Sonntagsfrage Union verliert weiter kräftig an Zustimmung, Grüne bleiben vorn – SPD und FDP profitieren

Alles andere als gute Umfragewerte für Partei und Spitzenkandidat.
Berlin, Düsseldorf Die Union verliert in einer neuen Umfrage weiter an Zustimmung. Im Sonntagstrend des Meinungsforschungsinstituts Kantar für die „Bild am Sonntag“ büßen CDU und CSU drei Prozentpunkte im Vergleich zur Vorwoche ein und erreichen nur noch 24 Prozent.
Damit liegen sie deutlich hinter den Grünen. Doch auch für die wachsen die Bäume nicht in den Himmel: Sie verlieren in der Umfrage leicht in der Wählergunst. Wäre am Sonntag Bundestagwahl, kämen die Grünen auf 27 Prozent und damit auf einen Porzentpunkt weniger als in der Vorwoche.
Um jeweils zwei Prozentpunkte zulegen können die SPD auf 15 Prozent und die FDP auf elf Prozent. Unverändert bleiben die Werte von Linkspartei (sieben Prozent) und AfD (zehn Prozent). Für „Bild am Sonntag“ hat Kantar 1442 Menschen im Zeitraum vom 22. bis zum 28. April befragt.
Die Grünen hatten die Union erstmals Ende April in einer Forsa-Umfrage deutlich überholt. CDU und CSU hatten dort mit einem Minus von satten sieben Prozentpunkten auf nur noch 21 Prozent ein regelrechtes Umfragedebakel erlebt, während die Grünen zugleich fünf Punkte auf 28 Prozent hinzugewonnen hatten.
Bei einer Kanzler-Direktwahl würde Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock deutlich besser abschneiden als ihre Mitbewerber, berichtete die „Bild am Sonntag“ zudem unter Berufung auf eine Insa-Umfrage. 26 Prozent würden Baerbock direkt wählen, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz käme auf 16 Prozent und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet auf 15 Prozent.
Mitgliederzahlen bei Grünen steigen nach Baerbock-Kür weiter
Auch an der Basis profitieren die Grünen vom Bearbock-Effekt: Nach der Nominierung von Parteichefin Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin vor knapp zwei Wochen verzeichnet die Partei weiter zahlreiche Neumitglieder. „Seit der Nominierung von Annalena Baerbock hatten wir über 3700 Eintritte in die Partei. Wir liegen jetzt bei über 110 000 Mitgliedern“, sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner der „Welt am Sonntag“.
Auch bei den Spenden gibt es einen deutlichen Trend: „Im Superwahljahr 2021 hatten wir auf 700 000 Euro gehofft. Nun sind wir bei zweieinhalb Millionen Euro, darunter sind Großspenden, aber auch sehr viele kleinere Beträge.“
Die Partei hat ihren Wahlkampfetat erhöht. „Aktuell planen wir insgesamt mit 12 Millionen Euro. Das ist etwa doppelt so viel wie noch 2017, aber weiterhin deutlich weniger als den beiden großen Parteien zur Verfügung steht“, sagte Kellner. „Wir sind der Hauptgegner von CDU/CSU. Das hat sich auch während der Pandemie nicht geändert“, sagte Kellner und bekräftigte: „Wir kämpfen mit der Union um Platz eins.“
Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder zeigt sich trotz des aktuellen Höhenflugs der Grünen mit Blick auf die Chancen der Union bei der Bundestagswahl optimistisch. „Die Union hat beste Chancen, das Kanzleramt wieder zu erobern, wenn es uns gelingt, die eigenen Stärken in den Vordergrund zu rücken“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
Die Kernfrage laute: Wem gelingt es am besten, Ökologie und Ökonomie zu verbinden? „Da muss die Union Marktführer sein. Die Grünen denken nur an radikalen Umweltschutz, ohne die Folgen für Arbeitsplätze im Blick zu haben. Die FDP hat vor allem radikale Marktinteressen im Blick, ohne die Nachhaltigkeit stärker zu bedenken. Nur die Union kann beides verbinden und kann damit am Ende erfolgreich sein.“
CDU-Ministerpräsident Günther schließt Wechsel des Kanzlerkandidaten aus
Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther hat trotz schlechter Umfragewerte einen Austausch des Kanzlerkandidaten Armin Laschet ausgeschlossen. „Das ist fernab jeder Vorstellungskraft“, sagte der CDU-Politiker dem „Tagesspiegel am Sonntag“.

„Die Entscheidung ist getroffen und jetzt gehts darum, auch inhaltlich zu überzeugen.“
Die CDU-Basis sei mit der Entscheidungsfindung unzufrieden gewesen, es habe auch Austritte gegeben. „Aber jetzt ist die breite Stimmung zu sagen: Die Entscheidung ist getroffen und jetzt gehts darum, auch inhaltlich zu überzeugen.“
Den im Rennen um die Kanzlerkandidatur unterlegenen CSU-Chef Markus Söder kritisierte Günther für seine Sticheleien. „Das ist eben das CSU-Verständnis von 'Akzeptieren ohne Groll'.“ Aber Laschet habe gegen Söder unter Beweis gestellt, dass er Führungsstärke habe und dass er sich durchsetzen könne. „Das ist ja für einen Kanzler nicht das Schlechteste.“
SPD: Stegner für breiter aufgestelltes Wahlkampf-Team – Linke küren Spitzenkandidaten am 10. Mai
Trotz schlechter Umfragewerte zeigte sich auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz überzeugt, die Bundestagswahl zu gewinnen. „Die Union verliert erheblich an Zustimmung und wird nur ein Ergebnis von deutlich unter 30 Prozent erreichen. Sie hat keine politischen Konzepte mehr aufzubieten und ihr Spitzenpersonal überzeugt nicht mal sie selbst“, sagte der Bundesfinanzminister den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Es sei möglich, das Kanzleramt zu erringen mit einem Wahlergebnis von oberhalb 20 Prozent. „Und ich bin sehr zuversichtlich: Der nächste Kanzler wird ein Sozialdemokrat sein.“
Der SPD-Politiker Ralf Stegner sprach sich indes für Änderungen in der Wahlkampftaktik seiner Partei aus. „Es braucht noch deutlich mehr Leidenschaft und Kampfgeist in der ganzen Partei, um den Wahlkampf zu reißen“, sagte er der „Welt am Sonntag“.
Nötig sei eine breiter aufgestellte Führungsmannschaft im Wahlkampf. „Olaf Scholz steht für Erfahrung, Seriosität. Nach dem Motto „Olaf macht es allein“ wird es aber nicht gehen.“ Der Kanzlerkandidat brauche ein Team mit starken Frauen und Männern, die Themen besetzten.
Die Linke kündigte indes an, man werde am 10. Mai über die Spitzenkandidaturen für die Bundestagswahl entscheiden. Die Vorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler werden an diesem Tag dem Parteivorstand einen Personalvorschlag unterbreiten, teilte die Partei am Sonntag mit. Berichte, wonach die Spitzenkandidaten bereits feststünden, seien unzutreffend.
Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) hatte zuvor unter Berufung auf führende Parteikreise berichtet, dass der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Dietmar Bartsch, und Wissler selbst die Spitzenkandidatur übernehmen wollen.
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