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Pandemiebekämpfung Merkel droht Bundesländern mit Durchgriff – Wirtschaft wehrt sich gegen Testpflicht

Ob sich Bund und Länder am Montag beraten werden, ist unklar. Derweil zeigt eine Befragung der Bundesregierung: Nur etwa jeder Zweite lässt sich bei der Arbeit testen.
08.04.2021 Update: 08.04.2021 - 18:48 Uhr 5 Kommentare
Die Kanzlerin will neue Maßnahmen in der Coronakrise durchsetzen. Dazu könnte auch eine Testpflicht in Unternehmen gehören. Quelle: AP
Angela Merkel und Peter Altmaier

Die Kanzlerin will neue Maßnahmen in der Coronakrise durchsetzen. Dazu könnte auch eine Testpflicht in Unternehmen gehören.

(Foto: AP)

Berlin Die Länderchefs können sich derzeit nicht mehr auf viel verständigen. Noch nicht einmal darauf, ob die nächste Ministerpräsidentenkonferenz wie geplant am Montag stattfinden soll.

Angesichts der Kakofonie erhöht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Druck auf die Ministerpräsidenten. In Koalitionskreisen wurden Überlegungen des Kanzleramts bestätigt, dem Bund über eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes mehr Kompetenzen bei der Pandemiebekämpfung zu geben. Denkbar seien Vorgaben für Landkreise mit hohen Inzidenzwerten, die sogenannte Notbremse umzusetzen, hieß es.

Eine Entscheidung dazu gibt es bisher nicht. Merkel will über die Drohung stärkerer Durchgriffsrechte die zögerlichen Länder wie Niedersachsen dazu bewegen, angesichts hoher Infektionszahlen und der zunehmenden Auslastung der Intensivbetten tätig zu werden. Sie dringt auf einen „kurzen, einheitlichen Lockdown“ und ein einheitliches Vorgehen. Diskutiert wird über bundesweit geltende Ausgangsbeschränkungen und eine Verpflichtung für Arbeitgeber, ihre Beschäftigten zu testen.

Eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes wäre aber in der Unionsfraktion kein Selbstläufer. Einige Bundestagsabgeordnete halten sie für notwendig. „Wir sind der Meinung, dass neben den Landesregierungen auch der Bund zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt werden muss“, schreiben etwa die CDU-Abgeordneten Norbert Röttgen, Johann Wadephul und Yvonne Magwas an ihre Kollegen.

Sie verweisen darauf, dass bei den Bund-Länder-Runden zuletzt „eine Einigung auf gemeinsames Handeln nicht mehr möglich gewesen“ sei. „Es ist eine Frage unserer Verantwortung als Bundesgesetzgeber, dem Bund (zusätzlich) dieselben Handlungsmöglichkeiten zu geben wie den Ländern, nämlich durch Rechtsverordnung die Durchsetzung der nationalen Ziele des Infektionsschutzgesetzes zu gewährleisten“, schreiben sie.

Allerdings sehen auch Unionsabgeordnete den Vorstoß kritisch. Insofern ist mit einer schnellen Entscheidung nicht zu rechnen. Es liefen Gespräche, hieß es. Zudem wird darauf hingewiesen, dass der Bundesrat einer solchen Gesetzesänderung zustimmen müsste.

So müsste sich die Kanzlerin wieder mit den Ministerpräsidenten einigen. Thüringens linker Regierungschef Bodo Ramelow zeigte sich angesichts der Langwierigkeit dieses Prozesses skeptisch. In der SPD-Bundestagsfraktion hält man eine Verschärfung des Gesetzes zwar für grundsätzlich möglich.

SPD-Fraktion verärgert

Das Vorgehen des Koalitionspartners löst aber Verärgerung aus: „Außer halbgaren Gerüchten und einem unkonkreten Vorstoß dreier Unionsabgeordneter liegt uns nichts vor“, sagt ein Fraktionsmitglied.

Daher sei noch unklar, ob die Runde wie geplant am Montag stattfinden könne. „Dafür müssten ja konkrete Vorschläge vorliegen, über die man entscheiden könnte“, heißt es. Konkret fordert die SPD die Union auf, sich bei der Testpflicht für Firmen zu bewegen. „Wir können nicht weitgehende Maßnahmen wie Ausgangssperren verhängen, wenn wir nicht mal die zur Verfügung stehenden Mittel wie eine Testpflicht für Unternehmen vorher beschließen.“ Das sei der Bevölkerung nicht zu vermitteln.

