Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Restrukturierung Neues Sanierungsverfahren: Unternehmen kämpfen mit Unsicherheit

Seit Jahresbeginn sollen sich deutsche Unternehmen leichter restrukturieren können. Für international tätige Firmen besteht allerdings derzeit keine Rechtssicherheit, warnen Experten.
30.08.2021 - 15:17 Uhr Kommentieren
Das Unternehmen gab öffentlich bekannt, dass die Holding eine Sanierung nach dem neuen Verfahren „StaRUG“ durchlaufen soll. Quelle: Hanjo Schumacher, RZZ
Hemden- und Blusenhersteller Eterna

Das Unternehmen gab öffentlich bekannt, dass die Holding eine Sanierung nach dem neuen Verfahren „StaRUG“ durchlaufen soll.

(Foto: Hanjo Schumacher, RZZ)

Berlin Als der bekannte Hemden- und Blusenhersteller Eterna kürzlich öffentlich bekannt gab, eine Sanierung nach dem neuen Verfahren „StaRUG“ durchlaufen zu wollen, ließ das aufhorchen. Nicht nur, weil das 1863 gegründete Unternehmen bekennen musste, dass die Coronakrise es „aus einer gesunden und vielversprechenden Unternehmenssituation mit profitablem Wachstum in diese schwierige Phase versetzt“ habe. Sondern auch, weil bislang kaum Fälle unter dem neuen Unternehmensstabilisierungs- und Unternehmensrestrukturierungsgesetz (kurz: StaRUG) bekannt sind.

Mehr noch: Es gehört gerade zu den Vorteilen des neuen Sanierungsrechts, dass die finanzielle Schieflage von Unternehmen – anders als im Insolvenzrecht – nicht öffentlich bekannt gegeben werden muss. So kann eine Neuaufstellung ohne das Stigma einer Pleite gelingen.

Das Gesetz für die vorinsolvenzliche Sanierung gilt seit Jahresbeginn. Es handelt sich um die nationale Umsetzung einer EU-Richtlinie. Noch bevor die Insolvenzreife einsetzt, können Unternehmenslenker einen Restrukturierungsplan erstellen.

Diesem Plan müssen nicht mehr alle Gläubiger zustimmen, sondern nur noch eine Mehrheit von 75 Prozent. So lassen sich vor allem Finanzverbindlichkeiten von Firmen neu strukturieren. Und das in der Regel unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Dass sich das Traditionsunternehmen Eterna dennoch öffentlich zum Sanierungsfall erklärte, liegt daran, dass es ad-hoc-pflichtig ist: Die Käufer einer an der Börse gehandelten Unternehmensanleihe sollen auf 90 Prozent ihres Geldes verzichten.

Europäische Abstimmung fehlt

Insgesamt scheint sich in Deutschland das Interesse am neuen Sanierungsrecht bislang eher in Grenzen zu halten. So teilte der Kreditversicherer Euler Hermes zuletzt mit, die neuen Regelungen würden „nur von sehr wenigen Unternehmen genutzt“. Das dürfte auch daran liegen, dass noch eine europäische Abstimmung fehlt. Hier sprechen Experten von einem „Riesenproblem“ in der Praxis.

Rechtsanwältin Annerose Tashiro, die bei der Kanzlei Schultze & Braun die Internationale Abteilung leitet, erklärt: „Gerade für international tätige Unternehmen ist das neue Verfahren noch eine echte Wackelpartie.“

Zwar müssten alle Mitgliedstaaten die EU-Restrukturierungsrichtlinie umsetzen. „Die gegenseitige Anerkennung der vorinsolvenzlichen Verfahren ist in der Richtlinie jedoch nicht geregelt“, sagt Tashiro.

Anders sei dies in Insolvenzverfahren, für die seit 2002 die Europäische Insolvenzverordnung gelte. „Beim StaRUG haben Unternehmen also derzeit keine Rechtssicherheit, dass etwa ein in Deutschland erreichter Eingriff in die Rechte von Gläubigern in anderen Mitgliedstaaten durchgesetzt werden kann“, sagt Tashiro.

Damit es Rechtssicherheit gibt, muss das vom Mitgliedstaat angebotene Sanierungs- und Restrukturierungsverfahren demnach in den „Anhang A“ der Europäischen Insolvenzverordnung aufgenommen werden. Deutschland muss dies über die EU-Kommission beantragen, was bis zum Juli 2022 erfolgen soll. Auch dann erst treten die entsprechenden Paragrafen im Gesetz in Kraft.

Restrukturierungsexpertin Tashiro erklärt: „Erst Mitte 2022 würde also ein deutscher Restrukturierungsplan automatisch auch in anderen EU-Ländern anwendbar und durchsetzbar sein.“ Damit verbunden sei jedoch ein weiteres Hemmnis für die Wirtschaft: Für die automatische Anerkennung in den übrigen Mitgliedstaaten müsse das betroffene Unternehmen die Restrukturierung öffentlich machen – per Antrag bei Gericht. Ein solches öffentliches Verfahren würde dann etwa im Bundesanzeiger bekanntgemacht und auch in einem speziellen Register, das ebenfalls im kommenden Jahr geschaffen werden soll.

Verfahren parallel in verschiedenen Ländern

„Für viele Unternehmen ist aber gerade die Nicht-Öffentlichkeit ein wichtiges Argument für das neue Restrukturierungsverfahren“, meint Tashiro. „Dieser Vorteil ist dann für grenzüberschreitende Verfahren grundsätzlich ausgehebelt.“ Unternehmen müssen deshalb zu Beginn ihre Prioritäten möglichst genau bestimmen.

Georg Bernsau von der Kanzlei K&L Gates, der auch komplexe grenzüberschreitende Restrukturierungen begleitet, hat bereits einen „Umweg“ geprüft: „Es ließen sich Sanierungsverfahren parallel in verschiedenen Ländern führen.“

Doch während es etwa Gemeinsamkeiten mit der österreichischen Restrukturierungsordnung (ReO) gebe, fielen die Bestimmungen in anderen Ländern ganz anders aus. Bernsau meint: „Das ist alles sehr kompliziert.“

Mehr: Insolvenzschutz für flutgeschädigte Unternehmen soll länger gelten

Startseite
Mehr zu: Restrukturierung - Neues Sanierungsverfahren: Unternehmen kämpfen mit Unsicherheit
0 Kommentare zu "Restrukturierung: Neues Sanierungsverfahren: Unternehmen kämpfen mit Unsicherheit"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%