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Solidaritätszuschlag

Laut IW gelte der Soli keineswegs nur für „Reiche“ weiter.

(Foto: dpa)

Soli-Teilabschaffung Sechs Millionen Bürger zahlen auch nach der Soli-Reform den Zuschlag

Der Abbau des Solidaritätszuschlags soll 96,5 Prozent aller Steuerzahler entlasten. Laut einer IW-Studie müssen den Zuschlag am Ende aber doch deutlich mehr weiter zahlen.
10.02.2020 - 13:48 Uhr 6 Kommentare

Berlin Der Solidaritätszuschlag ist für viele Millionen Steuerzahler bald Geschichte. Spätestens 2021 wird der Zuschlag auf die Einkommensteuer für 90 Prozent der Steuerzahler wegfallen. So hat es die Große Koalition beschlossen.

Und doch: Am Ende müssen offenbar mehr Steuerzahler den „Soli“ weiterzahlen als gedacht. Dies geht aus einer unveröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.

So müssen rund 0,9 Millionen Einkommensteuerzahler aufgrund ihres hohen Verdienstes von mehr als 109.000 Euro den Soli voll weiterzahlen. Für 2,8 Millionen gilt der Zuschlag in Teilen weiter, weil auch sie auf ein hohes Gehalt zwischen 73.000 und 109.000 Euro im Jahr kommen und in der sogenannten „Gleitzone“ liegen zwischen denen, die voll zahlen, und denen, die gar keinen mehr zahlen.

Vor allem aber wird der Solidaritätszuschlag künftig unvermindert auf die Kapitalertragsteuer, also etwa auf Zinseinkünfte, erhoben. Dadurch können Arbeitnehmer, Rentner oder Selbstständige auch trotz geringer Lohneinkünfte weiter vom Solidaritätszuschlag betroffen sein. „Dies betrifft schätzungsweise 2,2 Millionen Personen“, heißt es in der IW-Studie.

Die IW-Forscher haben zudem errechnet, dass die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag künftig vor allem von Unternehmern geschultert werden. Werde bisher knapp ein Drittel des Aufkommens von Firmen bestritten, „steigt ab 2021 der Wert einschließlich der anteiligen Kapitalertragsteuer auf schätzungsweise 57 Prozent“, schreiben die IW-Autoren.

So müssen 500.000 Unternehmen den Soli unverändert auf die Körperschaftsteuer zahlen. Vor allem aber liegen viele Selbstständige, die als Personengesellschaft Einkommensteuer zahlen, über der Einkommensgrenze von 109.000 Euro. Der nur teilweise Soli-Abbau führe bei der Unternehmensbesteuerung deshalb zu „Verzerrungen“, weil kleinere Unternehmen je nach Höhe ihres Gewinns einen reduzierten oder gar keinen Soli mehr zahlen müssen, während er für andere Firmen weiter voll gelte, monieren die IW-Autoren.

Begründung, warum Soli weitererhoben wird, nicht stichhaltig

Auch in der Einkommensteuer komme es durch die Reform zu ähnlichen Verwerfungen. Wer etwa mit seinem Einkommen in der Gleitzone liegt, in der der Soli teilweise erhoben wird, für den beträgt die Steuerbelastung in der Spitze inklusive Soli 47 Prozent. Rechnet man noch Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge sowie Kirchensteuer hinzu, erhöhe sich die Belastung für jeden zusätzlich verdienten Euro „auf mehr als 60 Prozent“, schreibt das IW.

Aber nicht nur deshalb hält das Wirtschaftsinstitut eine „vollständige und sofortige Abschaffung des Solidaritätszuschlags für geboten“. So sei die ganze Begründung der Bundesregierung, warum der Soli in Teilen weitererhoben wird, nicht stichhaltig.

Die Bundesregierung begründet die Fortführung unter anderem damit, dass sie weiterhin „Lasten aus der Wiedervereinigung“ finanzieren müsse. Allerdings ist der Solidarpakt II für den Aufbau Ost 2019 ausgelaufen. Und inklusive dieses Jahres wird der Staat 107 Milliarden Euro mehr aus dem Solidaritätszuschlag eingenommen haben, als er für die Förderung der neuen Länder im Rahmen des Solidarpakts II ausgegeben hat.

