Schwache Umfragewerte „Warum hört man so wenig von Bouffier und Schäuble?“ – In der CDU wächst der Unmut über die Parteiführung

Das Laschet-Lager versucht weiter, die Parteifreunde zu beruhigen. Man appelliert intern an alle, jetzt die Nerven zu behalten.
Berlin In der Union wächst angesichts der schlechten Umfragewerte der Frust. Unmut gibt es nicht etwa über Armin Laschet allein, sondern auch über seine Stellvertreter und den Bundesvorstand. So wird hinter vorgehaltener Hand gefragt, warum sich die Präsidiumsmitglieder nicht stärker in den Wahlkampf einbringen. Sie hätten die Aufgabe, die Breite der Partei abzubilden. So gehe der „Volksparteicharakter verloren“, hieß es selbstkritisch.
Die Union ist in den Umfragen der vergangenen Wochen immer weiter abgerutscht. Beim Meinungsforschungsinstitut Forsa kommen CDU und CSU in der aktuellen Erhebung nur noch auf 22 Prozent. Damit liegen sie erstmals seit 2006 hinter der SPD, die sich auf 23 Prozent verbessern konnte.
Führende Unionisten, die sich CSU-Chef Markus Söder statt Laschet als Kanzlerkandidaten gewünscht hatten, haben die Verantwortlichen schon ausgemacht: „Fragen Sie besser die Mitglieder im CDU-Bundesvorstand.“
Jene Mitglieder waren es, die im April nach wochenlangem Ringen um die Kanzlerkandidatur zwischen CDU-Chef Laschet und CSU-Chef Söder für ihren Vorsitzenden votiert hatten. Dabei hatte Söder auf der Beliebtheitsskala der Deutschen deutlich vor Laschet gelegen. Seither gab es immer wieder Forderungen, den Kanzlerkandidaten auszutauschen. Das hat sich laut Söder aber mittlerweile erledigt.
Den Ärger ziehen auch die Altvorderen wie Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble auf sich. Die beiden CDU-Präsidiumsmitglieder hatten im Machtkampf zugunsten von Laschet eingegriffen. „Warum hört man denn jetzt so wenig von Bouffier und Schäuble?“, fragte ein frustrierter Unionsabgeordneter.
„Es gibt keinen Grund zu wechseln, wir haben das richtige Team“
Das Laschet-Lager versucht weiter, die Parteifreunde zu beruhigen. Man appelliert intern an alle, jetzt die Nerven zu behalten: „Es gibt keinen Grund zu wechseln, wir haben das richtige Team.“ Die „große Masse der Kandidaten“ wolle gewinnen. „Wir marschieren da jetzt durch.“
Präsidiumsmitglieder wiesen die Kritik zurück. „Ich bin im ganzen Land unterwegs und kämpfe“, erklärte ein Mitglied und mahnte an, vergangene Schlachten endlich zu beenden. Es gehe nun um die Frage: „Rückt das Land nach links mit Rot-Rot-Grün oder einer Ampel mit einer FDP, die nichts zu sagen hat? Oder bleibt das Land in der Mitte?“ Armin Laschet sei „der Richtige“, einer, der „anpackt, der macht, zugleich nachdenklich und anständig ist“.
„Es ist ein anderer Wahlkampf als in der Vergangenheit“, sagte der Düsseldorfer CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek. Es gebe keinen Amtsinhaber mehr, an dem sich die Bürger reiben könnten. Die Stimmung vor Ort sei aber besser, als die Umfragen aussagten, zumal die Sorge vor Rot-Rot-Grün groß sei. Dennoch sei die Wahl kein Selbstläufer. „Alle müssen richtig kämpfen, weil es um jede Stimme geht“, sagte er. „Das gibt mir Hoffnung, dass wir noch aus dem Tief herauskommen.“
Längst ist das eingetreten, wovor sich die Union gefürchtet hat: Nicht mehr Annalena Baerbock von den Grünen ist die Rivalin von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet, sondern Olaf Scholz.
