Positionspapier FDP fordert bundesweit einheitliche Kita-Standards

Die FDP fordert in einem Positionspapier unter anderem, dass der Wohnort eines Kindes keine Auswirkungen auf die Bildungschancen mehr haben darf.
Berlin Nach Ansicht der Liberalen sollten in allen Bundesländern die gleichen Kita-Standards gelten. „Um eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung flächendeckend sicherstellen zu können, braucht es bundesweit einheitliche, verbindliche und zu evaluierende Qualitätsstandards in der Kindertagesbetreuung, die direkt an den Kindertageseinrichtungen anzulegen sind“, heißt es in einem Positionspapier, das die FDP-Bundestagsfraktion in der vergangenen Woche beschlossen hat und das dem Handelsblatt vorliegt. Derzeit gebe es diese gemeinsamen Qualitätsstandards nicht, sondern eklatante Qualitätsunterschiede in den einzelnen Bundesländern.
Harsche Kritik übt die FDP an Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). „Obwohl die Bundesregierung das Geld mit der Gießkanne verteilt, konnte sie die bestehenden Probleme nicht ansatzweise lösen“, sagte FDP-Familienpolitiker Matthias Seestern-Pauly dem Handelsblatt. „Wir müssen endlich die Grundlagen für eine wirklich gute frühkindliche Bildung legen.“
Giffey hatte im vergangenen Jahr das „Gute-Kita-Gesetz“ auf den Weg gebracht. Bis 2022 fließen nun rund 5,5 Milliarden Euro für die frühkindliche Bildung an die Bundesländer. Dafür musste der Bund mit jedem der 16 Länder einen eigenen Vertrag abschließen, der spezielle Maßnahmen verbindlich vereinbart.
Dazu zählen die Reduzierung oder Abschaffung der Kitagebühren, die Ausweitung der Betreuungszeiten, ein besserer Betreuungsschlüssel, mehr Sprachförderung für die Kinder, die Weiterbildung von Erziehern oder die Stärkung der Kitaleitung. Bundeseinheitliche Standards setzte Giffey dabei nicht. Es gebe nicht den einen richtigen Weg für mehr Qualität bei der Kinderbetreuung, hatte die SPD-Politikerin stets betont.
Die Liberalen sehen das anders. „Nach Abschluss aller 16 erforderlichen bilateralen Verträge zwischen Bund und Ländern zeigt sich, dass ein großer Anteil der Mittel aus dem Gesetz in die Beitragssenkung beziehungsweise in die Beitragsfreiheit investiert wird“, heißt es in dem Positionspapier der Fraktion. Dies widerspreche der Zielsetzung, die Qualität in der Kindertagesbetreuung nachhaltig zu verbessern. „Mit Kitas, die zwar günstig, aber nicht qualitativ hochwertig sind, ist weder Kindern noch Eltern geholfen“, heißt es in dem Papier.
Wohnort darf nicht über Bildungschancen entscheiden
Für die Schaffung gleichwertiger Start- und Lebenschancen in Deutschland seien einheitliche Qualitätsstandards eine wichtige und richtige Maßnahme, betont die Fraktion. Der Wohnort dürfe nicht über die Bildungschancen der Kinder entscheiden. Nötig sei eine Bildungspartnerschaft zwischen Bund, Ländern und Kommunen, um die frühkindliche Bildung flächendeckend zu stärken.
Konkret fordert die FDP-Fraktion verbindliche Standards für „drei Schlüsselbereiche“: für die Fachkraft-Kind-Relation, für frühkindliche Bildungsinhalte und für klare Arbeitszeitkontingente für pädagogisch Tätige und Leitungskräfte.
Mit Blick auf den Betreuungsschlüssel bemängeln die Liberalen, es gehöre „leider vielerorts in Deutschland zur Normalität“, dass die Fachkräfte in den Kitas die Kinder oftmals nur noch beaufsichtigen, aber nicht mehr pädagogisch mit ihnen arbeiten könnten. In vielen Einrichtungen gingen die Mitarbeiter „täglich an ihre Belastungsgrenzen“.
Darum fordert die FDP eine angemessene Fachkraft-Kind-Relation, die auch Ausfallzeiten wie Urlaub, Krankheit und Fortbildungen berücksichtigt. Die „Heterogenität der Bildungsinhalte“ in deutschen Kindertageseinrichtungen hält die FDP für „suboptimal“. Zwar gebe es den „Gemeinsamen Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ der Jugend- und Kultusministerkonferenz. Doch der stamme aus dem Jahr 2004 und sei in den vergangenen Jahren nicht überall angepasst worden.
„Was bringt es, einen gemeinsamen Rahmen für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen aus dem Jahr 2004 zu haben, wenn wir im Jahr 2020 leben?“, sagte Britta Dassler, die im Bildungsausschuss die Berichterstatterin der FDP für frühkindliche Bildung ist, dem Handelsblatt. „Schließlich möchten wir doch unseren Kindern die modernste und beste Bildung zukommen lassen.“
Schwere Aufgabe
Dassler kritisiert vor allem die Länder: Es sei unverständlich, warum nicht alle Bundesländer erkannt hätten, wie wichtig gemeinsame Qualitätsstandards für gute Bildung seien. „Eine Landes-Kirchturm-Politik bringt uns nicht weiter, wenn es in den Kitas darum geht, kognitive Fähigkeiten und soziale Intelligenz als Kompetenzen fürs weitere Leben zu vermitteln“, sagte Dassler.
Nach Ansicht der FDP müssen Medienkompetenz, Sprachförderung, Demokratieförderung und Nachhaltigkeit als frühkindliche Bildungsinhalte aufgenommen werden. Darüber hinaus sind laut FDP „klare Arbeitszeitkontingente“ erforderlich, die sicherstellen, dass ausreichend Zeit für die unmittelbare pädagogische Arbeit mit den Kindern sowie für Fort- und Weiterbildungen zur Verfügung steht.
Betreuungsschlüssel, Bildungsinhalte und Arbeitszeitkontingente sollen demnach von einem Runden Tisch festgelegt werden, bestehend aus Vertretern von Bund, Ländern, Kommunen, Verbänden, Trägern, Bildungsforschung und wissenschaftlichen Stiftungen.
Insgesamt müsse das gesamte Berufsfeld vereinheitlicht, eine Fachberatung für die Einrichtungen ausgebaut und Verwaltungspersonal aufgestockt werden. Bundesweit einheitliche Standards für die frühkindliche Bildung zu schaffen, dürfte allerdings schwierig werden. So dauerten die Vorarbeiten für das „Gute-Kita-Gesetz“ mehr als vier Jahre.
Die zuständige Bund-Länder-Konferenz und später die Jugend- und Familienminister einigten sich dabei nur auf einen grundsätzlichen Rahmen, nicht aber auf konkrete und überprüfbare Standards. „Bildungserfolg beginnt in der Kita“, mahnte FDP-Familienpolitiker Seestern-Pauly. „Doch gerade hier ist Deutschland schlecht aufgestellt.“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.