Die Bundeskanzlerin droht mit einer Testpflicht, doch Wirtschaftsminister Altmaier ist skeptisch. Quelle: AP
Merkel und Altmaier

Die Bundeskanzlerin droht mit einer Testpflicht, doch Wirtschaftsminister Altmaier ist skeptisch.

(Foto: AP)

Gegen die Verpflichtung, ihren Beschäftigten ein Testangebot zu machen, wehrt sich die Wirtschaft. Sie sei „angesichts enormer freiwilliger Anstrengungen“ überflüssig, sagte der Präsident des Familienunternehmer-Verbandes, Reinhold von Eben-Worlée. Bisher seien nicht genug Tests verfügbar, um die Unternehmen zur regelmäßigen Durchführung verpflichten zu können.

Merkel und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) haben der Wirtschaft mit Auflagen gedroht, wenn nicht mindestens 90 Prozent der Firmen regelmäßige Testmöglichkeiten schaffen. Nach Zahlen der Spitzenverbände der Wirtschaft bieten bereits 64 Prozent der Betriebe Tests an, weitere 23 Prozent stünden kurz davor.

70 Prozent der Beschäftigten bekamen Testangebot vom Arbeitgeber

Arbeits- und Wirtschaftsministerium hatten aber jeweils eigene Umfragen unter rund 2500 Beschäftigten und 1000 Unternehmen in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse sie am Donnerstagabend veröffentlichten. Laut der Unternehmensbefragung bieten mehr als die Hälfte der Unternehmen ihren vor Ort arbeitenden Beschäftigten mindestens einmal wöchentlich Tests an. Weitere stehen kurz davor, so dass in Kürze 69 Prozent der befragten Firmen ein Testangebot haben werden.

Von den befragten Beschäftigten sagen rund 70 Prozent, dass ihr Arbeitgeber bereits ein Testangebot unterbreitet oder zumindest angekündigt hat. Mitte März habe der Anteil noch bei 35 Prozent gelegen, teilten die Ministerien mit. Noch unklar ist, ob sich die Bundesregierung mit diesen Werten zufriedengeben wird.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte am Donnerstag bei einer Videokonferenz mit zahlreichen Verbandsvertretern deutlich gemacht, dass er eine Testangebotspflicht für Arbeitgeber skeptisch sieht. Diese zu kontrollieren, sei nur mit großem organisatorischem und zeitlichem Aufwand zu erreichen. Vielmehr gelte es, gemeinsam mit den Unternehmen zögerliche Mitarbeiter von der Notwendigkeit der Tests zu überzeugen.

Nach den Umfragen nehmen 46 Prozent aller befragten Beschäftigten das Testangebot ihres Arbeitgebers an, bei den in Präsenz Beschäftigten liegt der Anteil mit 57 Prozent höher. Bei den Unternehmen, die noch keine Tests anbieten, nannten 43 Prozent hohe Kosten als Grund, ein Drittel die mangelnde Verfügbarkeit von Tests.

Altmaier sieht weitere Verschärfungen kritisch

Altmaier sprach sich bei dem „Wirtschaftsgipfel“ gegen weitere Verschärfungen des Lockdowns aus. Gegenwärtig sehe man nicht das befürchtete exponentielle Wachstum der Infektionszahlen, sagte der Minister nach Angaben von Teilnehmern. Die für Montag geplanten Bund-Länder-Gespräche ergäben nur dann Sinn, wenn man auch eine gemeinsame Position finde.

Unter den Wirtschaftsvertretern trifft die Diskussion über eine erneute Verschärfung der Maßnahmen auf Kritik. „Es irritiert Bürger und Betriebe, wenn die Bundesregierung über immer neue Lockdown-Varianten fabuliert, während an den wichtigen Stellschrauben Testen, Impfen und Nachverfolgung zu wenig passiert“, sagte Eben-Worlée. Er forderte „test- und impfbasierte Lockerungen statt weitere Lockdowns“.

Er sei zuversichtlich, dass man dem Wirtschaftsminister die „weiterhin desaströse Lage im zwangsgeschlossenen Einzelhandel und die Dringlichkeit für Anpassungen bei den Coronahilfen deutlich machen konnte“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE, Stefan Genth.

