Reformentwurf Gesundheitsminister Spahn will Prüfpraxis für Krankenhausabrechnungen verbessern

Der Gesundheitsminister will im Krankenhauswesen überflüssige Bürokratie abbauen.
Berlin Rund 75 Milliarden Euro zahlen die Krankenkassen im Jahr für die Behandlung ihrer Versicherten in Krankenhäusern. Das ist etwa ein Drittel aller Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Bei der Abrechnung liegen Kliniken und Kassen im Dauerstreit.
Die Krankenhäuser sehen die Rechnungsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) an der Grenze zur Schikane und beklagen die mangelnde Unabhängigkeit der Prüfer. Die Krankenkassen kritisieren, dass Kliniken notorisch falsch abrechnen würden und so mehr Geld erhalten, als ihnen zustehe.
Nun schaltet sich Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in die Auseinandersetzung ein. Sein Ministerium hat nach Informationen des Handelsblatts einen Gesetzentwurf erarbeitet, der die Prüfpraxis in den Krankenhäusern reformiert. Der Minister plant, den MDK durch eine stärkere Trennung von den Krankenkassen neutraler zu machen. Außerdem sollen die Abrechnungen der Kliniken seltener, dafür aber gezielter als bisher überprüft werden.
„Wir entlasten die Krankenhäuser von überflüssiger Bürokratie“, sagte Spahn dem Handelsblatt. Eine gezieltere Kontrolle von Klinikabrechnungen sei auch im Sinne der Patienten, da dies „mehr Zeit für eine gute Versorgung“ lasse. Der Medizinische Dienst brauche zudem „die organisatorische Unabhängigkeit von den Krankenkassen, um glaubwürdig und handlungsfähig zu bleiben“. Die Patienten hätten „ein Recht auf transparente und effektive Prüfstrukturen“.
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Die Zahl von Abrechnungsprüfungen, die bei den Kliniken Zeit und Personal binden, ist zwischen 2014 und 2018 von rund 1,9 auf 2,6 Millionen gestiegen. Laut Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) werden mittlerweile im Schnitt 17 Prozent aller stationären Behandlungsfälle geprüft.
„Bei den beanstandeten Rechnungen handelt es sich massenhaft um medizinische Einschätzungsunterschiede und formale Kriterien, die von den Krankenkassen zur Rechnungskürzung genutzt werden“, kritisiert DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Besonders empört die Kliniken, dass sich die Kassen ihre Rückforderungen holen, indem sie die Beträge einfach mit anderen Vergütungen für Krankenhausleistungen verrechnen. Das sei „Willkür“. Krankenkassen würden die Rechnungskürzungen missbrauchen, um die eigene Finanzlage aufzubessern.
Für den GKV-Spitzenverband geht es dagegen um den wirtschaftlichen Umgang mit Versichertengeldern. Wegen fehlerhafter Rechnungen hätten die Krankenhäuser 2017 insgesamt 2,8 Milliarden Euro an die Kassen zurückzahlen müssen. Mehr als jede zweite geprüfte Rechnung sei fehlerhaft gewesen. „Es erfordert Mut, das Abrechnungsverhalten von Krankenhäusern transparent zu machen und diejenigen zu sanktionieren, die falsch abrechnen“, sagt GKV-Vizechef Johann-Magnus von Stackelberg.
Spahn bemüht sich in seiner Reform um einen Spagat zwischen den Interessen von Kassen und Kliniken. Der Minister will den Medizinischen Dienst als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts aus dem Einflussbereich der Krankenversicherung lösen. Vertreter von Patienten und Ärzteschaft sollen ebenfalls in den Entscheidungsgremien vertreten sein.
Der Minister will außerdem die Kontrollen begrenzen und Anreize für eine bessere Abrechnungsqualität schaffen. Ab 2020 soll eine zulässige maximale Prüfquote je Krankenhaus bestimmt werden. Diese hängt davon ab, wie ordentlich die Klinik in der Vergangenheit abgerechnet hat.
Ein schlechtes Abrechnungsverhalten hat damit negative Konsequenzen für ein Krankenhaus. Die Arbeitsweise des Schlichtungsausschusses, in dem Krankenkassen und Kliniken ihre Differenzen austragen, soll verbessert werden. Damit, so Spahns Hoffnung, könnten strittige Abrechnungsfragen „systematisch reduziert“ werden.
Die Aufrechnung von Rückforderungen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Kliniken soll künftig nicht mehr zulässig sein. Damit geht der Minister auf eine zentrale Forderung der Krankenhäuser ein.
Dem GKV-Spitzenverband erfüllt Spahn den Wunsch einer Strukturprüfung, bei der untersucht wird, ob Kliniken überhaupt die Voraussetzungen für bestimmte Diagnose- oder Behandlungsmöglichkeiten aufweisen. Bislang musste das immer im Einzelfall abgeklärt werden.
Nach den Plänen Spahns soll die Einhaltung struktureller Mindestvorgaben bei Personal und Ausstattung in regelmäßigen Abständen für jedes Krankenhaus geprüft werden. Kliniken, die Anforderungen nicht erfüllen, dürften dann bestimmte Leistungen grundsätzlich nicht mehr in der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen.
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