Reaktionen auf Bund-Länder-Gipfel Altmaier lobt Corona-Beschlüsse – Handel nennt sie eine „Katastrophe“

„Für die Wirtschaft wurde viel erreicht“, sagt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).
Berlin Die Reaktionen auf die jüngsten Corona-Beschlüsse der Beratungen von Bund und Ländern am Mittwoch fallen unterschiedlich aus: „Für die Wirtschaft wurde viel erreicht“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) beim Nachrichtensender RTL/n-tv. Der Handelsverband Deutschland (HDE) sprach von einer „Katastrophe“ für den Einzelhandel.
Altmaier begründete sein positives Urteil damit, dass die Bund-Länder-Runde sich von einer Sieben-Tage-Inzidenz von 35 verabschiedet habe. Es werde nicht mehr auf starre bundesweite Inzidenzen, sondern auf die regionale Situation geschaut.
Damit gebe es für den Einzelhandel und die Gastronomie die Möglichkeit, in vielen Teilen Deutschlands wieder zu verkaufen und zurück an den Start zu gehen. Die Sieben-Tage-Inzidenz zeigt, wie viele Menschen sich pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen mit dem Virus infiziert haben.
HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth wies indes darauf hin, dass der Lockdown de facto für die große Mehrheit der Nicht-Lebensmittelhändler bis Ende März verlängert werde. Eine stabile Inzidenz von unter 50, die für eine Wiedereröffnung aller Geschäfte als Bedingung genannt wird, sei auf absehbare Zeit wohl nicht flächendeckend zu erreichen, sagte Genth.
Die Verlängerung des Lockdowns bis zum 28. März kostet die geschlossenen Handelsunternehmen nach HDE-Schätzung im Vergleich zum Jahr 2019 rund zehn Milliarden Euro Umsatz. Gleichzeitig kämen staatliche Hilfszahlungen nur spärlich an, sagte Genth.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten haben vereinbart, verschiedene Öffnungsschritte von der Infektionslage abhängig zu machen. Als Grenzwert für eine Öffnung des Einzelhandels wurden 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner festgelegt. Grundsätzlich sind Öffnungen nun schon ab einer Inzidenz von unter 100 möglich.
BDI vermisst „längst überfällige“ Einbindung der Wirtschaft
Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), hält den Beschluss von Bund und Ländern für unzureichend. Ziel aller Maßnahmen müsse sein, den Gesundheitsschutz der Bevölkerung durch eine in sich stimmige Impf- und Teststrategie sicherzustellen.

Es sei unverständlich, warum die „längst überfällige Einbindung der Wirtschaft in die Erarbeitung einer Öffnungsstrategie“ nun so wenig in die Entscheidungen eingeflossen sei, sagte Russwurm. Die Regierung müsse zügig offene Fragen zu flächendeckenden Schnelltests für die Belegschaften der Unternehmen klären, kritisierte der Verbandschef.
Ernüchternd fällt auch das Urteil des Präsidenten des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, aus. Um ein „Betriebesterben auf breiter Front“ zu verhindern, müsse wirtschaftliches Leben „schnellstens“ wieder ermöglicht werden, wo immer es epidemiologisch vertretbar sei. „Die jetzt getroffenen Beschlüsse werden dem nicht gerecht“, sagte Wollseifer.
Konkret kritisierte er, dass die Maßnahmen allein auf Inzidenzwerte fixiert seien. Außerdem beklagte er, dass die von den Betrieben erarbeiteten Hygienekonzepte genauso wenig berücksichtigt würden wie die erkennbar verstärkte Nutzung der zur Pandemiebewältigung zur Verfügung stehenden Instrumente – allen voran der Impfungen.
Wollseifer fordert von Bund und Ländern, den „Impfturbo“ einzuschalten. „Denn das entscheidende Instrument zur Bekämpfung des Virus und zur Überwindung der Pandemie ist und bleibt die Impfung: so schnell, so breit wie möglich und unter Einsatz aller verfügbaren Kräfte.“ Den politischen Ankündigungen müsse jetzt auch die entsprechende Umsetzung in der Praxis folgen.
Seit mehreren Wochen gibt es Kritik an der Impfkampagne der Bundesregierung. Die Kritiker beklagen etwa, dass mehrere Millionen Impfdosen des Vakzins von Astra-Zeneca nicht genutzt würden. Auch die Beschaffung des Impfstoffs durch die EU-Kommission sorgt für Unmut, weil die EU zu wenig und zu langsam eingekauft habe.
Kanzleramtschef zur Teststrategie: „Ich glaube nicht, dass wir schlecht und dass wir langsam sind“
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) verteidigt indes die Teststrategie der Bundesregierung. „Ich glaube nicht, dass wir schlecht und dass wir langsam sind“, sagte er in der ARD. Es müsse immer ordentliche Zulassungsverfahren geben. Braun spielt damit darauf an, dass die Schnell- und Eigentests erst nach Studienergebnissen zur Wirksamkeit zugelassen wurden.
