
Bundespräsident Joachim Gauck
Berlin Bundespräsident Joachim Gauck hat sich von der Parteienkritik der früheren Staatsoberhauptes Richard von Weizsäcker distanziert. Dieser hatte die Parteien seinerzeit als „machtversessen und machtvergessen“ bezeichnet. „Eine solche Kritik an der Politik werden Sie von mir sicher nicht hören“, sagte Gauck dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. „Der Verdruss über sie ist zu groß, als dass ich ihn noch fördern möchte.“
Gauck rief dazu auf, auch in der Euro-Krise am europäischen Gedanken nicht zu zweifeln. „Das Ja zu Europa gilt es zu bewahren“. Gerade in Krisenzeiten sei die Neigung besonders ausgeprägt, sich in den Nationalstaat zu flüchten. „Gerade in der Krise heißt es deshalb: Wir wollen mehr Europa wagen.“
„Europa war für meine Generation Verheißung. Für meine Enkel ist Europa längst aktuelle Lebenswirklichkeit mit grenzüberschreitender Freiheit und den Chancen und Sorgen einer offenen Gesellschaft. Nicht nur für meine Enkel ist diese Lebenswirklichkeit ein Gewinn.“
„Erst redet offen und klar, dann kann verloren gegangenes Vertrauen wiedergewonnen werden.“
Der Bundespräsident mahnte, die repräsentative Demokratie nicht generell infrage zu stellen. Die repräsentative Demokratie sei das einzige System, das Gemeinwohl- und Einzelinteressen ausgleichen könne. „Das Besondere des Systems ist nicht seine Vollkommenheit, sondern dass es sich um ein lernfähiges System handelt“, fügte Gauck hinzu.
Und die aktive Bürgergesellschaft bis hin zur digitalen Netzgemeinschaft ergänze das System und gleiche Mängel aus.
„Seid nicht nur Konsumenten.“
„Freiheit ist eine notwendige Bedingung für Gerechtigkeit.“ Umgekehrt sei Gerechtigkeit aber auch „Grundlage für die Freiheit“.
„Wir leben inzwischen in einem Staat, in dem neben die ganz selbstverständliche deutschsprachige und christliche Tradition Religionen wie der Islam getreten sind, auch andere Sprachen, andere Traditionen und Kulturen.
Der Staat definiere sich immer mehr durch die Zugehörigkeit seiner Bürger zu einer politischen und ethischen Wertegemeinschaft. Der Bundespräsident warnte davor, in Fragen des Zusammenlebens sich „von Ängsten, Ressentiments und negativen Projektionen“ leiten zu lassen.
„Ich bitte Sie alle, mutig und immer wieder damit zu beginnen, Vertrauen in sich selbst zu setzen“.
Gauck erinnerte an ein Zitat des indischen Pazifisten Mahatma Gandhi (1869-1948), wonach nur ein Mensch mit Selbstvertrauen Fortschritt machen und Erfolge haben könne. Dann fügte er hinzu: „Ob wir den Kindern und Enkeln dieses Landes Geld oder Gut vererben werden, das wissen wir nicht. Aber dass es möglich ist, nicht den Ängsten zu folgen, sondern den Mut zu wählen, davon haben wir nicht nur geträumt. Das haben wir gelebt und gezeigt.“
Gauck sprach sich für die Stärkung der aktiven Bürgergesellschaft aus. Engagierte Bürger unterstützten die parlamentarische Demokratie und „gleichen Mängel aus“. Es seien gerade diese Bürger, die sich Demokratiefeinden und Extremisten entgegenstellen, sagte er. Zudem betonte Gauck die Notwendigkeit des Ehrenamtes.
„Euer Hass ist unser Ansporn. Wir lassen unser Land nicht im Stich“.
„Wir schenken euch auch nicht unsere Angst“.
„Ihr werdet Vergangenheit sein, und unsere Demokratie wird leben.“ Mit Blick auf die deutsche Geschichte nannte Gauck Deutschland ein „Land des Demokratiewunders“.
„Nur ein Mensch mit Selbstvertrauen kann Fortschritte machen und Erfolge haben - dies gilt für einen Menschen wie für ein Land.“
„Ob wir den Kindern und Enkeln dieses Landes Geld oder Gut vererben werden, das wissen wir nicht. Aber dass es möglich ist, nicht den Ängsten zu folgen, sondern den Mut zu wählen, davon haben wir nicht nur geträumt. Das haben wir gelebt und gezeigt.“
Im Westdeutschland der Nachkriegszeit sei der Umgang mit dem Nationalsozialismus zunächst defizitär geblieben, sagte Gauck. „Erst die 68er-Generation hat das nachhaltig geändert.“ Trotz aller Irrwege habe sie die historische Schuld ins kollektive Bewusstsein gerückt.
„Wir brauchen den Sport in einer demokratischen Gesellschaft. Er ist ein wesentlicher Baustein.“ So hat Gauck vor einem Jahr im „Deutschlandfunk“ seine grundsätzliche Haltung zum Sport beschrieben.
