Dem griechischen Parlament ist es nicht gelungen, einen neuen Präsidenten zu wählen. Deshalb stehen am 25. Januar Neuwahlen an. Nach Umfragen könnte die linkspopulistische Partei Syriza die künftige Regierung anführen. Deren Chef Alexis Tsipras gilt als Gegner der Sparauflagen der Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission. Er will im Falle eines Wahlsieges Griechenlands Sparpolitik beenden und einen Schuldenerlass verlangen. Die Griechen könnten keine Sozialkürzungen mehr ertragen. (Quelle: dpa)
Die Bundesregierung pocht auf Erfüllung griechischer Spar- und Reformzusagen. Man erwarte von der griechischen Regierung – „egal wer sie stellt – dass die mit der EU getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden“, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (Montag). Mit anderen Worten: Hält sich Athen nicht an die Vereinbarungen, dreht die Troika den Geldhahn zu.
In der Folge würde die EZB griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheiten für Zentralbankgeld akzeptieren, so dass griechische Banken von der Versorgung mit Euro abgeschnitten würden. Das könnte das Ende Griechenlands als Mitglied des Währungsraums bedeuten. Das Land müsste eine eigene Währung einführen, die schwächer als der Euro wäre. Das würde die Rückzahlung von Schulden zusätzlich erschweren.
Nein. Das sehen die europäischen Verträge nicht vor. Deshalb wird wieder vermehrt über einen „Grexit“ diskutiert: Das Wort setzt sich aus „Greece“ und „exit“ zusammen und meint, dass Griechenland selbst seinen Austritt aus der Eurozone erklärt. Auch das wäre Neuland für das Eurosystem, das für einen solchen Schritt keine Regelungen kennt. Auch deshalb warnen Ökonomen wie Clemens Fuest, Chef des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): „Ein Austritt wäre mit erheblichen Risiken behaftet, vor allem für Griechenland selbst, aber auch den Rest der Eurozone.“ Er würde es daher vorziehen, wenn Griechenland im Euroraum bliebe und seine Reformanstrengungen verstärke, sagte Fuest der „Rheinischen Post“ (Montag).
SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider schätzt, dass ein Euro-Austritt Griechenlands Deutschland 30 Milliarden Euro oder mehr kosten könnte. „Wir haben fast 240 Milliarden an Krediten an Griechenland gegeben, um sie zu stabilisieren und im Euro zu halten“, sagte Schneider der Deutschen Presse-Agentur. Bei einem Umstieg auf die Drachme könne Athen das nicht zurückzahlen.
Nach Commerzbank-Berechnungen summieren sich die Schulden Griechenlands bei den europäischen Partnern, dem IWF und der EZB auf gut 257 Milliarden Euro. Diesen Berg könnte das Land im Falle eines Austritts nicht mehr abtragen. „Die Politiker in Geberländern wie Deutschland müssten ihren Wählern erklären, dass die Hilfskredite anders als stets behauptet verloren sind“, kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. „Das wäre sehr unpopulär und würde eurokritische Parteien wie die AfD stärken.“
Experten halten das Risiko eines Flächenbrands für gering - auch deshalb, weil ausländische Banken ihr Engagement in Griechenland in den vergangenen Jahren tendenziell verringert haben. Die Bundesregierung hält einen „Grexit“ einem „Spiegel“-Bericht zufolge inzwischen für verkraftbar. Denn anders als beim Schuldenschnitt 2012 haben EU und EZB inzwischen Brandmauern eingezogen. Dazu gehört der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM), der Staaten im Notfall mit bis zu 500 Milliarden Euro beispringen kann. Die EZB hat ihre Geldpolitik extrem gelockert und versprochen, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu retten. Dadurch ist Vertrauen an den Finanzmärkten zurückgekehrt. Zudem haben Länder wie Spanien, Irland oder Portugal Reformen durchgesetzt, ihre Volkswirtschaften gesunden.
Das kann niemand vorhersagen. Noch gehen Ökonomen eher davon aus, dass Syriza die Wahlen entweder verlieren und die bisherige Regierung unter der Führung der konservativen „Neuen Demokratie“ Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung fortsetzen wird – oder dass Tsipras zwar die Wahl gewinnt, dann aber von Wahlversprechen abrückt. „Er verspricht, Geld auszugeben, das er nicht hat und das ihm niemand leihen würde“, erklärt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Er schätzt das „Grexit“-Risiko auf 30 Prozent.
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Die "Forscher" glänzen mit Nichtwissen. Das Beispiel Island zeigt wie erfolgreich ein Schuldenmoratorium sein kann. Ohne Altschulden und mit neuer Währung könnte es in Griechenland zügig bergauf gehen. Das aber wäre das Ende der EU, denn Italien und Spanien würden folgen. Deswegen wird mit den Forderungen von Tsipras am Ende zähneknirschend nachgeben. Trotz den jetzigen gegenteiligen Beteuerungen in der Presse.