Deutschland habe genug Schnelltests, diese würden aber wahrscheinlich zunehmend von den einfacheren Eigentests abgelöst, für die der Vertrieb nun anlaufe. „Wir müssen weiter vorsichtig sein“, sagte er. Die in Aussicht gestellten Öffnungen seien aber richtig und zu rechtfertigen angesichts von mehr Tests und Impfungen.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr, der am Donnerstag wegen der Pandemie einen Rekordverlust für das Jahr 2020 berichten musste, bedauerte, dass erst bei der nächsten Ministerpräsidentenrunde über eine Lockerung beim Thema Reisen gesprochen wird. „Ich möchte noch mal den Appell an die Politik richten: Wir brauchen internationale und digitale Impfpass- und Testnachweise, um das Reisen wieder zu ermöglichen. Nationale Alleingänge führen zu einem Flickenteppich – sie lassen Europa in der Krise weiter zurückfallen.“
Von einem Offenbarungseid sprach der Gründer und geschäftsführende Gesellschafter des „Europaparks“ im badischen Rust, Roland Mack. „Die gesamte Last wird auf die Wirtschaft abgeladen, während die Regierung ihre ureigenen Aufgaben, sei es Testen, Impfen, Ausgleichszahlungen, Erarbeiten von Perspektiven, nicht auf die Reihe bekommt“, sagte Mack dem Handelsblatt.
„Unverhältnismäßig und perspektivlos“ sei der verlängerte Lockdown. „Auch unsere gesamte Investitionsplanung für die Zukunft müssen wir inzwischen infrage stellen“, sagte Mack. Dies betreffe alle Zukunftsprojekte. Mack erinnerte daran, dass mehr als 8000 indirekte Arbeitsplätze in der Region an Deutschlands größtem Freizeitpark hingen. „Da geht es um viele Existenzen. Auch die Gemeinde Rust steht inzwischen finanziell mit dem Rücken zur Wand.“
Der Ökonom Marcel Fratzscher warnte indes mit Blick auf die Lockerungsschritte vor einem „signifikanten Schaden für Gesundheit und auch für die Wirtschaft“. Eine starke dritte Infektionswelle werde wahrscheinlicher, „was zu einem Jo-Jo-Effekt mit erneuten Einschränkungen führen könnte“, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Schlimmer als die Restriktionen der vergangenen Monate sei für Unternehmen jedoch die fehlende Planungssicherheit.
Linke nennt den Stufenplan einen „Corona-Irrgarten“
Aus Fratzschers Sicht fehlt an überzeugenden Maßnahmen, wie eine dritte Infektionswelle verhindert werden soll. „Viele Ankündigungen der Politik – von breit verfügbaren kostenlosen Tests über eine bessere Nachverfolgung der Infektionsketten bis hin zu mehr verfügbarem Impfstoff – haben sich bisher als leere Versprechen erwiesen“, kritisierte der DIW-Chef. Und es deute zu wenig darauf hin, dass diese Vorhaben bald realisiert würden. Bund und Länder seien vielmehr „größtenteils unvorbereitet auf die Konsequenzen ihrer eigenen nun beschlossenen Schritte“.
Kritik äußerten auch Vertreter der Opposition. Der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, Dietmar Bartsch, nannte den Stufenplan einen „Corona-Irrgarten“. Er sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die Beschlüsse enthielten einen Inzidenz- und Lockerungswirrwarr, der die Bürger verunsichern werde.
FDP-Fraktionschef Christian Lindner erklärte, die staatliche Verantwortungsgemeinschaft zu Beginn der Pandemie sei nicht ausreichend vorbereitet gewesen, beispielsweise bei der Bestellung von Masken. Dass sich Fehler jetzt bei Tests und Impfdosen wiederholten, sei ein Versagen der Bundesregierung.
Den Grünen gehen die auf der Konferenz gefassten Beschlüsse zu weit: Parteichef Robert Habeck sagte im Deutschlandfunk, man stehe am Beginn einer dritten Welle und rede über Öffnungen. Er hoffe, dass man nicht dafür bezahlen müsse und Ostern wieder im Lockdown sitze. Habeck bezieht sich auf die rasche Ausbreitung der zuerst in Großbritannien entdeckten Virusmutation B.1.1.7, die derzeit das bisher vorherrschende Coronavirus ablöst und bereits über 50 Prozent der akuten Infektionen ausmacht.
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Mein Schwiegervater, der sogar das sibirische Kriegsgefangenlager überlebte, ist 4 Tage nach der 2. Impfung gestorben. Mein Vater 90, hat bisher die 1 Spritze überlebt ...
Eigenlob stinkt
Aus Fehlern lernen.. Das trifft wohl nicht auf Politiker zu.