Für inhabergeführte Betriebe müsse es Möglichkeiten zur Auszahlung eines Unternehmerlohns geben. Außerdem sollten die Höchstsummen für Nothilfen auf nationaler und auf EU-Ebene schnellstens abgeschafft werden, forderte Genth: „Ansonsten sind viele größere, filialisierte Händler so nicht zu retten.“

Die Verbände erneuerten ihr Angebot, die 12.500 Betriebsärzte in die Impfkampagne einzubeziehen, auch wenn es weiter offene Fragen gebe. Vereinzelt kamen Klagen, dass der Deckel für die Corona-Hilfsprogramme für viele mittelständische Betriebe nach wie vor zu niedrig liege.

Mehr: In Berlin sind Arbeitgeber verpflichtet, Beschäftigten Tests anzubieten.

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5 Kommentare zu "Pandemiebekämpfung: Merkel droht Bundesländern mit Durchgriff – Wirtschaft wehrt sich gegen Testpflicht"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Aktuell schadet Frau Merkel nur noch - natürlich auch ihrer Partei! Was dieser Lockdown bringen soll, erschließt sich mir nicht. Bei mir persönlich bringt dieser Lockdown absolut nichts mehr; d.h.: kein direkter Kontakt zu irgend jemanden ausser einem befreundeten Ehepaar. Einkaufen, Arztbesuche unter Schutz - Enkelkinder seit Weihnachten nicht mehr gesehen usw. Schulen ohne ausreichend Test's? - von den Firmen verlangen, auf eigene Kosten zu testen - ohne ausreichende Test's - da zeigt sich: hier funktioniert nichts mehr. Warum man in bestimmten Bereichen - mit niedriger "Inzidenz" nicht großzügiger sein kann/sollte, erschließt sich mir nicht. Hier geht es auch um die Sammlung von Daten! In unserem Kreis galoppiert der Inzidenzwert, ohne dass klar gesagt wird, wer sich verstärkt infiziert. - 1 Jahr ist "rum", ohne dass hierzu konkrete Werte vorliegen; wahrscheinlich will man das auch nicht, um nicht bestimmt Bevölkerungsgruppen an den Pranger zu stellen.

  • Es gibt so viele Möglichkeiten um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen und der CDU bzw. Merkel fällt nichts besseres als ein Lockdown ein... traurig


    Vor einem Brücken-Lockdown oder extra Oster/Pfingstfeiertage würde ich sehr gerne mal ein gut geplantes Testwochenende ins Spiel bringen..
    Wäre es nicht sinnvoller und vor allem günstiger wenn wir uns auf ein Wochenende einigen würden an dem sich ein Großteil der Bevölkerung testen ließe? So könnte man die ganzen asymptomatischen Infektionen entdecken. Meiner Meinung nach könnte das sinnvoll sein. Gerade in einer Zeit in der Hausärzte etc. auf Impfstoffe warten müssen und unproduktiv am Seitenrand zuschauen.

    Oder wenn der Staat, wie vor Weihnachten als jeder Risikopatient kostenlose FFP2 Masken bekommen hat, kostenlose Schnelltests verschenken würde. Bei einer koordinierten Aktion müssten die Schnelltests bundesweit am selben Tag verteilt werden. So könnte man ebenfalls die ganzen asymptomatischen Infektionen aufdecken und die Verbreitung gezielt unterbinden.



    Es gibt unendlich viele neue Wege die wir gehen können.. man muss nur den Mut haben sie auch wirklich zu einzuschlagen..

  • Frau M sollte endlich AUSGEMERKELT haben, dieser ganze Testwahnsinn, mit ungenauen Ergebnissen, dafür Psychosen für Mann & Maus sollte endlich beendet werden. ES IST GAR KEINE PANDEMIE Existenz - dafür ist die Sterblichkeitsrate viel zu gering und für max. 5% der betroffenen Bevölkerung müssen wir nicht 95% in den Abgrund stossen - wir brauchen funktionierende Wirtschaft und unser Leben & Grundrechte zu respektieren.

  • Der CDU traue ich keine Widerworte zu, hpffentlich läßt die SPD das nicht zu!

  • Es ist unfassbar - nach der Einschränkung der Grundrechte soll nun der Föderalismus geschreddert werden.

    Zur Erinnerung: Diese Machtenteilung wurde nach dem Krieg ganz gezielt installiert, weil die zuvor zentralisierte Macht zu leicht und einseitig missbraucht werden konnte.

    Da der Machtmissbrauch in Anbetracht beträchtlicher Gegenstimmen förmlich in der Luft liegt, bin ich mal auf die Beharrungskräfte in unserem System gespannt.

    (...) Beitrag von der Redaktion editiert. Unterstellungen oder Verdächtigungen ohne Bezug oder glaubwürdige Argument, die durch keine Quelle gestützt werden, sind nicht erwünscht.

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