Wenn man dazu auch den Gekdhahn zudreht dauert es nicht lange......
@Herrn Falk: Die Lösung bestünde einfach darin, die geschlossenen Verträge einzuhalten und für die Griechen keinen weiteren Schuldendienst zu leisten (no bail out). Dann bliebe den Griechen nichts anderes übrig als auszutreten.
Vom Grundsatz haben Sie recht. Es ist äußerst schwierig Einstimmigkeit zu erzielen, wenn einer (Griechenland) dagegen ist.
Man muss sich nur vorstellen, welcher Schwachsinn da in die Verträge geschrieben wurde.
Wenn ich mich richtig erinnere, dann waren an diesen Verträgen auf deutscher Seite die gleichen Juristen beteiligt, die auch am Wiedervereinigungsregelwerk mitgeschrieben haben. Noch Fragen?
Bevor wir den Zeigefinger auf andere richten, müssen wir uns die Mitschuld selbst anrechnen lassen.
Wie wir aus einem anderen Artikel lesen konnten, trifft Schäuble keine Mitschuld. Damit kommen wir zu einem Grundsatz, den wir wahren soll(t)en.
Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich müssen deckungsgleich sein!
Wir sollten Personen ohne Verantwortungsberich keinen Zuständigkeitsbereich übertragen. Das geht immer daneben. Das muss daneben gehen.
Dazu braucht man weder ein Prophet zu sein, noch muss man wissen wo die Steine liegen oder gar Schweizer zu sein.
Das ist einfache Logik und wenn ein Schweizer logisch denken kann, dann müssen wir ihn nicht gleich als Propheten ansehen.
Das wir Politiker wählten, die "alternativlos" handeln (müssen), dafür können die Schweizer fürwahr nichts.
Die Greichen haben schon gesagt das sie im Euro bleiben wollen.
Die EU kann die neuen gesetze aber nicht entschliessen, wenn es auch nur eine Gegenstimme gibt.
Einzige Lösung: Deutschland muss endlich aus dem Euro austreten.
Weder Experte noch Sachverständiger in Sachen Euro ist jeder, der es für möglich hält, in 18 eigenständigen Nationen eine Gemeinschaftswährung erfolgreich einzuführen.
Es wäre der Klarheit dienlich und würde nicht immer wieder bei den Menschen und Politikern für Verwirrung sorgen, könnte man diesen Komikern einmal für ein paar Monate oder Jahrzehnte die mediale Trompete versagen.
Lieber Herr Müller,
Verträge werden gebrochen und Verträge können geändert werden. Schon richtig. Bei den europäischen Vertägen müssen allerdings alle Verträge "einstimmig" mit der Betonung auf einstimmig geändert werden, damit z.B. Griechenland die Euro-Zone verlässt oder dazu gedrängt werden kann.
Ein ziemlich mühseliges Geschäft.
Sie haben recht, "das politische Personal" kann abgewählt weren , auch hierzulande, allerdings erst 2017. Das "Abwählen" gerade in Deutschland ist ziemlich unwahrscheinlich, aus den bekannten Gründen
Ich wäre der Letzte der dieses Abwählen nicht begrüßen würde.
Sehr geehrter Herr Falk,
wieviele europäischen Verträge wurden gebrochen (!), was ebenfalls nicht vertragskonform ist?
Das "gegenwärtige politische Personal" gilt nicht für die Ewigkeit wie man in GR sieht. Zudem ändert auch das "gegenwärtige politische Personal" sehr schnell die Meinung wenn es populistisch ist, z.B. Reaktion auf Fukushima.
In einer Parteiendemokratie kommen nur Spezialbegabungen nach oben:
Solche unangenehmen Zeitgenossen, die ohne Rücksicht auf Menschen und auf Wahrheiten ihre Parteifreunde aus dem Wege räumen.
Wer also diesen Sumpf trockenlegen will, darf die Krokodile nicht fragen.
Herr Müller
Die europäischen Verträge geben momentan einen Austritt
vertragskonform nicht her. Änderungen der Verträge müssen einstimmig von allen Mitgliedsländern beschlossen werden.
Wenn Griechenland im Euro/EU Bereich bleiben will, kann dieses Land niemand "zwingen" auszutreten.
Ein Lösung dieses Problems bestände nur darin, wenn Deutschland und andere Intressierte austreten würden und eine Nord-Union mit entsprechender Währung gründen würden.
Das ist mit dem gegenwärtigen politischen Personal nicht denkbar und kann ausgeschlossen werden.