Damit ist Scholz angesichts seiner Position als Vizekanzler und Bundesfinanzminister der Favorit in der Frage um die Kanzlernachfolge. Es ist jetzt nicht mehr das Duell eines erfahrenen Regierenden Laschet aus dem größten Bundesland gegen eine ohne Exekutiverfahrung antretende Baerbock.

Inzwischen ist Armin Laschets größter Konkurrent Vizekanzler Scholz.
Die Sozialdemokraten und dort vor allem die Vertreter des linken Flügels tauchen wiederum gänzlich ab. Sie überlassen Scholz das Feld, damit dieser auch die Umfragewerte der SPD über die der Union hievt. Diese Entwicklung bezeichnen selbst Genossen als „Wunder“.
Scholz selbst revanchierte sich kürzlich mit der Zusage, nicht Parteichef werden zu wollen und damit das Willy-Brandt-Haus den jetzigen Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sowie dem ehemaligen Juso-Chef Kevin Kühnert zu überlassen.
In Düsseldorf hat CDU-Mann Jarzombek bereits etliche Parteiprominenz eingeladen, darunter die Bundesminister Peter Altmaier, Julia Klöckner und Jens Spahn. Aus einem anderen Teil der Republik berichtet indes eine Kandidatin, kaum einer wolle Bundesminister einladen. Bei etlichen Führungsfiguren sei „der Lack ab“. Umso wichtiger sei es, ein „Zukunftsteam“ zu präsentieren.
Minister und Präsidiumsmitglieder waren in der Vergangenheit immer gern gesehene Wahlkampfhelfer vor Ort. Das Präsidium der Partei besteht allein aus 22 Personen, von Parteichef Armin Laschet über Kanzlerin Angela Merkel bis hin zu Generalsekretär Paul Ziemiak und den Ministerpräsidenten. Hinzu kommen 28 Mitglieder im Bundesvorstand, die aus allen Landesverbänden stammen.
Im Bundesvorstand hatten sich die Funktionäre in ihrer letzten Sitzung vergangene Woche Montag noch damit beruhigt, dass auch die CDU bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt schlecht dagestanden und dann doch klar gewonnen habe. Es war von einer Rote-Socken-Kampagne die Rede, um vor der Wahl der SPD zu warnen.
In der virtuellen Fraktionssitzung am Freitag vergangene Woche kündigte Laschet dann an, in den nächsten Tagen mehr Köpfe nach vorn zu stellen und ebenso Inhalte. Der Chef des Wirtschaftsflügels, Fraktionsvize Carsten Linnemann, begrüßt dies. Er sagt aber auch: „Die Zeit ist knapp.“
Mehr: „Keinen Bock auf Opposition“: Söder und Merkel werben für Laschet als Kanzler
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.
Für mich gibt es nicht die Frage, ob die CDU plus CSU sich in ihrer Führung auf den Wahlkampf richtig einstellt.
Ich habe eine klare Forderung an den von mir bevorzugten und damit wählbaren Kandidaten:
1. Kein Kanzler regiert länger als 2 Legislaturperioden.
2. Der Bundestag wächst nicht über 600 Abgeordnete.
3. Der Kandidat unterwirft sich niemals der Fraktionsdisziplin bei Abstimmungen.
4. Der Kandidat ist für den Ausschluss der Lobbyisten aus der Regierungsarbeit auf allen Ebenen.
5. Er ist für die Verrechnung der Parteispenden mit den staatlichen Subventionen der Parteien.
6. Er ist für den Umbau Europas zur Demokratie.
Wer diese Forderungen glaubhaft erfüllt, kann mit meiner Stimme rechnen.
Die grünen Geister, die ich rief.
Aus Angst, 4-5%-Punkte an die Grünen zu verlieren, hat die CDU Angela Merkel die letzten Jahre hemmungslos schalten und walten lassen und damit mind. 10% ihrer Wähler vor den Kopf gestoßen. Hätte die CDU Merkel vom Hof gejagt, den hysterischen Atomausstieg nicht mitgemacht und 2015 die Grenzen dicht gehalten, hätte die CDU jetzt trotz Laschet die 11%-Punkte, die bei der AfD sind, abzüglich 4-5%-Punkte an die Grünen. Und nein! Die CDU wäre damit nicht rechtsradikal.
