Sozialstaat „Wir lassen Hartz IV hinter uns“ – Nahles will Bürgergeld einführen

Nahles' Pläne sind Teil des Konzepts „Sozialstaat 2025“.
Berlin SPD-Chefin Andrea Nahles will die von Altkanzler Gerhard Schröder eingeführte Hartz-IV-Reform grundlegend auf den Prüfstand stellen und älteren Arbeitslosen mehr Geld zahlen. „Wer 58 Jahre alt ist, kann heute 24 Monate lang Arbeitslosengeld I beziehen. Wir wollen den Bezugszeitraum auf bis zu 33 Monate verlängern“, sagte Nahles dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch). In Einzelfällen könne die Bezugsdauer sogar auf drei Jahre steigen.
Das umgangssprachlich oft Hartz IV genannte Arbeitslosengeld II wurde 2005 unter SPD-Kanzler Schröder eingeführt. Dabei wurde das weitaus höhere Arbeitslosengeld I, das sich am letzten Lohn orientiert, mit der Sozialhilfe zusammengelegt, um Milliarden zu sparen. Viele in der SPD sehen in den Arbeitsmarktreformen der damaligen rot-grünen Regierung einen Grund für den Vertrauensverlust der Partei. Langjährige Beitragszahler fallen dadurch viel schneller als früher auf das Hartz-IV-Niveau.
Nahles hatte im November eine „Sozialstaatsreform 2025“ gefordert und angekündigt: „Wir werden Hartz IV hinter uns lassen.“ Später erklärte sie, die neue Grundsicherung müsse ein Bürgergeld sein. Die Leistungen müssten klar und auskömmlich sein, Sanktionen müssten weitgehend entfallen.
Am Sonntag und Montag befasst sich die SPD-Spitze mit dem Thema - bei einer Klausurtagung sucht sie Wege aus der Krise der Partei. „In einer neuen Zeit brauchen wir nicht weniger als einen neuen Ansatz für unseren Sozialstaat, der zudem als leistungsgerecht und transparent empfunden wird“, sagte Nahles.
In dem RND-Interview bekräftigte sie ihre Forderungen und nannte Eckpunkte. Demnach will die SPD bei ihrer geplanten Reform die bisherigen Regelsätze unverändert lassen. „Die Höhe der Regelsätze bleibt“, sagte Nahles. „Wir haben auch eine Verantwortung gegenüber den Menschen, die für wenig Geld jeden Tag zur Arbeit gehen. Wenn wir denen das Gefühl geben, dass sich ihr Einsatz finanziell nicht mehr lohnt, zerstören wir jede Motivation. Zusätzliches Geld sollten Leistungsempfänger aber zum Beispiel über „ein Bonussystem für Weiterbildung und auch bei speziellem Bedarf“ bekommen.
Nahles sprach sich dafür aus, „unsinnige Sanktionen“ abzuschaffen. „Das gilt für die verschärften Sanktionen für unter 25-Jährige, die nur dazu führen, dass der Staat den Kontakt zu diesen Menschen komplett verliert.“ Sanktionen, die Obdachlosigkeit zur Folge hätten, würden abgeschafft. Mitwirkungspflichten werde es aber geben. Die Mehrkosten können nach Darstellung der SPD-Chefin aus der Arbeitslosenversicherung gedeckt werden: „Deren Kassen sind voll, das Geld ist da“, sagte sie.
„Ein völlig falsches Zeichen“
In der CDU stoßen die SPD-Pläne für eine längere Zahlung des Arbeitslosengeldes an Ältere währenddessen auf Ablehnung. „Ich halte es für ein völlig falsches Zeichen, wenn man in dieser Arbeitsmarktlage mit einer Rekordbeschäftigung die Bezugsdauern für das Arbeitslosengeld verlängern will“, sagte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Peter Weiß, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. „Ich sehe beim Arbeitslosengeld I gar keinen Handlungsbedarf.“
SPD-Chefin Andrea Nahles hatte in einem Interview des RND angekündigt, dass ihre Partei das Arbeitslosengeld für Ältere ab 58 Jahren auf bis zu 33 Monate ausdehnen will. Bisher können sie bis zu 24 Monate die Stütze aus der Arbeitslosenversicherung erhalten.
„Die SPD macht Vorschläge, die nicht zur Arbeitsmarktsituation passen“, sagte Weiß. Vorrang müsse die Vermittlung in eine Arbeit haben und nicht eine längere Zahlung des Arbeitslosengeldes. Gesprächsbereitschaft signalisierte Weiß dagegen über die Grenzen, bis zu denen Vermögen und die eigene Wohnung bei Hartz-IV-Beziehern bei der Anrechnung auf staatliche Unterstützung aus Steuermitteln verschont bleiben.
„Darüber kann man sicherlich reden“, sagte Weiß. Nach den SPD-Plänen sollen bei Hartz-IV-Beziehern, die vorher Arbeitslosengeld I bezogen haben, in den ersten zwei Jahren Vermögen nicht angerechnet und die Größe der Wohnung nicht überprüft werden.
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Wer mit 58 arbeitslos wird bleibt es wahrscheinlich auch. Das "Bürgergeld" ist kein Anreiz wieder eine Arbeit aufzunehmen.