Spaltungs-Vorstoß AfD-Bundesvorstand pfeift Parteichef Meuthen zurück

Vom eigenen Bundesvorstand wieder auf Linie gebracht: Jörg Meuthen, der Bundesvorsitzende der AfD.
Berlin Mit seinen Überlegungen zu einer möglichen Teilung der Partei hat AfD-Chef Jörg Meuthen vielen AfD-Funktionären vor den Kopf gestoßen. Jetzt hat der Bundesvorstand ihn zurückgepfiffen.
Meuthen habe eingeräumt, mit seinem Vorstoß „einen großen Fehler begangen“ zu haben, teilte die Partei nach einer Telefonkonferenz am heutigen Montag mit. „Er bekennt sich zur Geschlossenheit der AfD als einheitlicher Partei und bekräftigt, ausschließlich in diesem Sinne gemeinsam vorzugehen.“ Der Bundesvorstand begrüße diese Klarstellung. Zugleich wandte sich das Führungsgremium gegen jegliche Bestrebung, die Einheit der Partei zu gefährden.
Meuthen hatte am vergangenen Mittwoch angeregt, „ergebnisoffen“ darüber zu sprechen, ob angesichts großer ideologischer Differenzen nicht eine Teilung der Partei in einen „freiheitlich-konservativen“ und einen „sozialpatriotischen“ Flügel besser wäre. „Wir sollten in Ruhe darüber diskutieren, aber dann auch bis Ende des Jahres zu einer Entscheidung kommen“, sagte er.
AfD-Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland nannte Meuthens Überlegungen „wenig zielführend und extrem unpolitisch“. Das militärische Motto „getrennt marschieren, vereint schlagen“ setze eine einheitliche Führung voraus und genau die wolle Meuthen jetzt beseitigen, sagte Gauland am Donnerstag.
Die Co-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel warnte: „Wir stehen vor wegweisenden Wahlen im kommenden Jahr“. Wenn sich die AfD zuvor in ihre Einzelteile zerlege, „haben wir alles verspielt, was die letzten Jahre aufgebaut wurde“.
Der Wortführer des rechtsnationalen AfD-Netzwerks „Flügel“, der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke, schrieb auf Facebook, die Diskussion, die Meuthen angestoßen habe, sei „töricht und verantwortungslos“.
Höcke und der Brandenburger AfD-Landeschef Andreas Kalbitz hatten kürzlich angekündigt, dass sich der einflussreiche „Flügel“ bis Ende April auflösen werde. Das hatte der Bundesvorstand der AfD gefordert. Der Thüringer Verfassungsschutz hält diesen Schritt aber für eine „Nebelkerze“.
AfD im Umfragetief
Eben dieser Umstand könnte eine Erklärung für Meuthens Vorstoß sein, glaubt der Bremer Politikwissenschaftler Lothar Probst. Das Kalkül von Meuthen sei klar.
„Er will angesichts der drohenden Gefahr einer Überwachung der gesamten AfD durch den Verfassungsschutz, die weitgehende Konsequenzen für viele Mitglieder hätte und zu einer Austrittswelle führen könnte, den eher rechtskonservativ-wirtschaftsliberalen Teil der Partei retten“, sagte Probst dem Handelsblatt.
Meuthen wisse natürlich, dass die formale Auflösung des „Flügels“ lediglich ein „großes Täuschungsmanöver“ sei, das lediglich dazu diene, der Überwachung durch den Verfassungsschutz zu entkommen. „Denn wenn der Flügel sich schleichend in der AfD auflöst, ohne dort seinen maßgeblichen Einfluss aufzugeben oder zu verlieren, dann droht genau die Radikalisierung, die zu einer Beobachtung der Gesamtpartei durch den Verfassungsschutz führen könnte.“
Meuthens Vorstoß hat im Ergebnis nun aber nicht viel gebracht. Die Rechtsradikalisierung der Partei konnte er damit jedenfalls nicht stoppen. Zudem kommen innerparteiliche Richtungsstreitigkeiten bei den Wählern in der Regel nicht gut an. Zumal in der Coronakrise andere Themen dominieren.
Das schlägt sich auch in Umfragen nieder. Im jüngsten RTL/ntv-„Trendbarometer“ liegt die AfD nur noch bei 9 Prozent, während die Regierungsparteien zulegen können. Die SPD schiebt sich demnach erstmals seit September 2018 an den Grünen auf Platz zwei vorbei und kommt nun auf 17 Prozent (Grüne: 16 Prozent). Deutlich auf Platz eins bleiben CDU und CSU, die einen Punkt hinzugewinnen und nun bei 37 Prozent liegen.
Mehr: Lesen Sie hier, wie Jörg Meuthen seine politische Zukunft verspielt.
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