreise von den Bürgern verlangen, um auf ihre Kosten zu kommen. Deshalb sei eine Begrenzung des Angebots auf Gesundheitseinrichtungen wie Ärzte oder Apotheken sinnvoll.

„Wir laufen in eine Schattenpandemie.“ Quelle: imago images/Jürgen Heinrich
Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen:

„Wir laufen in eine Schattenpandemie.“

(Foto: imago images/Jürgen Heinrich)

Im Frühsommer boten bundesweit rund 6.000 Apotheken Antigentests an, derzeit sind es noch etwa 4.400. „Ich bin optimistisch, dass wir ein flächendeckendes Testangebot der Apotheken auch für die kommenden Monate aufrechterhalten können – aber eben nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen“, sagt ABDA-Präsidentin Regina Overwiening.

Aus der Politik gibt es aber auch Stimmen, die das Aus für die kostenlosen Bürgertests generell für falsch halten: Das Ende komme zu früh, sagt Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. „Ohne Gratistests werden wir weniger Testergebnisse bekommen, mehr Infektionen werden unerkannt bleiben“, warnt er. „Wir laufen in eine Schattenpandemie.“

„Probates Mittel, um Unentschlossene noch zur Impfung zu bewegen“

Er rate der Bundesregierung, der Kehrtwende Österreichs zu folgen. Das Nachbarland hat die Gratistests gerade bis Ende März 2022 verlängert. „Statt den Gratistest zu streichen, sollten wir Impfkampagne und Tests verknüpfen”, sagt Dahmen. Wer eine Impfberatung annehme, solle im Gegenzug einen Gratistest bekommen, schlägt er vor.

Ulf Dittmer, Virologe an der Uniklinik Essen, sieht dagegen in dem Ende der kostenlosen Bürgertests „ein probates Mittel, um Unentschlossene noch zur Impfung zu bewegen“. Die Hälfte der Nicht-Geimpften seien keine klaren Impfverweigerer, sondern könnten durch diese Maßnahme noch zur Impfung gebracht werden.

„Für das Gesundheitssystem ist es sehr wichtig, dass wir die Herdenimmunität durch möglichst viel Impfung und weniger Infektion erreichen“, sagte Dittmer dem Handelsblatt. Denn bei der Delta-Variante des Virus, die auch jüngere Menschen krank mache, seien besonders viele schwere Krankheitsverläufe mit stationären Klinikeinweisungen zu beobachten.

Mehr: Das Coronavirus dominiert seit Januar 2020 den Alltag in Deutschland – die Chronik

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  • Sämtliche 2G- und 3G-Regeln, insbesondere 3G mit kostenpflichtigem Test, die Benachteiligung bei Quarantänepflichten sowie das Vorenthalten der Verdienstausfallentschädigung für Ungeimpfte sind mit dem Grundgesetz unvereinbar und verstoßen gegen die Grundrechte der Betroffenen.

    Alle Benachteiligungen Ungeimpfter müssen sofort aufgehoben werden. Das ist das Ergebnis eines Rechtsgutachtens des Freiburger Staatsrechtlers Professor Dr. Dietrich Murswiek.

    Mit der 2G-Regel werden Ungeimpfte vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Mit der 3G-Regel, verbunden mit dem Wegfall der Kostenfreiheit für die Schnelltests, wird die Teilnahme am öffentlichen Leben so sehr erschwert, dass sie faktisch weitgehend draußen bleiben müssen.

    Das offizielle Ziel dieser Maßnahmen ist es, die COVID-19-Epidemie einzudämmen, um eine Überlastung der Intensivstationen zu vermeiden. Zu diesem Zweck sind die 2G- und 3G-Regeln aber schon deshalb nicht erforderlich, weil eine Gefahr für die Überlastung der Intensivstationen nicht besteht.

    Soweit der Staat die 2G- und 3G-Regeln damit rechtfertigen will, dass sie der Minimierung der schweren Krankheitsverläufe und Todesfälle dienten, geht es nicht um Gefahrenabwehr, sondern um Optimierung des Gesundheitsschutzes im Sinne einer Risikovorsorge. Zu diesem Zweck darf nicht die Freiheit von Menschen eingeschränkt werden, die für diese Risken nicht verantwortlich sind. Die Freiheit ist dem Einzelnen nach dem Grundgesetz kraft seiner Menschenwürde garantiert. Er erhält sie nicht erst dann von der Obrigkeit zugeteilt, wenn er beweisen kann, dass er vom Staat definierte Kriterien für seine Ungefährlichkeit erfüllt.

    Mit dieser Maßnahme setzt der Staat in besonders deutlicher und zynischer Weise die Impfung als als „Tor zur Freiheit“ ein. Die Impfung wird zur Voraussetzung gemacht, seine Freiheitsrechte wahrzunehmen, obwohl es hierfür keine verfassungsrechtlich tragfähige Rechtfertigung gibt. Murswiek ist emeritierter Professor für Öffentliches Rech

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