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Politisch motivierte Straftaten Gewerkschaft der Polizei warnt vor gewalttätigen „Reichsbürgern“

Die Behörden registrieren eine Zunahme an Gewalttaten durch „Reichsbürger“. Die Gewerkschaft der Polizei warnt: Manche davon können „Explosivmittel“ besitzen.
19.02.2019 - 00:01 Uhr Kommentieren
Die Zahl der Gewalttaten steigt. Quelle: dpa
Sichergestellte Waffen von Reichsbürgern

Die Zahl der Gewalttaten steigt.

(Foto: dpa)

Berlin Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnt vor einer steigenden Gewaltbereitschaft sogenannter Reichsbürger, die die Bundesrepublik nicht als Staat anerkennen. „Fakt ist, dass es einen gewaltbereiten Anteil unter den Reichbürgern gibt, der mit hoher Wahrscheinlichkeit Zugriff auf Schusswaffen, womöglich auch auf Explosivmittel besitzt“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow dem Handelsblatt. Daher sei es auch „notwendig, diese Gruppierung nicht aus dem Blickfeld zu verlieren“.

Die Behörden registrierten zuletzt mehr Gewalttaten sogenannter „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“. Insgesamt 157 politisch motivierte Gewalttaten wurden bislang für das Jahr 2018 bekannt, nach 115 im Vorjahr. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion im Bundestag hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.

Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Häufig legen sie dabei die Grenzen von 1937 zugrunde. Daher sprechen sie dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab. Lange wurden sie als Querulanten belächelt, doch mittlerweile sind sie im Fokus der Verfassungsschützer: Seit November 2016 werden die „Reichsbürger“ auch bundesweit beobachtet. Zuvor hatte einer von ihnen bei einer Razzia in Bayern einen Polizisten erschossen und drei verletzt.

Laut Innenministerium gibt es in Deutschland – Stand: 31. Dezember 2018 - 19.000 „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“. 950 von ihnen werden als Rechtsextremisten eingestuft. Zum Vergleich: Bis September 2017 wurde das Personenpotenzial auf 15.000 beziffert, davon wurden etwa 900 Personen dem rechtsextremen Spektrum zugerechnet.

Bei den Gewalttaten ging es in 93 Fällen um Erpressung, in weiteren 40 um Widerstand gegen Beamte, 22 Mal um Körperverletzung. Insgesamt verzeichneten die Behörden 804 politisch motivierte Straftaten in der Szene, nach 771 im Vorjahr. Einen hohen Anteil hatten dabei Nötigung und Bedrohung (201 Delikte) sowie Beleidigung (155).

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, sprach im Handelsblatt von einer „sehr besorgniserregenden“ Entwicklung. „Gleichzeitig stuft man nur drei Reichsbürger als Gefährder und zwei als relevante Personen ein“, fügte sie hinzu. „Das ist schon ein ziemlicher Kontrast und zeigt die fortgesetzte Sorglosigkeit der Innenminister gegenüber den Reichsbürgern.“

Malchow führt den Anstieg der Zahlen auch darauf zurück, dass die Sicherheitsbehörden die „Reichsbürger“ bereits „intensiver“ im Blick haben. „Es ist ein bekanntes Phänomen, dass mehr Taten oder vermeintliche Täter bekannt werden, wenn ein Deliktsfeld oder eine Szene unter stärkerer behördlicher Beobachtung ist“, sagte er.

Zurückhaltend äußerte sich der Polizeigewerkschafter zu den laut Ministerium „sehr vereinzelten“ Bezügen von „Reichsbürgern“ zur AfD.

„Bei aller sicherlich berechtigten Kritik an der AfD, vor allem auch an einflussreichen Teilen oder Personen in der AfD wie dem „Flügel“ um Björn Höcke oder dem brandenburgischen AfD-Politiker Andreas Kalbitz, muss man sich natürlich zunächst an die Faktenlage halten“, sagte Malchow. Diese sei momentan „offenbar noch etwas dünn“. „Unklar erscheint, ob die sogenannten Reichbürger von sich aus den Kontakt zu AfD-Personen oder -Strukturen suchen, oder ob die AfD womöglich gezielt auf diese Menschen zugeht.“

Der CSU-Innenpolitiker Volker Ullrich sagte dem Handelsblatt: „Die Entwicklung der Reichsbürgerszene gibt Anlass zur Wachsamkeit.“ Der Verfassungsschutz tue gut daran, diese Entwicklung zu beobachten. „Sollten vermehrt Kontakte der Reichsbürgerszene zur AfD bestehen, dann muss auch dies vom Verfassungsschutz entsprechend bewertet werden.“

Der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka warnte, bei den Reichsbürgern handele es sich nicht um „harmlose Spinner“, sondern oftmals um „gefährliche Kriminelle“. „Insofern ist natürlich auch zu prüfen, ob es Kontakte aus der Reichsbürger-Szene in rechtsextreme Kreise und auch zur AfD gibt“, sagte Lischka dem Handelsblatt. „Ob und inwieweit dies eine Rolle für die angeschobene Beobachtung von Teilen der AfD spielt, müssen das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz beurteilen.“

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