Recht und Steuern Ausdruck und Excel-Tabelle: Wo Finanzverwaltung und Steuerabteilungen bei der Digitalisierung stehen

Seit Jahren verspricht die Regierung, den elektronischen Austausch der Finanzverwaltung insbesondere mit Unternehmen zu verbessern. Passiert ist bislang kaum etwas.
Düsseldorf Es ist nur eine kurze Passage im neuen Paket für Bürokratieerleichterungen der Bundesregierung. „Wir treiben den elektronischen Austausch der Finanzverwaltung insbesondere mit Unternehmen weiter voran“, wird versprochen. Das Vorhaben: Mitteilungen über Einkünfte, an denen mehrere Personen beteiligt sind, beispielsweise über Beteiligungen an GmbHs oder Fonds, sollen künftig per Datenaustausch abgewickelt werden.
Das hört sich profan an. Doch bislang werden die Informationen – im Bürokratendeutsch „ESt-4B-Mitteilungen“ genannt – zwar maschinell festgestellt, dann aber in Papierform an die Finanzämter geschickt, die für die Bezieher der Einkünfte zuständig sind. Diese erfassen die Daten wiederum im IT-System und setzen die Einkommensteuer fest.
„Dieser aufwendige und fehleranfällige Informationsaustausch betrifft bundesweit jährlich mehr als fünf Millionen Steuerfälle“, gibt die Bundesregierung zu. Schon seit Jahren soll das Verfahren digitalisiert werden. Passiert ist bislang nichts.
Bei der Steuer-IT treffen offenbar noch immer Bürokratie und mangelnde Digitalisierung aufeinander. Auch in den Unternehmen gibt es noch große Potenziale. Das zeigt ein aktueller Trendbericht des Wirtschaftsprüfungsunternehmens KPMG zur Digitalisierung der Steuerabteilung. Befragt hat KPMG gut 120 Führungskräfte aus in Deutschland ansässigen Steuerabteilungen – zum Großteil in Konzernen, aber auch in Familienunternehmen, im Mittelstand und in Start-ups.
Viele haben die Transformation noch vor sich
Fazit: Nahezu alle Steuerabteilungen arbeiten mit Standardsoftware, allen voran Microsoft Excel. Neue Technologien wie Cloud-Anwendungen, Robotic Process Automation, Blockchain oder der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) sind noch weitgehend Zukunftsmusik.
Auch sind die Befragten der Meinung, dass die Steuerabteilungen im Hinblick auf die Digitalisierung dem Rest des Unternehmens hinterherhinken. Aber: Gut die Hälfte der Steuerverantwortlichen verfügt bereits über eine Digitalisierungsstrategie oder arbeitet derzeit daran.
Viele haben die Transformation allerdings noch vor sich. 44 Prozent der Befragten gaben an, noch nicht aktiv mit der Planung für eine Digitalisierungsstrategie begonnen zu haben. „Bei den verwendeten Technologien kommen bislang häufig Insellösungen zum Einsatz“, berichtet Christian Stender, verantwortlich für Technologie und Innovation im Steuerbereich von KPMG. Die Programme und Tools zur Bearbeitung spezifischer Steuerthemen könnten meist nicht oder nur eingeschränkt miteinander kommunizieren.
„Es entstehen unterschiedliche steuerrelevante Datentöpfe, die nur schwer sinnvoll und übergreifend genutzt werden können“, heißt es denn auch in der Studie. Aktuell arbeiten 61 Prozent der Befragten mit einem Mix aus teils vernetzten Tools und Insellösungen. Ein Viertel nutzt ausschließlich Insellösungen. Insgesamt verfügen nur neun Prozent über ein integriertes Technologiekonzept mit Schnittstellen zu allen relevanten Bereichen im Unternehmen.
Auch bei den Steuerarten ist der Stand der Digitalisierung demnach sehr unterschiedlich: 67 Prozent der Befragten geben an, die Prozesse bei der Umsatzsteuer zumindest teilweise digitalisiert zu haben. Weitere 29 Prozent haben die Digitalisierung hier schon in Vorbereitung. Es folgen Ertrag- und Lohnsteuer, dann erst die Verrechnungspreise. Bei Zoll und Quellensteuer geben nur jeweils 17 Prozent der Befragten an, die Prozesse seien mindestens teilweise digitalisiert. Das Schlusslicht bildet die Grundsteuer.
„Mehr als Minischrittchen nötig“
„Eine spürbare Entlastung und ein Zuwachs an Effizienz wären zum Beispiel möglich, wenn die KI in der Lage wäre, Gesetzestexte und steuerliche Dokumente inhaltlich zu verstehen“, heißt es in der Studie. Bei internen und externen Anfragen könnte die Technologie durch Indexierung und Matching der steuerlichen Dokumente einen Antwortvorschlag erstellen.
„Noch sind solche Lösungen in einem frühen Anfangsstadium“, erklärt Bereichsvorstand Steuern Marko Gründig. Bei Umsatzsteuer und Verrechnungspreisen werde KI aber schon eingesetzt, unter anderem zum Auslesen von Rechnungsinformationen.
Mangelnde Digitalisierung bei Finanzverwaltung und Steuerabteilungen sieht auch Deborah Schanz, die das Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München leitet: „Es gibt einige Steuerabteilungen, die sind sehr weit. Die benutzen Bots für Steueranfragen, KI für Verbuchungen von Sachverhalten und für die automatisierte Erkennung von steuerlichen Anomalien in den Unternehmensprozessen oder Process Mining zur Analyse von Steuerprozessen.“ Bei sehr vielen laufe das Tagesgeschäft aber noch über Excel, und Prozesse würden jeden Tag neu manuell erledigt.
Auch die Schnittstelle zur Finanzverwaltung sieht die Professorin als „ein Riesenproblem“. Selbst wenn Informationen elektronisch oder automatisiert eingereicht würden, kämen Bescheide auf Papier zurück, die dann händisch oder mit Texterkennungssoftware weiterverarbeitet werden müssten.
„Andere Länder sind uns meilenweit voraus“, meint Schanz und verweist auf Estland, aber auch auf Italien als Positivbeispiel bei der Umsatzsteuer. Hier würden Daten fast in Echtzeit übermittelt. So könne die Finanzverwaltung etwa auch Betrugsfällen zügig auf die Spur kommen.
„Da ist so viel Potenzial, das hierzulande noch nicht genutzt wird“, sagt die Steuerexpertin. „Deutschland braucht eine ganz große Gesetzesreform und keine Minischrittchen.“
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Da passt das doch auch: Wir müssen laufend verbindliche Zolltarifauskünfte einholen. Dieses ist nur über das Bürger- und Geschäftskundenportal Zoll möglich. Dort legt man äußersten Wert darauf, dass unser Unternehmen mit der vollen langen Firmierung wie im Handelsregister geführt wird. Das wiederum kann aber das Finanzamt wegen Zeichenlängeneinschränkung gar nicht darstellen. Man kann sich aber nur mir der Finanzamtsfirmierung beim Zoll anmelden. Rien ne va plus. Deadlock. Blockade. Vielleicht ist die Finanzamtssoftware noch in Cobol programmiert? Auf einem Mainframe aus dem Jahr 1968? Und beim Zoll sitzt der oberste Oberbürokrat?