Schuldenaufnahme in der EU Regierungs-Stellungnahmen: Verfassungsklage gegen EU-Aufbaufonds unbegründet

Am Dienstag soll das Verfassungsgericht über den Antrag beraten. Karlsruhe will dies nicht kommentieren.
Berlin Europas Rettung steht derzeit vor Gericht. Der EU-Wiederaufbaufonds ist zum Fall für das Bundesverfassungsgericht geworden. Ganz Europa wartet auf die Entscheidung aus Karlsruhe. Denn bis dahin liegt der Aufbaufonds auf Eis.
Ende März hatte das Bundesverfassungsgericht mit einem sogenannten Hängebeschluss angeordnet, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das zur Ratifizierung nötige Gesetz für den Aufbaufonds vorerst nicht unterschreiben darf. Dies gilt so lange, bis die Richter über einen Antrag einer Klage um AfD-Mitgründer Bernd Lucke auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entschieden haben.
Am Dienstag soll, so heißt es in Berlin, das Verfassungsgericht über den Antrag beraten. Karlsruhe will dies nicht kommentieren. Klar ist aber: Noch im April soll eine Entscheidung fallen.
Bundesregierung und Bundestag haben sich entsprechend munitioniert und am Freitag zwei Stellungnahmen ans Bundesverfassungsgericht geschickt. Beide liegen dem Handelsblatt exklusiv vor. Sie kommen zum gleichen Schluss: Die Einrichtung des Aufbaufonds ist völlig rechtens.
Es liege eine „Unbegründetheit der Verfassungsbeschwerde“ vor, „auch der Antrag auf Erlass einstweiliger Anordnungen ist unbegründet“, heißt es in Stellungnahme der Bundesregierung. „Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erweist sich bereits als unzulässig, er ist jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen“, schreiben auch die Experten in der Stellungnahme des Deutschen Bundestags.
Verschuldung unzulässig?
Der EU-Wiederaufbaufonds wurde in der Coronakrise geschaffen und soll den EU-Staaten dabei helfen, nach der Pandemie ihre Wirtschaftskrise zu bewältigen. Er umfasst 750 Milliarden Euro. Das Historische: Erstmals darf die EU in größerem Umfang eigene Schulden aufnehmen, um den Fonds zu finanzieren.
Die Kläger um Lucke sind der Ansicht, eine solche gemeinschaftliche Verschuldung sei nicht zulässig. Deutschland gehe damit unkalkulierbare finanzielle Risiken ein. Deshalb hat Luckes „Bündnis Bürgerwille“, hinter dem rund 2300 Bürger stehen, Verfassungsbeschwerde eingereicht.
Die Rechtsexperte der Bundesregierung gehen mit der Klageschrift des Bündnisses hart ins Gericht. Sie vermittle den Eindruck, das Verfassungsgericht möge sich „ins Blaue hinein von Amts wegen auf die Suche nach Verfassungsverstößen begeben, weil es in der Vergangenheit thematisch verwandte Vorhaben auch schon kritisch gesehen“ habe.
„Die Ausführungen der Beschwerdeschrift sind teils unschlüssig und unausgearbeitet, im Übrigen werden die verschiedensten rechtlichen Einwände so miteinander verwoben, dass kaum erkennbar ist, um welche Rüge genau es im Einzelnen gehen soll“, schreiben sie.
Ausführungen verfehlen Anforderung „flagrant“
Die Beschwerdeführer behaupten, das „Grundrecht auf Demokratie“ sei in dreifacher Hinsicht verletzt: das Gesetz sei nicht mit verfassungsändernden Mehrheiten beschlossen worden, die EU überschreite ihre Kompetenzen und die neuen Schulden beeinträchtigten die haushaltspolitische Verantwortung des Bundestages.
„Sämtliche Ausführungen verfehlen die Begründungsanforderungen flagrant“, heißt es in Stellungnahme der Bundesregierung. So sei das Gesetz in Bundestag und Bundesrat mit verfassungsändernden Mehrheiten, also Zweidrittelmehrheiten, beschlossen worden.
Auch gebe es „keinen gesamtschuldnerischen Haftungsautomatismus und keine unübersehbaren Haftungsrisiken für künftige Bundeshaushalte“, weil die aufgenommenen Mittel bis spätestens 2058 zurückzuzahlen seien.
Die Behauptung des Klägers, die EU überschreite ihre Kompetenzen, „sei von Unklarheiten, Auslassungen und Verschleifungen unterschiedlichster rechtlicher Aspekte in einer Weise durchsetzt, dass er die Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Begründung einer Verletzung des Grundrechts auf Demokratie deutlich verfehlt“. Zudem bestehe ein hinreichender Zusammenhang zwischen der Verschuldungsermächtigung und dem Eigenmittelsystem der EU“, heißt es in der Stellungnahme weiter.
Auch wenn die Meinung in Berlin klar ist, wird das Urteil des Verfassungsgerichts mit Spannung erwartet. Immer wieder wurden in den vergangenen Jahren Verfassungsklagen gegen EU-Krisenhilfen eingereicht.
Bei einem Urteil hatte Karlsruhe im Vorjahr für Aufsehen gesorgt, als es erstmals ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht akzeptierte und Bedingungen für die weitere Beteiligung der Bundesbank am Anleiheprogramm der Europäischen Zentralbank stellte.
In Berlin wird deshalb bereits durchgespielt, welche der acht Verfassungsrichter eher proeuropäisch und welche eher skeptisch sind. Nach dem Abschied von Präsident Andreas Voßkuhle meinen manche, ein Patt ausgemacht zu haben.
In diesem Fall gilt Paragraf 15 des Verfassungsgerichtsgesetzes: Der Antrag auf einstweilige Anordnung würde abgelehnt, das Gesetz zum Aufbaufonds ausgefertigt.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Hoffentlich findet der Quatsch bald ein Ende. Die Länder sollen das benötigte Geld doch einfach selbst aufnehmen und alles ist gut. Wieso muss die EU Geld aufnehmen und es verteilen. Das ist mir einfach nicht klar.
Aufgebaut wird mit dem Geld sowieso nichts, dafür ist es viel zu wenig. Es wird nur genommen um kurzfristig ein paar Verbindlichkeiten abzubauen -> Rentenkasse Italien etwas kitten etc.
Es wird genau so kommen wie es die Kläger beanstanden. Deutschland wird im Nachgang für das Geld "bürgen"
Danke Frau Von der Leyen.