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SPD-Generalsekretär Hubertus Heil „Wer koalieren will, muss auf uns zukommen“

Der SPD-Generalsekretär spricht im Interview über Steuern, europäische Solidarität und die Abgrenzung von der Union. Die SPD will einen echten Wettbewerb zwischen den beiden Volksparteien hinbekommen.
19.06.2017 - 18:30 Uhr Kommentieren
„Martin Schulz war von Anfang an konkreter als die CDU-Vorsitzende seit zwölf Jahren.“ Quelle: dpa
Hubertus Heil

„Martin Schulz war von Anfang an konkreter als die CDU-Vorsitzende seit zwölf Jahren.“

(Foto: dpa)

Hubertus Heil hatte für den Sommer eigentlich andere Pläne. Doch als Martin Schulz ihn Ende Mai fragte, ob er das Amt des SPD-Generalsekretärs übernehmen wolle, sagte er zu. Jetzt stehen Heil gut drei Monate harter Arbeit bevor.

Herr Heil, Sie wollen die Steuern um 15 Milliarden Euro senken. Ist das angesichts der guten Finanzlage nicht etwas bescheiden?
Wir werden unser Augenmerk auf dringend nötige massive Investitionen lenken, unter anderem vor allem in den Bereichen Bildung und Infrastruktur. Für diese Zukunftsinvestitionen werden wir die Haushaltsüberschüsse und die überschüssigen Mittel aus der Rücklage nutzen.

Sie entlasten Geringverdiener zwar bei den Sozialbeiträgen, aber den starken Anstieg der Steuerkurve für Geringverdiener, den sogenannten Mittelstandsbauch, geht die SPD nicht an. Warum nicht?
Den Mittelstandsbauch werden wir durch Veränderungen beim Einkommensteuertarif abflachen. Besonders wichtig ist uns die Entlastung von kleineren und mittleren Einkommen über die Abschaffung des Solidarzuschlags bis 52.000 Euro des zu versteuernden Einkommens.

Bis zum Wahltag sind es noch gut drei Monate. Wie wollen Sie es schaffen, Ihre Partei bis dahin wieder zum ernst zu nehmenden Gegner der Union zu machen?
Mit vollem Einsatz, Mut und Selbstbewusstsein. Und mit klaren Überzeugungen. Die Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit belegen, dass die Wähler immer später entscheiden, ob und wen sie wählen.

Wo sind all die Leute geblieben, die vor ein paar Wochen noch begeistert waren von Martin Schulz?
Wir haben zu Jahresbeginn einen rasanten Aufschwung erlebt. Nach den Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen sind die Umfragewerte nach unten gegangen. Aber die Leute, die auf uns vertrauen, sind nicht weg. Die Menschen haben eine Sehnsucht nach politischer Orientierung und nach klaren Unterschieden zwischen der Union Mitte-rechts und der SPD Mitte-links. Die werden wir deutlich machen.

Martin Schulz ist nach fulminantem Start in ein Loch gefallen, weil er nicht ständig nachlegen konnte. Hätte man das verhindern können?
Wir haben noch 97 Tage bis zur Bundestagswahl. Ich konzentriere mich darauf, alles zu tun, damit die SPD gewinnt. Wir schauen nach vorne. Dass es nach der Nominierung von Martin Schulz so riesigen Zuspruch gab, zeigt, dass es einen ausgeprägten Wunsch nach einer vernünftigen Alternative zu Angela Merkel gibt. Diese Alternative ist Martin Schulz.

Wie wollen Sie dazu motivieren, Ihre Partei zu wählen?
Wir müssen einen echten Wettbewerb zwischen den beiden Volksparteien hinbekommen. Es muss darum gehen, dass die Wähler zwischen klaren Alternativen wählen können. Noch herrscht aufseiten der Union in zentralen Fragen gähnende Leere.

Welche Themen wollen Sie in den Mittelpunkt rücken?
Uns geht es um sozialen Zusammenhalt, etwa um die paritätische Finanzierung des Gesundheitssystems. Aber es geht auch um Leistungsgerechtigkeit: Es ist in diesem Land nach wie vor so, dass Herkunft und Postleitzahl stärker über Bildungs- und Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen entscheiden als Talent und Leistung. Das müssen wir durchbrechen. Und wir müssen endlich mutig die Krise Europas überwinden. Frankreich steht bereit, aber CDU/CSU auf der Bremse.

Wird es in diesem Sommer noch ein Treffen von Martin Schulz mit Emmanuel Macron geben?
Die beiden kennen sich schon lange. Lassen Sie sich überraschen.

Mit Trump und dem Brexit droht eine Welle des Steuerdumpings in Europa. Haben die EU-Staaten die Kraft, sich diesem „race to the bottom“ zu entziehen?
Eine erste Welle dieser Art war ja bereits vor einigen Jahren zu beklagen, als Staaten wie Ungarn, die baltischen Staaten, aber auch etwa Irland die Unternehmensteuern gegen null gesenkt haben und die Staatsaufgaben möglichst aus den Strukturmitteln der EU, also auch mit deutschen Steuergeldern, finanziert hatten. Wenn sich das jetzt wiederholen sollte, würde das zum Sprengsatz für den Zusammenhalt Europas.

Was wollen Sie dagegen tun?
Klare Kante: Europa ist ein Solidarprojekt, bei dem sich nicht jeder Staat die Rosinen rauspicken kann. Wir brauchen gemeinsame Bemessungsgrundlagen zur Unternehmensbesteuerung und faire Wettbewerbsbedingungen. Daran führt kein Weg vorbei. Nur so kann man Europa zusammenhalten.

Muss die SPD nicht noch viel deutlicher machen, wofür sie steht?
Martin Schulz war von Anfang an konkreter als die CDU-Vorsitzende seit zwölf Jahren – etwa bei der Rente, bei Bildung oder im Bereich Mittelstand und Handwerk. Unser Parteitag am 25. Juni mit der Verabschiedung des Programms wird ein klares Signal setzen, die Wählerinnen und Wähler können dann vergleichen.

Sie waren zwischen 2005 und 2009 bereits Generalsekretär. Was unterscheidet die Wahlkämpfe damals vom jetzigen Wahlkampf?
Die Partei war damals tief gespalten. Das ist vorbei. Die SPD ist so geschlossen wie seit 19 Jahren nicht mehr. Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur waren seit 2002 nicht mehr in einer Hand. Dass wir jetzt mit Martin Schulz eine klare Nummer eins haben, hinter dem die Partei geschlossen steht, ist ein unschätzbarer Vorteil. Das brauchen Sie für einen erfolgreichen Wahlkampf genauso wie ein klares, mutiges Programm. Das beschließen wir am Sonntag. Und wir haben eine klare Vorstellung, wie wir das Rennen im Sommer spannend gestalten.

Klopfen Sie zuerst bei der Linkspartei an, wenn Sie nach der Wahl einen Koalitionspartner suchen?
Ich halte größere Teile der Linkspartei weder für regierungswillig noch für regierungsfähig. Aber das muss die Linkspartei für sich klären. Ich konzentriere mich auf den Wettstreit zwischen Union und SPD. Wir kämpfen dafür, dass wir so stark wie möglich werden. Wer mit uns koalieren will, muss dann nach der Wahl auf uns zukommen.

Herr Heil, vielen Dank für das Interview.

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