Schulbetrieb in der Coronakrise Grünen-Chefin Baerbock: „Mindestanspruch auf Betreuung muss gesichert sein“

Die Grünen-Bundesvorsitzende sagt, kein Kind dürfe erneut komplett ausgeschlossen werden von der Betreuung.
Berlin Die Bundesvorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, hat angesichts der zersplitterten Zuständigkeiten im Bildungsbereich und einer bundesweit unterschiedlichen Ausstattung von Kitas und Schulen bundesweit klare Leitlinien gefordert, um einen verlässlichen Regelbetrieb an Kitas und Schulen nach den Sommerferien sicherzustellen.
Schulen und Kommunen „brauchen deutliche Unterstützung von Bund und Ländern“, erklärte Baerbock in einem vierseitigen Impulspapier, das sie am Mittwoch in Berlin vorstellte. Dazu forderte sie einen gemeinsamen Bildungsfonds von Bund und Ländern, über den zusätzliches pädagogisches und nicht pädagogisches Personal finanziert werde, um die Personalsituation in den Kitas und Schulen zu entlasten.
Die Rückkehr zu einem Kita- und Grundschul-Regelbetrieb habe zum Glück Fahrt aufgenommen, sagte Baerbock, die sich zuvor auf einem digitalen Kita- und Schulgipfel mit Vertretern aus Medizin, Bildungspolitik, Kita- und Schulträgern, Gewerkschaften und Bildungspraxis beraten hatte. In den Ländern stellen die Grünen, obwohl sie in elf Regierungen vertreten sind, derzeit keinen Minister, der für Schulen zuständig ist.
Aus dem Bildungsfonds, so die Grünen-Bundesvorsitzende, sollten beispielsweise Studierende mit pädagogischem Hintergrund, Personen im Freiwilligen Sozialen Jahr, Lehramtsanwärter und Erzieher finanziert werden.
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Diese sollten mit regulären Fachkräften sogenannte Lernbegleitungsteams bilden, um Personalausfälle und den Aufwand für zusätzliche Coronamaßnahmen auszugleichen sowie an Schulen Präsenz- und Fernunterrichtsangebote möglichst reibungslos miteinander zu kombinieren. Baerbock bezifferte das Volumen des Bildungsfonds auf rund fünf Milliarden Euro.
Nachholbedarf beim digitalen Lernen
Die Pandemie habe gezeigt, wie groß der Nachholbedarf beim digitalen Lernen ist. Das betreffe die Ausstattung von Schulen, Lehrern und Schülern, aber auch didaktische Konzepte.
„Schulkinder haben Anspruch auf ein pädagogisches Angebot, das dem regulären Umfang entspricht – egal, ob es als Präsenz- oder Fernunterricht umgesetzt wird“, sagte Baerbock. Dafür seien die Voraussetzungen in allen Schulen zu schaffen.
Die digitale Infrastruktur der Schulen brauche ein schnelles Update. „Dafür müssen 500 Millionen Euro aus dem Digitalpakt ohne aufwendiges Antragsverfahren jetzt schnell an die Schulen fließen.“ Die Kultusminister müssten sicherstellen, dass zu Beginn des neuen Schuljahrs jede Schule WLAN und Lernmanagementsysteme zur Verfügung habe. Jedes Schulkind müsse zudem bei Bedarf einen Laptop oder Tablet in der Schule ausleihen können.
„Corona ist noch nicht vorbei“, so Baerbock. Aber auch wenn wegen plötzlich steigender Infektionszahlen Einrichtungen wieder geschlossen werden müssten, dürften Kitas und Schulen nicht wieder ins wochenlange Chaos geworfen werden. Erneute flächendeckende Komplettschließungen müssten verhindert werden. Vorbereitet sein, laute das Gebot der Stunde.
Nach momentanem Erkenntnisstand seien Kinder keine Treiber des Infektionsgeschehens. Es übertrügen überwiegend Erwachsene das Coronavirus untereinander oder auf Kinder. Eine Ansteckung von Kind zu Kind und von Kind zu Erwachsenem finde eher selten statt, argumentierte Baerbock.
Keine Abstandsregeln in festen Gruppen
Sie warb für feste Gruppen, innerhalb derer die Abstandsregeln aufgehoben werden könnten. Dafür sollten die Gruppen aber möglichst strikt voneinander getrennt werden.
Um Vertrauen zu schaffen und die Situation im Blick zu behalten, benötige es Testkapazitäten für Fachkräfte analog zu den Pflegeeinrichtungen, mit denen Personal regelmäßig freiwillig sowie anlassbezogen und stichprobenartig getestet werden könne. Es brauche zudem klare Abläufe bei Infektionsfällen.
Ein Mindestanspruch auf Betreuung, forderte Baerbock, müsse für alle gesichert sein. „Kein Kind darf erneut komplett ausgeschlossen werden.“ In Schulen bräuchten Eltern, Kinder und Beschäftigte dauerhaft verlässliche Stunden- oder Wochenpläne. Gegebenenfalls müsse mehr Fernunterricht erfolgen. Dafür seien aber die digitalen Voraussetzungen zu schaffen.
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