Als Sportler könne man viel für das Leben lernen, und wenn da auch noch politisches Interesse dazu komme, „dann ist das ein großes Geschenk für die Gesellschaft“. Das hat Gauck in Berlin vor einer Woche bei seinem letzten öffentlichen Auftritt als Bürger Gauck vor jungen Eishockeyspielern gesagt, die sich eingesetzt haben für die von ihm angeführte Aktion „Für Zivilcourage - Gegen Diskriminierung im Sport.“
„Männer“, hat er hinzugesetzt, „ich verstehe nichts vom Eishockey, aber das was sie machen ist toll.“
Außerdem missfalle es ihm, wenn die Parteien pauschal schlechtgemacht werden. „Sie tragen seit Jahrzehnten wesentlich zur Ausgestaltung unserer Freiheit, unseres sozialen Friedens, unseres Wohlstandes bei. Ohne sie wären wir nicht da, wo wir heute sind.“
Auf die Frage, ob er den öffentlichen Umgang mit FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle in der Sexismus-Debatte unfair gefunden habe, antwortete Gauck: „Wenn so ein Tugendfuror herrscht, bin ich weniger moralisch, als man es von mir als ehemaligem Pfarrer vielleicht erwarten würde. Es gibt sicher in der Frauenfrage bei uns noch einiges zu tun. Aber eine besonders gravierende, flächendeckende Fehlhaltung von Männern gegenüber Frauen kann ich hierzulande nicht erkennen.“ Brüderle war heftig in die Kritik geraten, nachdem eine Journalistin ihm eine anzügliche Bemerkung vorgehalten hatte.

68 Kommentare zu "Politikverdrossenheit: Gauck distanziert sich von Vorgänger Weizsäcker"
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Kritik an Weizsäcker?
Zu der Zeit war Er noch Messdiener oder Prediger?
Der kommt von irgendwo her,wie aus dem Nichts,
und will Menschen belehren die seit 1970 Lohnsteuer zahlen.
(braune Briefe)die frechheit in Person,sollte vielleicht
die bis "1989"gesparten(geringe) Steuer nachzahlen-danke
Von Weizsäcker war der letzte qualifizierte Bundespräsident.
Seine Nachfolger haben bisher nur gezeigt, dass die deutsche Politik und die Deutschen dieses Amt nicht unbedingt brauchen.
Muß man dieses Amt eigentlich immer besetzen - oder kann man nicht auch mal auf eine geeignete Person warten?
Gauck ist ein Gaukler der nur die verlogene Politik reflektiert. Er kommt von einer Diktatur und ist nur ein Schönschwätzer unserer Weltwirtschaftsdiktatur.Das gesamte verlogene System ist dem Untergang geweiht, trotz Pfarrer.
Die " Schuhe " des ehemaligen BP v.Weizsäcker sind unserem " Gauckler " wohl doch zu groß , er sollte sich in seinen " parteiaffinen " Äußerungen doch mehr zurückhalten, es könnte ja sonst der ( wohl berechtigte ) Eindruck entstehen der Herr Pfarrer zeigt sich seinen " Gönnern " allzu dankbar.
Weizsäcker gebührte das Amt, er hatte Klasse. Dieser Gauck ist nur eine Marionette der Eurofanatiker. Selbst Wulff hatte mehr Rückgrat als Gauck, seshalb wurde er ja rausgemobbt. Beim Gauck wird sowas nicht passieren: er kennt ja schon vor der Verhandlung des BVerfg über den ESM das Ergebnis. Gauck passt in die lobbyistische Parteienlandschaft.
champus
ja selbstverständlich war ausschließlich die Lindauer Rede der Grund für die Hetzkampagne gege Wulff. Man mußte ihn weghaben
Hello V.
It's been my belief, for many years, that people have become confused about what they need as opposed to what they want.
Most people want more than they need but don't recognize the simplicity of the fact.
Fueled by a barrage of media advertising... 'brainwashing', society has become lost in the pursuit of self-fulfillment by the acquisition of material 'comfort'.
Pre-war austerity led to a a Post-war excess which has gone uncontrolled ever since. Tolerance for all things, whether right or wrong, springs from a guilt complex borne out of a subconscious knowledge that we're on 'the wrong path'.
A very few recognize the problem and a much larger number feel a growing 'undercurrent' of unrest with life /societal values as they are but are unable to determine the causes.
There really is no 'Global Society'. yes we all live on the same planet but culture, distance and histories separate us into individual micro societies.
Until each society recognizes the need to care for itself in the way Nature intended and to interact but not insist on 'blind assimilation with all other societies & cultures, then the 'down hill' movement will continue.
Your translated text successfully explains the mood and reality of our current 'Western' predicament.
Regards, P.
Muss die Öffentlichkeit ihre Meinung über den ehemaligen Bundespäsident Christian Wulff ggf. korrigieren?
Hätte seine Lindauer Rede zur Lösung der Eurokrise beitragen können?
Oder waren seine Äußerungen zur Schuldenkrise sogar der eigentliche Anlass für seine Demission?
Bilden sie sich selbst ein Urteil !
http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Christian-Wulff/Reden/2011/08/110824-Wirtschaftsnobelpreistraeger.html
http://www.bueso.de/node/5341
http://www.trader-inside.de/viewtopic.php?t=4838&sid=5e0a1f8712fbf17b7cdd5cb573cfaa9b
"Gauck distanziert sich von Vorgänger Weizsäcker"
Wer ist Richard Karl Freiherr von Weizsäcker?
http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_von_Weizs%C3%A4cker
http://webarchiv.bundestag.de/archive/2006/0202/parlament/geschichte/parlhist/dokumente/dok08.html
http://www.zeit.de/1992/26/wo-bleibt-der-politische-wille-des-volkes/seite-9
Wer ist Joachim Gauck?
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@hermann.12
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