NRW (allein) ist keinesfalls Deutschland.
Berlin (allein) ist keinesfalls Deutschland.
Bayern (allein) ist keinesfalls Deutschland.
Ausserdem ist eine einzelne Person als Bundeskanzler(rin) gar nicht wählbar, sondern immer nur die Partei.
Also, Vorsicht bei Namensnennungen.
Die SPD ist jetzt so stark weil Scholz im Vordergrund steht. Aber ein Kanzler Scholz wird sich nach den Vorsitzenden der Partei richten müssen, und der Linksrutsch ist mit Scholz vorprogrammiert. Ich habe das Gefühl, dass die CDU noch gar nicht mit dem Wahlkampf begonnen hat. Auch das Programm, wenn es denn eins gibt, wird nicht kommuniziert. Wie üblich verlässt die CDU sich darauf, dass es wahrscheinlich besser ist keine Ideen zu haben als schlechte Ideen umsetzen zu wollen. Für die dringenden Probleme, und für einen Staat, der mittlerweile fast alles was er anpackt ins Chaos stürzt, ist das aber auch keine Lösung. Ich würde mir eine CDU wünschen, die Antworten produziert, die führt, und die Konzepte zur Lösung der dringenden Probleme unserer Zeit präsentiert, die die Wirtschaft nicht plattmachen. Da erwarte ich aber wohl zu viel.
Insgesamt ist vom CDU Wahlkampf erstaunlich wenig zu sehen und zu hören. Man erkennt das auch an der äußerst sparsamenen Plakatierung in westdeutschen Großstädten.
Laschet sollte aus gesundheitlichen Gründen schnell verzichten. Schäuble muß ran bis ein <Nachfolger mit Zukunft übernimmt. Mit Laschet gehts in den Untergang. Auf keinen Fall sollte Söder übernehmen. Der hat sich mit seiner Illoyalität selbst ins Aus gestänkert.
Beides interessante Kommentare. Was viele scheinbar vergessen: mit Herrn Scholz kauft man sich gleichzeitig Frau Esken, Kevin Künert uvm. ein. Letztendlich würde auch Herr Scholz nicht vor Rot/Rot/Grün zurück schrecken, wenn es die Machtoption wäre.
Herr Kölner diesmal läuft das in eine ganze andere Richtung.
Egal ob Söder oder Laschet werden überhaupt nicht mehr gebraucht.
Es gibt seit zwanzig Jahren keine strukturelle Mehrheit mehr in Deutschland.
Bedeutet wenn der Kanditat zu weit rechts steht wird es nichts...
Merkel war ganz klar linker Flügel eher schon außerhalb der CDU.
Nur deshalb konnte sie sich solange halten!
Wie manche Leute einem Söder zutrauen ein Land führen zu können, ist mir völlig unbegreiflich. Vor Corona wussten die meisten außerhalb Bayerns nicht mal, für was er steht. Und zeigt sich jemand als "Macher": aber alles nur Fassade und leere Worte. Laschet hat in NRW mit einer weitaus größeren Bevölkerung Corona deutlich besser im Griff gehabt, als Söder; einfach mal die Zahlen und Fakten gegenüberstellen und vergleichen. Und das sogar trotz härteren Regeln, Lockdown usw. Armin Laschet hat ein Problem seine Erfolge darzustellen und sich selbst zu verkaufen. Durch ihn steht NRW innerhalb weniger Jahre deutlich besser da, als in den SPD-Jahren zuvor. Kommunikationstechnisch leistet Laschet wenig, und mich wundert es, dass die CDU das nicht in den Griff kriegt. Die ständigen unsolidarischen Sticheleien Söders zeigen doch, wie er wirklich tickt; will man tatsächlich einen Egomanen als Regierer haben? Wenn er doch immerhin etwas geleistet hätte...
Für die Wahl des Bundeskanzlers bleibt Laschet die einzige Alternative, weshalb ich dieses Jahr das erste Mal in meinem Leben CDU wählen werde.