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Daneben soll der Soli durch die Entlastung unterer und mittlerer Einkommen für einen Konjunkturimpuls sorgen – weshalb die SPD vorgeschlagen hat, den Abbau auf den 1. Juli dieses Jahres vorzuziehen. Es sei aus ökonomischer Sicht jedoch nicht zielführend, eine dauerhafte Regelung wie den Soli-Abbau konjunkturpolitisch zu begründen, heißt in der Studie. Wenn, dann müsse die Bundesregierung über die Einkommensteuer für Entlastungen sorgen, aber nicht über eine Zusatzabgabe.

Zudem gelte der Soli künftig keineswegs nur für „Reiche“ weiter, schreiben die IW-Forscher. Schon ab dem 1,5-fachen Durchschnittsgehalt muss eine Person zumindest in Teilen weiter den Zuschlag auf die Einkommensteuer zahlen.

Belastung der oberen zehn Prozent gleich geblieben

Auch sei der Soli für die oberen zehn Prozent der Steuerzahler nicht bereits durch die rot-grünen Steuersenkungen „mehrfach de facto abgeschafft worden“, wie immer wieder behauptet werde, schreiben die Forscher. So sei die durchschnittliche Belastung der oberen zehn Prozent seit 1998 in etwa gleich geblieben, ihr Anteil am Aufkommen der Einkommensteuer sei zuletzt leicht gestiegen.

Der Staat könne sich eine vollständige Soli-Abschaffung leisten, findet das IW. Der teilweise Abbau kostet den Fiskus zehn Milliarden Euro im Jahr, für eine vollständige Abschaffung müsste der Bund noch einmal Mindereinnahmen in gleicher Höhe pro Jahr hinnehmen. Doch selbst dann lägen die Einnahmen des Bundes bereits im Jahr 2022 wieder auf dem Niveau von vor der Abschaffung – positive Effekte des Abbaus noch nicht einmal eingerechnet.

Hinweis: In einer früheren Version dieses Textes hieß es fälschlicherweise, 2,8 Millionen Einkommensteuerzahler müssten den Soli voll weiterzahlen und für 0,9 Millionen gelte der Zuschlag in Teilen weiter. Korrekt ist, dass 0,9 Millionen Einkommensteuerzahler den Soli voll weiterzahlen und er für 2,8 Millionen in Teilen weiter gilt.

Mehr: Finanzminister Olaf Scholz sollte seine Chance nutzen, frei von parteipolitischen Zwängen zu agieren. Ein moderneres und gerechteres Steuersystem ist überfällig, meint unser Autor Martin Greive.

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6 Kommentare zu "Soli-Teilabschaffung: Sechs Millionen Bürger zahlen auch nach der Soli-Reform den Zuschlag"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Da stimme ich meiner Vorkommentatorin zu. In Deutschland muss man entweder so viel haben, dass man alle Steuerschlupflöcher nutzen kann, oder im Hartz IV Bezug sein. Alle dazwischen werden nach allen Regeln der Kunst mit immer höheren Abgaben belastet. Und das, obwohl die Steuereinnahmen stetig steigen.

  • Das nenne ich Poltik-Gemurkse erster Güte. So wird die oft beschworene "bürgerliche Mitte" vergrätzt und geht der "politischen Mitte " verloren. Nur weiter so und die Suppe kocht hoch.

  • Die Koalition muß beendet werden. Ist nur noch Lug und Trug am Bürger.

  • Wenn sie als Rentner eines Tages mit leeren Händen in ihr Grab gelegt werden, dann hat der Finanzminister seine Aufgabe optimal erfüllt. Es bleibt nichts zurück.

  • Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass in Deutschland die Steuern für Großverdiener gesenkt werden.

  • Das Thema war und ist ein Betrug an den Steuerzahlern/-innen und durch nichts zu befürworten - außer durch geplante und ungerechtfertigte Abzocke.

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