Sondersitzung des Innenausschusses Medienexperten kritisieren Maaßen scharf

Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen und Bundesinnenminister Horst Seehofer
Berlin Mit scharfer Kritik hat die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) auf mutmaßliche Äußerungen von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen reagiert, der Medien Fehler in der Berichterstattung über die Vorfälle in Chemnitz vorgeworfen haben soll. Maaßen soll nach Angaben aus Teilnehmerkreisen am Mittwoch bei der Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses mit Blick auf die Medien gesagt haben, man solle „Hetzjagden nicht herbeischreiben“.
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr sagte dazu dem Handelsblatt: „Bei den Protesten in Chemnitz herrschte ein medienfeindliches Klima, wie wir es seit dem Beginn der Pegida-Bewegung im Jahr 2015 nicht mehr erlebt haben. Sollte es zutreffen, was Teilnehmer an der Innenausschuss-Sitzung berichten, dann verstärkt Maaßen mit seiner pauschalen Medienkritik dieses feindselige Klima gegen Journalisten in Deutschland.“ Eine solche Medienkritik lenke davon ab, dass Journalisten, die über Proteste rechter Gruppen berichteten, ohnehin regelmäßig Angriffen und Anfeindungen durch Demonstranten ausgesetzt seien.
Im Übrigen sei es die Aufgabe von Journalismus zu beschreiben, was ist, betonte Mihr. Und wie nicht zuletzt Recherchen des ZDF-Magazins „Frontal 21“ offenbart hätten, habe auch die Polizei in einem „Lagefilm“ beschrieben, wie Vermummte in Chemnitz auf Jagd gegen Ausländer gegangen seien.
„Reporter ohne Grenzen geht davon aus“, so Mihr weiter, „dass auch aufgrund der Ereignisse in Chemnitz die Zahl gewalttätiger Angriffe auf Journalisten in Deutschland in diesem Jahr höher liegen wird als in den vergangenen beiden Jahren.“
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Empört reagierte auch die Medienexpertin der Grünen-Bundestagsfraktionen, Tabea Rößner, auf die Kritik von Maaßen an der Berichterstattung der Medien. „Die heftige Kritik Maaßens an den Medien offenbart auf brutalste Weise, welches Demokratieverständnis der oberste Verfassungsschützer hat. Solche Äußerungen sind ein Angriff auf Journalisten, die unter härtesten Bedingungen ihre Arbeit tun und zum Teil selbst Angriffe und Gewalt erfahren“, sagte Rößner dem Handelsblatt.
Pressefreiheit sei ein Grundpfeiler der Demokratie in Deutschland. „Für mich ist Maaßen inzwischen eine Gefahr für die Demokratie, die er eigentlich verteidigen sollte“, betonte die Bundestagsabgeordnete. Denn es sei wichtig, dass über die Ereignisse in Chemnitz, Koethen und anderswo berichtet werde.
„Stattdessen werden Journalisten angegriffen und selbst von Einsatzkräften bei ihrer Arbeit behindert“, kritisierte Rößner. Dazu passe, dass einige Bundesbehörden wie der Verfassungsschutz und der Auslandsgeheimdienst BND „seit Jahren keine Auskünfte geben und sich auf lange Geheimhaltungspflichten berufen“. Daher sei „dringend“ ein Presseauskunftsrecht gegenüber Bundesbehörden notwendig.
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