HALLO IHR DA OBEN!!!!
Jeder Virologe bestätigt, dass die Grippesaison von November bis März am schlimmsten ist. Mit steigenden Temperaturen und mit mehr Sonnenstunden pro Tag wird das Immunsystem der Menschen gestärkt. Bitte, Bitte macht nicht die gleichen Fehler wie 2020. Wir brauchen keinen Lockdown bis April/Mai.
PS: Erste britische Studien mit 1,5Mio Teilnehmern zeigen, dass die Mutation nur minimal (um 6%) ansteckender sei. Außerdem wurde bewiesen, dass sie zu keinen schwereren Krankheitsverläufen führt! Quelle: Oxford University
Wem seine Figur so entgleitet , dem entgleitet natürlich auch die Krise
Diese Beschlüsse incl. den Tests sind doch nur daraus entstanden, dass die Bundesregierung die Impfstoffbeschaffung an die EU gegeben hat. (Verantwortung weg, flöt) Sie hätte mit Biontech (mit deutschen Gelder finanziert) rechtzeitig einen Liefervertrag schließen müssen, dann wäre das alles nicht nötig. Aber es sind ja nur Steuergelder und wirtschaftliche Konsequenzen, Hauptsache, die Politiker bekommen ihr Gehalt weiter. Egal, wie die Bevölkerung das finanziert.
Eine Überlegung zu Astra Zeneka: Wie viele Leben hat es bisher gekostet, dass man den Impfstoff nicht für +55 zugelassen hat? Wie soll der Impfstoff denn wissen dass er einem +55ziger gespritzt wurde? Man sagt doch auch im Zweifel für den Angeklagten, also den Impfkandidaten. Unbegreifliches Stümpertum.
In Belgien ist der Detailhandel schon Wochen geöffnet ohne signifikante Inzidenzsteigerung. Im Gegenteil seit der Öffnung ist die Inzidenzzah sogarl gesunken.
Es ist im Klartext eine Schande was die Bundesregierung hier vorlegt. Letztere ist unterlaufen von hysterischen Epidemologen, an der Spitze Karl Lauterbach, die die Entscheidungsträger zu sehr beeinflussen.
Altmeier als Wirtschaftsminister hat versagt: Die Finanzhilfen die erst nach 3 Monate ausgezahlt werden und die Verwaltungshürden die durch Altmeier noch verstârkt wurden, weil immer wieder unterstellt wird das Unternehmen und Händler betrügen wollen. Dies ist Scheinheiligkeit pur! Die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung ist in weite Ferne gerückt. Die Kanzlerin hat früher auch bei allen politischen Problemstellungen immer alles auf sich zu kommen lassen und erst dann gehandelt wenn es zu fast spät ist. Dies geht in dieser Pandemiesituation nicht mehr. MAN MUSS HANDELN UND NICHT SCHWÄTZEN!
Leider hat unsere Regierung nur ungenügende Erfahrungen im Management einer Pandemie; im Prinzip mangelt es anProjektmanagementerfahrung sowie gutem Risikomangement; das ist unmittelbar daran erkennbar, das hier völlig ängstlich und unsystematisch und teilweise widersprüchlich prioriisiert wird.
Zudem ist unsere Regierung auch beratungsresistent !!! Man scheut sich anscheinend in Regierungskreisen mal über den eigenen Zaun zu den Nachbarn zu schauen, die es besser machen bspw. Südkorea (hebelt endlich den Datenschutz für die Kontaktverfolgung aus !!! Leben ist wichtiger als unsinniger Bürokratismus), USA (" Es ist besser niemals gegen die USA zu wetten": sieht man jetzt bei den Impferfolgen; 24 Stunden / 7 Tage wird geimpft) , etc....etc...
UND: WIR SIND ALLE SO VERANTWORTUNGSVOLL UND VERNÜNFTIG, DAS WIR FÜR UNS SELBER SORGEN KÖNNEN UND BENÖTIGEN KEINE BEVORMUNDUNG DURCH EINE REGIERUNG, DIE LIEBER DEN KOPF IN DEN SAND STECKT
Wo sind die noch mit einem Minimum an Vernunft ausgestatteten Staatsbürger in Wirtschaft und Politik, die diesen dummdreisten Laienschauspielern wie Merkel, Altmaier, Braun und Konsorten endlich Paroli bieten.
Ich nehme nur typisch deutsches Duckmäusertum wahr. DDR 2.0 läßt grüßen.
Die Aufregung des Handels, belegt die Richtigkeit dieser Beschlüsse. Der Handel will alle Schleusentore offen.
Ein gutes Signal, wenn Lobbyisten nicht alles durchsetzen können.
Es sollte bedacht werden, das in Deutschland grundsätzlich das Primat der Politik gilt. Es wird Zeit, das Politik diesem Prinzip wieder konsequent folgt.